Kaum eine deutsche Zeitung kann man im August aufschlagen ohne auf launige Texte über die einzigartige Atmosphäre bekannter Städte im August zu stoßen. Wie schön ist München im August! Wie schön ist Paris ohne die Pariser im August! Wie wunderbar herrlich ist Rom im August! Ja, ich weiß das schon. Ich komme ja auch deshalb immer gerne im August hierher. Zumal es seit einigen Jahren gar nicht mehr so brütend heiß ist wie „früher“, sondern im Gegenteil angenehm windig und am Strand fast schon zu kühl. Also mit kühl meine ich, dass ich unter dem Schirm, den ich inzwischen nicht mehr verlasse, gut und gerne ein Handtuch vertragen kann, wenn ich längere Zeit lese oder vielleicht auch ein wenig hinüberschlummere. Aber alles in allem ist es natürlich herrlich, durch die Stadt zu sausen, kaum bedrängt vom Verkehr, wenn man sich wie der alleinige Betrachter all dieser einzigartigen Schönheit fühlen kann.
Aber – das wissen wir ja alle und verstehen auch vordergründig, dass es damit seine Richtigkeit hat – wo Licht ist, ist eben auch Schatten. Also nicht der angenehme Schatten, den wir beim Pasquale immer mieten, sondern der echte Schatten, den man halt nicht so gerne mag. Denn das, was das Zentrum so schön macht, die Vororte und auch die wilden Gegenden so sanft und ruhig, das führt auch zu erschütternden Engpässen. All diese Besonderheit liegt natürlich nur daran, dass alle zur gleichen Zeit in die Ferien gehen. Viele würden vielleicht auch gerne wann anders fahren, aber es würde ihnen herzlich bringen, ihren Urlaub aufzusparen und im September oder Juli zu reisen, wenn noch nicht alles so teuer ist. Sie können im August schlichtweg nicht arbeiten, weil ihre Firmen fast alle schließen. Das ist alles hinnehmbar. Was allerdings nicht hinnehmbar ist und nur mit tückischer Bosheit oder Übersättigung zu erklären ist, dass auch meine GESAMTEN arabischen Obst- und Gemüsehändler dicht gemacht haben. Der einzig noch offene ist der, den ich vor Jahren in ähnlichen Notzeiten zu meinem Haus- und Hoflieferanten auserkoren habe, weil er halt im August offen war. Und was hab ich von meiner Treue? In diesem August baut er von all meinem Geld um!
Nun ist es ja beileibe nicht so, dass ich nicht auch über Alternativen verfügen würde. Und so bin ich in den letzten Tagen – denn so richtig schlimm wurde es erst seit dem eigentlichen Ferragosto am Montag – wie ein Eichhörnchen meine Baumhöhlen abgefahren auf der Suche nach Obst und Gemüse. Alles zu. Und was offen ist, hat schauerliches, modriges Zeug. Unwürdig für ein Land, in dem Zitronen blühen und Tomaten wachsen. Überhaupt Tomaten. Gibt nur scheußliche im Moment. Gut, dann eben im Supermarkt. Aber das geht auch nicht. Wirklich nicht. Meine letzte Option auf dem Weg zum Gärtner war auch zu und damit nicht alles umsonst war, habe ich halt bei Mauro, der erstaunlicherweise offen war, eine blaue etwas klebrige Hängeblume gekauft. Und auf dem Weg zurück hinter einem Gerüst einen Obst- und Gemüseladen. Dort gab es mittelgute Ware und wirklich sehr freche Verkäufer. Aber was hilft’s? Ich bin ihnen ausgeliefert und auf diese Art und Weise lerne ich zu Demut und Schattenseiten offenbar auch noch Neues kennen. Albino-Auberginen. Heute Abend wollte ich sie probieren, sie scheinen wie ich den Schatten vorzuziehen, aber mein Kühlschrank ist weiß, sie sind weiß, ich hab sie nicht gesehen.