Liefern? Austauschen? Kommunizieren.

Heute habe ich mit meiner Freundin darüber gesprochen, dass es anstrengend ist, mit Menschen zu sprechen, die mit einem offenbar nur sprechen, um sich selbst besser zu fühlen. Das sollte grundsätzlich zwar ein Leitmotiv von freundschaftlichen Unterhaltungen sein, ja. Dass man sich danach besser fühlt. Aber das sollte für beide gelten. Wenn nur einer sich besser fühlt, kann das für eine Phase oder eine Zeit lang gut gehen, aber dann führt die Schieflage ziemlich sicher zum Ende der Beziehung, außer einer ist masochistisch und der andere narzisstisch. Es gibt die unterschiedlichsten Arten, sich nach einem Gespräch schlecht zu fühlen. Weil jemand seinen ganzen Ballast bei einem ablädt und einen zu Meinungen oder Äußerungen nötigt, die er selbst nicht aussprechen möchte und sie dann ausgesprochen hört und sich dennoch davon distanzieren kann. Oder weil er einfach alles, was er tut oder was ihm widerfährt als exakt genau das darstellt, was er sich schon immer gewünscht hat und das in der Folge auch ganz wunderbar genial war.

Wie funktionieren menschlichen Kommunikationen? Menschliche Kommunikation? Empathie gehört dazu. Zuhören. Etwas Preisgeben. Und im alleridealsten Fall ein Quäntchen Witz. Ach, was fehlt mir manchmal (oft) der Witz! Das „mei, stell Dir vor, was mir passiert ist“, das „ach, das kenn ich, das hab ich auch schon erlebt, bei mir war es…..“, das Übersichselbstlachen, das Etwaspreisgeben. Wie sehr öden mich die phantasielosen drögen Menschen an. Ja, ich weiß, schlimm, sowas zu sagen, aber sie langweilen mich wirklich zum Steinerweichen. Nicht die, die einfach gut und ruhig sind, die, die dazu noch selbstherrlich sind und kein bisschen über ihren untertellergroßen Tellerrand hinaus schauen möchten. Das ist schändlich, ich weiß und wer den Blog schon länger liest, weiß, dass ich mich fast nie zu solchen Aussagen, ja Urteilen habe hinreißen lassen, aber nun bin ich wieder ein Jahr älter und ich muss feststellen, dass ich gar nicht so viel Zeit für so viele langweilige Menschen mehr habe. Ich habe gar nichts gegen sie. Aber sie sollen bitte auch nichts gegen mich haben.

Ich mag nicht mehr mit Menschen sprechen, die sich nur an mir und meinem Leben ergötzen, die sich unterhalten lassen, die sich nur meine Geschichten anhören und keine beisteuern, die mich aushorchen und dann sagen: meld Dich, wenn Du wieder da bist. Ich mag lachen, mitfühlen, mich austauschen und weinen, wenn es notwenig ist. Ich mag nicht benutzt werden und mag keine Konsumenten. Ich mag es, wenn jemand mir seinen Tag erzählt und fragt: kennst Du das? Ich mag, kurz gesagt, Kommunikation. Und selten hat Wikipedia richtiger gelegen: Ich mag Austausch. „Mit „Austausch“ ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen gemeint; „Übertragung“ ist die Beschreibung dafür, dass dabei Distanzen überwunden werden können, oder es ist eine Vorstellung gemeint, dass Gedanken, Vorstellungen, Meinungen und anderes ein Individuum „verlassen“ und in ein anderes „hineingelangen“.“ Im Austausch mit meinen Freundinnen erweitere ich mein Weltbild, korrigiere Ansichten, integriere neue Aspekte und erhalte Trost oder Verständnis. Vor allem aber ist es ein Austausch und keine Lieferung.

Der Reiz des Schwedischen

Was soll ich euch sagen, meine allerliebsten Leser, es gibt auch in Paris Ikea. Und nicht nur eines, ganz, ganz viele, ich glaube, für jede Himmelsrichtung eines. So wie es in Lyon für jede Himmelsrichtung eine Brasserie von ihrem Starkoch-Helden Bocuse gibt. Das zu vergleichen ist natürlich nicht ganz richtig und Bocuse wäre zu Recht empört, allerdings habe ich immer gelernt: wenn man Kaviar essen möchte, muss man Sardinen verkaufen. Und nichts anderes tun unsere schwedischen Freunde. Sei es mit Pressspanmöbeln oder mit weißen T-Shirts von H&M. Nachdem wir heute zum zweiten Mal dort, waren, um Teile, bei denen irgendeine unerhebliche Nummer falsch war, umzutauschen, sah ich mich gezwungen, meinem von Anfang an nicht so entzückten Mann zu erläutern, was Frauen an diesem unwirtlichen Laden so anzieht. Es war mir bislang ehrlich gesagt selbst nicht so ganz klar, aber unter Druck kann ich erfinderisch, gar philosophisch und metaphysisch werden.

Was Frauen an Ikea so anzieht, ist zum Einen die Vielfalt und der Preis und natürlich der wesensimmanente Nestbautrieb. Hier noch ein buntes Zweiglein, dort ein Teelicht, was, es gibt neue Serviettenfarben? Und neue Faltkästchen für den Badschrank? Alles ist so günstig, endlich muss man sich mal nicht entscheiden wie sonst tagtäglich im Leben, endlich kann man fast ohne Reue etwas kaufen, was das Haus zu einem Zuhause macht. Gut, nach zwei Wochen und wenn man es bei fünf Freundinnen gesehen hat, mag man es auch nicht mehr sehen, weil man feststellt, dass der eigene Geschmack und seine Individualität an harte Grenzen stößt, wenn es in die omnipräsent erhältliche Massenproduktion geht, aber nun habe ich zum Glück fast nur so exklusive und vielbeschäftigte Freundinnen, die niemals im Leben auf die Idee kämen, dort auch nur anzuhalten. Ich kann mich an eine Erzählung von einer lieben Freundin erinnern, da hat der Besuch mit einem heiß begehrten Mann bei Ikea sogar zur Rückkehr zu ihrem verlassenen Freund geführt. Ein Leben mit Ikea war für sie unvorstellbar. Ich könnte mir ein Leben mit und ohne Ikea vorstellen, aber ich finde es doch ganz schön, wenn ich nicht erst acht Wochen auf etwas warten muss, sondern meine Bedürfnisse zeitnah befriedigt werden.

Und damit bin ich schon beim nächsten Punkt, denn mitnichten kauft man dort nur Teelichter und Servietten wie so oft kolportiert. Ich habe ein piepsiges kleine Apartment ganz reizend damit eingerichtet und ganz ehrlich: gut und schön, wenn im Wohnzimmer ein sauteures Sofa und ein Designertisch stehen, aber der Schuhschrank im Zwischengang? Ich bitte Sie! Das wäre wirklich neureich, hier auf ein Designerteil zu bestehen. Sparen kann man vom Adel lernen wie unser Hemdschneider uns neulich bestätigte. Die zerschlissensten Krägen kommen von denen, die früher dem Kaiser Geld geliehen haben. Was mir also – und da stehe ich nicht alleine da, anderen ist es vielleicht nicht so bewusst – sehr gut am Ikea-Konzept gefällt, ist die Vorstellung, dass mein Mann unsere Möbel mit seinen eigenen starken Händen erschafft. Nun gut, zumindest zusammenbaut. Das hat sowas Männliches finde ich und sehe mich flugs in Kanada in einem Schneesturm darauf warten, bis mein Blockhaus fertig ist. Und ich kann dem treuen Leser versichern: Ein Mann, der eine Nordli-Kommode zusammenbauen kann, für den ist ein Holzhaus ein Klacks. Vorausgesetzt er hat einen Akkuschrauber zur Hand…

Ein neuer Mensch im alten Jahr

Eine meiner Lieblingsretouren auf enthusiastische Äußerungen meines Prunkschafs war: Menschen ändern sich nicht grundlegend. Meine Mama war ein Mensch der Extreme. Entweder ganz wunderbar oder ganz entsetzlich. Dazwischen war nicht immer viel. Sie gestand Menschen allerdings zu, zwischen diesen Extremen zu wechseln und zu wandern. Dann liebte sie sie oder verteufelte sie. Und in jeder Phase war sie felsenfest davon überzeugt, dass das, was im Moment von diesem Menschen gelebt wurde, seine einzige Seite ist. Und die liebte oder hasste man. In späteren Jahren hat sich das ein bisschen gewandelt und es war durchaus möglich, über das ein oder andere hinwegzusehen, aber nicht wirklich. Ein sehr kindlicher Ansatz ist das und auch ein sehr romantischer. Ein märchenhafter. Denn im Märchen werden aus verzauberten Fröschen oder Schweinehirten schließlich auch Prinzen. Und Märchen hören immer mit einem wahr gewordenen Traum auf. Mit gutem Grund. Worauf will ich eigentlich hinaus an diesem letzten, für manche zum philosophieren einladenden Tag des Jahres?

Darauf, dass ich mich in den letzten Wochen und Monaten der Illusion hingegeben habe, ein anderer Mensch geworden zu sein, völlig neue Seiten an mir entdeckt zu haben, was einfach nicht stimmt. Im Gegenteil, ich bemerke, dass ich viel eher wieder zu dem Menschen werde, der ich in einer Frühphase meines Lebens gewesen bin. Einem zwar nachdenklichen, aber unerschütterlich optimistischen Menschen, der sich täglich der Sonderbarkeit und Wunderlichkeit der Welt bewusst ist und darüber nachdenkt. Dem die Endlichkeit des Lebens allzeit bewusst ist und der trotzdem oder gerade deshalb glücklich ist. Der sehr dankbar für das ist, was er hat. Die Jahre zwischen 40 und 50 waren für mich die schwierigsten meines bisherigen Lebens. Riesengroße Ängste und auch Krankheiten nahestehender Menschen waren ihre Wegbegleiter und auch wenn mein Leben rein objektiv und vor allem von außen erste Sahne schien, so war es in mir drinnen leider nicht so. Und es hat die letzen zwei Jahre gebraucht, festzustellen, warum das so war. Ich war wie gelähmt vor Angst.

Ich hoffe, ich habe wieder das in mein Leben gelassen, was es einst so spannend und wunderschön gemacht hat. Und ich hoffe, es möchte bleiben. Und mir ist auch klar, dass ich alleine dafür sorgen muss, dass es so ist und bleibt. Ich wünsche euch lieben Lesern und Kommentatoren von Herzen einen traumhaft schönen Abend und einen guten Rutsch in ein glückliches, selbstbestimmtes und vor allem gesundes 2018, in dem wir viel miteinander plaudern und uns austauschen!

Frohe Weihnachten

Irgendwie hat mich in den letzten Wochen das Leben überholt und ich hatte wenig Gelegenheit, Gedanken – von wo auch immer – zu haben. Ich hatte zwar Gedanken, die waren aber rein planerischer Art. Wenig Reflektierendes, gar Kontemplatives konnte stattfinden. Dabei ist mir klar geworden, was das für ein Luxus ist, sein Leben fast parallel zu seinen Geschehnissen und dem Erlebten zu reflektieren, es einsortieren zu können, abzugleichen mit Erfahrungen und Werten und es so in ein Gesamtkonzept zu integrieren. Ich habe in diesen letzen Wochen alles Mögliche sortiert, aussortiert, einsortiert und integriert. In der Wohnung meiner Mama, in unserer neuen Wohnung in Paris, in meinem Gefühlsleben. Mein Ostheopath meinte gestern, mein Herz sei heiß gelaufen und die Lunge gepresst. So hab ich mich auch gefühlt. Daran war nichts zu ändern. Das sind Phasen im Leben jedes Menschen und auch die müssen er- und gelebt werden. Sie dienen der Weiterentwicklung. Und wenn ich eines aus diesem Jahr gelernt habe, dann das: Nichts ist schrecklicher als die eigenen Gedanken, die Vorstellungen und die Ängste. Alles wird leichter und lässt sich schaffen, wenn man es angeht, anstatt Angst davor zu haben.

Ich danke Euch lieben treuen Lesern, stillen und natürlich besonders den Aktiven, für, tja, eben Eure Treue und Euer nimmermüdes Interesse an meinen Gedanken. Ein paar neue Leser haben wir dazu gewonnen, denn seit mein Prunkschaf nicht mehr die Exklusivität hat, fällt es mir leicht, über die „Gedanken“ zu sprechen. Auch davor habe ich keine Angst mehr. Es kann weniger passieren, wenn das, was seit Jahren über einem gedräut hat, geschehen ist, wenn ein Projekt, das einem seit Jahren wie ein Damoklesschwert über dem Kopf hängt, durchgezogen ist und auch noch schön war. Mir ist natürlich vollkommen klar, dass es Menschen gibt, die all das nicht verstehen, sagen, „so what? That’s life“, aber die hätten vielleicht auch keinen Blog, in dem sie sich über Dieses und Jenes Gedanken machen. Kurzum: ich bin mehr als in jedem anderen Jahr dankbar für all das, was ich erleben durfte und vor allem für die Menschen in meinem Leben, die mir unermüdlich – jeder auf seine Art – beigestanden haben. Es klingt wie eine Oscar-Rede und ja, für mich war dieses Jahr ein riesiges Projekt und ganz nebenbei war ich selbst das Projekt.

Ich wünsche Euch von Herzen Frohe Weihnachten und wunderbare kuschelige Feiertage mit all Euren Lieben und ich verspreche Euch im Neuen Jahr viele Geschichten über großohrige alte Sizilianer, Fischhändler und vor allem meinen schon jetzt sehr lieb gewonnenen „Luigi“. Seid gespannt. Buon Natale, joyeux Noel!

Es ist nichts so schlecht…

…als dass nicht auch etwas Gutes zu finden wäre. Wie sich vielleicht der ein oder andere erinnern mag, gelte ich inzwischen beinahe europaweit als Maskottchen der Sanitär-Handwerker. Wo ich bin, ist Wasser. Leider gehört es da nicht immer hin. In Rom hatten wir eine Dachterrasse, die leckt, in Paris eine Spülmaschine und in Augsburg ein ganzes Dach. Arglose könnten nun meinen, das könne im fünften Stock, eingebettet zwischen den Stockwerken ja nichts Gravierendes sein, sondern käme sicher von einer Waschmaschine oder Ähnlichem. Weit gefehlt. Aus irgendeinem Grund ist gerade bei mir ein Knick, ein Knie, wie wir Profis sagen, in der Leitung und es sammelt sich das Wasser und das stürzt dann fast ungebremst in die Decke meiner Nachbarin unter mir. Zum Glück ist sie eine freundliche und christliche Seele. Die erste Maßnahme, die Sanitär-Fachleute – oder sollte ich sagen „Sanitäter“? – parat haben, ist „ja gut, dann reißen wir mal die Toilette auf und schauen drunter nach“. Um dies zu vermeiden, habe ich mich inzwischen ausführlich mit der Thematik befasst.

Ich habe nämlich außergewöhnlich schöne Bäder. Mit handproduzierten Fliesen. Einfach genau so, wie ich es mag. Da kommt nicht einfach einer daher und reißt als Erstes alles raus, um dann festzustellen, dass es was ganz anderes war. Und so habe ich meinen Herrn K. kennengelernt. Zunächst war es eine Begegnung auf Augenhöhe, weil ich fachkundig und mutig vor Sorge sagte, der Schaden käme vom Dach. Er fand das interessant, meinen Kaffee gut und war froh, dass die Wohnung und sein Arbeitsbereich sauber waren. Was er mir im Laufe unserer Beziehung (anders kann man das, was wir haben, kaum mehr nennen) aus seinem beruflichen Schatzkästchen erzählte, ist eine gute Basis für eine Null-Diät….Nach einem Dreiviertel Jahr mit einem lärmenden Entlüfter in der Wohnung war klar: es kommt vom Dach. Was eine Totalsanierung des Daches mit Gerüst und allem Pipapo zur Folge hatte. Und wenn man so viel Zeit zusammen verbringt, lernt man einander eben auch besser kennen. Und so habe ich erfahren, dass Herr K. passionierter Jäger ist. Und der Jagdmetzger unseres Vertrauens auf dem Stadtmarkt sein Geschäft schließt.

Und weil wir erst neulich wieder einen Wasserschaden hatten (meine liebe Nachbarin und ich, also sie hat ihn und hat folgerichtig mich angerufen), haben wir uns wieder gesehen und ich habe meine Nachfrage nach Wild erneuern können. Heute um 5.45 hat er mir einen wunderbaren Rehrücken und Schlegel gebracht. Der Rehrücken ist deutlich größer als ich dachte und wir werden lange, lange an Herrn K. denken! Nicht immer ist es so einfach, die Vorteile in einer Malaise zu sehen. Gerade in der aktuellen Phase meines Lebens fällt mir das auch manchmal schwer. Und gleichzeitig bin ich mit so vielen wunderbaren und bereichernden Menschen in Kontakt gekommen, dass ich schon sehr verbohrt sein müsste, um darin nicht auch etwas Gutes und Schönes zu erkennen. Vielleicht lade ich sie ja auch alle zu einem schönen Rehrücken ein?

Unser Prunkschaf

Es ist ruhig geworden in den letzten Wochen. Zumindest im Blog. In meinem Leben war es alles andere als ruhig. Nach einem furiosen Finale ist unser Hauptkommentator und gleichzeitig meine Motivation für diesen Blog, mein geliebtes Prunkschaf, meine Mama am Montag eingeschlafen. Friedlich zu hause. Nach langer, langer und fürchterlicher Krankheit. Es fällt mir schwer, hier weiterzuschreiben, weil der Blog für sie gedacht und betrieben wurde. Wenn ich schon nicht immer da sein konnte, so sollte es doch für mein Prunkschaf jeden Tag eine Motivation geben, wieder aufzuwachen, aufzustehen und weiterzumachen. Man könnte sagen, die Neugierde hat sie am Leben gehalten. Und so war es auch in der Tat. Meine Mama war neugierig. Auf Bücher, Länder, Erlebnisse, Mode – auf das Leben. Zu wissen, dass es jeden Tag einen Gedanken aus dem Ausland gibt, hat sie sehr gefreut. Wir haben nie mit anderen über diesen Blog gesprochen, es war ihrer und zum Glück haben viele, viele andere ihn im Laufe der Jahre entdeckt. Ihre Kommentare werden mir entsetzlich fehlen. Wie sie selbst.

Gesund essen

Gestern war ich kurz in der Stadt und als ich so über den Markt gehuscht bin, haben mich da die wunderschönsten Trauben angelacht, die ich seit langem gesehen habe. Nun bin ich absolut kein Freund unverarbeiteter Trauben (außer sie hängen an der Wand als Produkte wilden Weins bei meinem liebsten launischen Italiener mit dem schönen Gastgarten und mein Mann jault vor Entsetzen auf, wenn ich sie esse), aber diese haben selbst mich gelockt. Pralle grüne samtige Dinger. Einfach schön. Und so appetitliche große Gebinde – der Wahnsinn! Wild entschlossen hab ich auf eine Traube gezeigt, sie mir einpacken lassen und souverän einen Fünf-Euro-Schein hingehalten. Die Verkäuferin hat mich erwartungsvoll angeschaut, ich sie auch, bis sie dann sagte: 8 Euro 41, ach was, machma 8,40 bitte! Wäre fast lang hingeschlagen. Dazu möchte ich sagen, dass ich den Wert eines Einkaufswagens, eines Korbes voller Kleinigkeiten auf der Dult und den Preis eines noch nicht gewogenen Fisches ziemlich exakt schätzen kann. Dieser Preis hat mich schlichtweg umgehauen.

Darf das sein, dass ein gutes Kilo Weintrauben aus Italien mehr kostet als ein Mittagsmenü in der benachbarten Markthalle mit Fleisch, Gemüse und Sättigungsbeilage und Salat und Wasser? Das ist doch krank. Wie sollen Menschen sich denn da gesund ernähren? Wo führt das denn hin? In Rom zahle ich für ein Kilo Trauben (vermutlich dieselben) 2 Euro 50. Der Transport kann doch nicht so teuer sein. Und darf es dann weiter sein, dass ein Brathähnchen 2,99 kostet? Ich weiß, da regen sich alle drüber auf, aber man kann sich auch gar nicht oft genug mit dieser Absurdität beschäftigen. Was ist nun also falsch? Der Preis für tote Lebewesen oder der Preis für Obst und Gemüse? Was geschieht auf unseren Anbauflächen? In vielen Ländern, in denen Obst und Gemüse gut wachsen und einst zur normalen täglichen Nahrung und Kultur gezählt haben, nimmt die Hungersnot und die Erosion und überhaupt alles angeblich zu, weil dort nur noch für uns reiche Europäer angebaut wird. Und dieses Obst und Gemüse ist dann auch noch günstiger. Und ist dann alles, was teurer ist, wirklich so bio und menschen- und umweltfreundlich??

Ich beginne Menschen zu verstehen, denen das ein oder andere in ihrem Leben egal ist, woher es kommt, wie es produziert wird, welche Folgen es für die Umwelt hat. Sie haben einfach weder die Zeit, noch das Geld, noch die Kapazität, sich darüber Gedanken zu machen. Zum Beispiel wollte ich heute eine Fusselbürste kaufen. So eine altmodische, die aus samtähnlichem Stoff besteht und die man so umdrehen kann, damit man mit und gegen den Strich oder mit links und rechts bürsten kann. Ich finde zwar die Kleberollen auch praktisch, aber sie haben halt immer einen Plastikstil und produzieren Müll. Und was soll ich sagen? Es gibt sie im größten Drogeriemarkt unserer Stadt schlichtweg nicht mehr. Sie werden nicht mehr nachgefragt oder nicht mehr angeboten. Was soll das? Ich hatte schon mal über all die blöden Plastikspiele, Becher und so weiter geschrieben, Stammleser können es vermutlich nicht mehr hören/lesen, aber ich finde wirklich, dass die Verbraucher in Extremwerte getrieben werden und einige wenige sich alleine dagegen stemmen – und verzweifeln und ihr Leben dann damit vergeuden. Ich leider nicht mehr. Das waren garantiert meine letzten Trauben dieser Art. Sooooooo wahnsinnig gut waren sie auch nicht und ich hab einen ganz entzündeten Gaumen. Sooooooo bio können sie also auch nicht gewesen sein. Ich weiß schon, warum ich sie verarbeitet lieber mag. Werde mich jetzt einem Glas davon widmen.

Zustellung

Vor einiger Zeit wurde mal eine zauberhafte Kolumne zum Thema „Online-Bestellung“ veröffentlicht. Von einem Mann zwar, aber nicht minder zutreffend. Was natürlich nicht heißen soll, dass Männer grundsätzlich keine Ahnung haben, wenngleich beim Thema „Einkaufen“ durchaus noch Luft nach oben ist. Zumindest bei den meisten. In dieser Kolumne wurde mit spitzer Feder darauf hingewiesen, dass das Online-Shoppen durchaus auch mit mehr Aufwand verbunden sein kann, als das klassische Bummeln und in ein Geschäft gehen, sehen, probieren, bezahlen und vielleicht auch noch beraten werden. Das, meine Herren, ist ein seltener idealer Ausnahmefall und natürlich würde ich über so etwas auch gleich eine Kolumne schreiben. Die Realität sieht hingegen wesentlich betrüblicher aus und nicht immer findet man genau das, was man sucht, weil man ja oft noch gar nicht weiß, dass man etwas sucht, geschweige denn wie genau es aussehen soll. Man weiß nur, welches Gefühl man haben möchte, wenn man es trägt. Oder dass man jetzt ganz genau das Konzept der Frau neulich auf der Rue Saint Honoré getroffen hat, der man ja schwerlich nachlaufen und sie nach allen Details fragen könnte. Davon abgesehen, dass man so etwas niemals tun würde, weil man es schon hasst, wenn einen andere kopieren. Egal.

Dann jedenfalls kommt das Online-Shopping gerade recht. Man sitzt auf dem Sofa, schaut einen Film, von dem man sich deutlich mehr versprochen hat und schnobert so durch die Online-Gazetten. Auf einmal poppt eines dieser unglaublich listigen und einfühlsamen Werbebanner auf und zeigt einen fantastischen Fellmantel. Natürlich weiß man, dass das zugeschnitzte Werbung und damit sehr böse ist, aber der Film ist noch viel böser, weil langweilig und ein Konto hat man ja eh bei dieser Firma. Kann man ja mal schauen. Und dann nimmt das Schicksal seinen Lauf, man bestellt noch ein schwarzes Kaschmirjäckchen der Lieblingsfirma und fertig ist die Laube. Zustellung in drei Tagen. Man freut sich, weil man es – gemäß Wettervorhersage – bereits Mitte September tragen kann….Irgendwann in diesen drei Tagen verlässt man dann selbst als homeofficeschaffender Freiberufler mal die Wohnung und schwupps wird das Paket geliefert. Die Abholkarte grinst einen hämisch an und zum hundertsten Mal fragt man sich, nach welchem Prinzip diese unergründlichen und geheimnisvollen Paketboten ticken? Mal legen sie es vor die Türe, mal geben sie es dem Nachbarn, mal in eine Abholbox und mal bringen sie es in eine Postfiliale, die sage und schreibe 2,4 Kilometer entfernt ist.

Wäre ich nun eine alte gebrechliche Frau und hätte mir eine Büchersendung für meine einsamen Abende bestellt, weil ich die Bücher nicht mehr nach Hause wuchten kann und hätte dann meinen Enkel (so ich einen hätte!!!) gebeten, mich dorthin zu fahren und die schweren Bücher zu schleppen, dann wäre ich gestern genauso wie wie viele andere vor dem Schild „Heute wegen Betriebsversammlung geschlossen“ gestanden. Und was dann? Dann müsste ich ihn entweder am nächsten Tag wieder bitten oder mit der Straßenbahn dorthin fahren, das schwere Paket holen und es nicht nur aus der Stadt, sondern auch noch diese ganze Strecke heimtragen. In diesem Punkt hat der kluge Kolumnist vollkommen Recht. Face-To-Face-Einkaufen hat auch Vorteile. Die sind jedoch eher im spontanen und eher zufälligen Jagderfolg begründet. Alles geplante und vernünftige Einkaufen, wie wir Frauen es eben schätzen, findet im Internet statt. Heute jedenfalls war die Filiale wieder offen und ich konnte ein RIESIGES Paket in Empfang nehmen, das kaum in mein Stadtfahrzeug gepasst hätte. Und was soll ich sagen? Den Mantel hätte ich im Geschäft in der Tat nicht gekauft. Und so auch nicht. Aber das Jäckchen, das ist ein süßes Dingelchen und darf bleiben. Es bleibt also unentschieden.

Erste Strumpfhose

Heute war es soweit: Nachdem ich letzte Woche – aufgrund brillanter Wettervorhersagen – mit blau gefrorenen Beinen und Füßen (ja, auch wir in Bayern können – die Betonung liegt auf „können“ dazwischen unterscheiden! – rumgelaufen bin, war es mir heute Morgen nach einem Blick auf die beschlagenen Scheiben dann doch zu blöd und ich habe mich ergeben und Strumpfhosen auf meine immer noch wunderbar gebräunten Beine angezogen. Was das für die Bräune und den Frust bedeutet, muss ich wohl niemandem sagen. Erstens ist es bei Strumpfhosen wie bei weißen Handtüchern, an denen einem erschreckend deutlich wird, wieviele Hautschuppen man wohl täglich verliert und wie schnell die sauer und teuer erarbeitete Hautpigmentierung im wahrsten Sinne den Bach runter geht und zweitens sind die ersten Strumpfhosen ein resignatives Eingeständnis, dass die Sommerzeit wohl endgültig zu Ende geht und dass nun wieder viele, viele Monate Strümpfe folgen. Bis die Allertapfersten unter uns sie im April, Mai wieder weglassen (zwar auch zum Teil blau gefroren, allerdings mit Optimismus!).

Meine heutige saisonal erste Strumpfhose habe ich mit der gleichen Todesverachtung übergezogen wie schon als Kind. Es zählt – und da bin ich nach einigen Recherchen im Freundeskreis keineswegs alleine – zu den traumatischsten Kindheitserlebnissen, eine Strumpfhose unter einer Hose angezogen zu bekommen und zu tragen. Bei mir kam noch die Mehrfachbelastung mit der Bluse unter dem Pulli hinzu. Dies alles in den Siebziger Jahren, als die Pullovermode auf engen Ärmeln bestand. Ein Graus. Sah hübsch aus, gar kein Zweifel, aber das Rumgezupple hat meiner Cousine und mir Wut- und Verzweiflungstränen in die Augen getrieben. Heute jedoch habe ich es schlau gemacht und zur ersten Strumpfhose das erste Mal ein neues Kleid getragen, dies allerdings unvernünftig ohne Unterhemd, was ich zutiefst bereut habe, aber das Hemdchen soll seinen gesonderten Premierenauftritt haben. Da muss man schon gerecht sein. Es hat schließlich ebenso lange im Schrank gelegen und sich womöglich ungeliebt und vergessen gefühlt. Und damit sogar für ein paar wenige Monate Recht gehabt.

Ärgerlich an der ersten Strumpfhose und dem ersten Hemdchen ist nur eines: wenn die Natur dann herbstgemäß beschließt, einem saukalten Morgen mit Raureif einen wahnsinnig warmen Mittag und Nachmittag folgen zu lassen. Und wer schon einmal in Strumpfhosen und mit Unterhemd in der Sonne saß, weiß, wovon ich spreche. Was also tun? Zügellos alles von sich werfen? Das ginge im Moment zwar noch, weil die Beine braun und die Schuhe passend sind, aber wie lange noch? Spätestens im Goldenen Oktober ist damit Schluss. Käsige Beine unter naturgemäß kürzeren Herbst- und Winterkleidern sind nunmal ein Unding. Andererseits, diese Gefahr scheint zumindest im Moment gebannt, es zieht schon wieder zu und ich denke, ich ziehe mir noch ein Strickjäckchen über. Geht halt doch auf Weihnachten zu. Übrigens: das auf dem Foto sind nicht meine bestrumpften Beine. Für sowas hab ich eine eigene Kategorie in meinem Fotoprogramm.

Brotkörbe und andere Versuchungen

Also ich muss schon sagen: habe ich vor einer Woche noch fürchterlich heiß gehabt, ist es inzwischen empfindlich kühl morgens in Bayern. Ging das immer schon so schnell? Kommt es mir nur so vor? Auch habe ich den Eindruck, dass sich mein Essverhalten einem gesunden Winterspeck-Anfutter-Modus annähert, ich könnte den gesamten Tag über reichhaltigste Kohlehydrate zu mir nehmen. Gestern zum Beispiel war ich auf dem Stadtmarkt eine Fischsuppe essen, die macht der Mann von meinem Yogalehrer und sie ist wahrlich köstlich. Man hat zudem so ein gutes Gefühl, wenn man sie bestellt, weil es handelt sich ja lediglich um Fischfilets….und beließe man es dabei, wäre ja auch alles tipptoppi. Dazu allerdings bekommt man einen herrlichen Brotkorb und damit nimmt das Elend dann seinen Lauf – wie eigentlich fast immer. Ich kann mich noch erinnern, als ich vor über 25 Jahren (jaja, so lange gehe ich schon essen…) mit einer Freundin beim Italiener war und sie sagte: tu bloß das Brot weg von mir! Ich war so verwundert. Böse ist doch nur Schokolade, aber sicher niemals Brot. Oder Wein. Oder gar Nudeln.

Hach, das waren noch Zeiten. Beata Ignoranza! Heute weiß man ja leider von so ziemlich allem, wofür und vor allem wogegen es ist. Gegen flache Bäuche, schmale Hüften, muskulöse Oberarme, für festes Bindegewebe, mehr Hirnleistung und eine bessere Darmkultur. Es ist alles so kompliziert geworden und ich finde auch, dass die Restaurants es einem auch immer schwerer machen. Gestern zum Beispiel war ich abends (ja, ich weiß: zwei Mal am Tag ist auch schändlich!) wirklich erleichtert, dass kein Brot auf dem Tisch stand. Das ging so lange gut, bis Antonio entsetzt sein Auge über den Tisch schweifen ließ und meinte: Meine Güte, man hat euch noch gar kein Brot gebracht. Meine zugegebenermaßen leisen Protestrufe gingen unerhört in seinem schnellen Sprint zur Theke unter und im Nu hatten wir ein überquellendes Körbchen voll mit warmer, weicher Focaccia, hausgemachten Crissinis und noch irgendso einem Teufelszeug. Muss das sein?? Kann man da widerstehen? Ich verstehe jeden Mann, der bei hübschen Frauen schwach wird. Ich werde es garantiert bei Brot. Und die Folgen sind ähnlich schlimm wie ich finde.

Antonio jedenfalls war hochzufrieden und hat mit gütigem Lächeln meine Bestellung aufgenommen, die wie fast immer eine Tagliata war, weil ich mir da zumindest noch ein paar blöde Kohlehydrate spare (ähnlich wie bei der Fischsuppe….). Es ist ja mit vielen Dingen so. Man kauft sich ein günstiges Hemdchen und stellt dann fest, dass es haargenau die Farbe dieser genialen Hose im Schaufenster hat und schwupps landet man bei einer ganz miesen Mischkalkulation. Oder man bringt sein Auto extra zu einer vertrauten und ehrlichen Werkstatt, die einem mal statt ganz viel auszutauschen einfach das Kontrolllichtchen abgeklemmt haben und die wollen dann beim Smart die höhenverstellbaren Scheinwerfer austauschen?! Was ich sagen möchte ist ganz einfach: Es ist immer und überall ein Nullsummenspiel. Die allerbesten Vorsätze werden fast immer untergraben und so kann man sein Geld und die Kalorien auch gleich von Anfang an raus- bzw. reinhauen! Guten Appetit und Horrido beim Herbstshopping!