Fruchtfliegen, Tauben, Bären

Es ist mal wieder so weit, über mein Leben mit Tieren zu sprechen, respektive schreiben. Ich habe zwar keine bewusst angeschafften mehr, dafür umso mehr mehr oder weniger uneingeladene Gäste. Zum Beispiel die Fruchtfliegen. Wenn man, wie ich, Wert auf basische Ernährung legt, wird einem das momentan wahrlich schwer gemacht. Da liegen dann ein paar herrliche Weinbergpfirsiche (ist es nicht toll, dass die Supermärkte sich jeder noch so kleinen Vorliebe anpassen? Wo hätte man früher eine Mango bekommen – ja, ich weiß, böse, garstige Flugmango müsste es heißen, oder eben einen weichen, weißen, saftigen Weinbergpfirsich? Einfach toll!) in der Küche und warten auf ihren morgendlichen Verzehr. Damit ich nicht jeden Tag losrasen muss, wartet der Vorrat für zwei, drei Tage darauf und ich kann die Uhr danach stellen, dass spätestens nach einer Stunde ein Pulk von Fruchtfliegen empört aufschwärmt, kaum, dass ich die Küche betrete. Vom Mülleimer wollen wir jetzt mal gar nicht sprechen. Fürchterlich. Man fühlt sich gleich ein wenig schmuddelig, finde ich.

Bedenkt man jedoch, wie kurz das Leben besagter Fruchtfliegen ist und was sie alles in diesen paar Stunden erledigen (müssen), könnten sie einem bald leid tun. Tauben leben da ja viel länger. Man fragt sich – vor allem angesichts von Karl und Gertrud (jaaaaaa, die gibt es noch!) -, wie lange sie eigentlich leben oder ob sie an ihre Nachfahren ein Büchlein weitergeben mit ihren „schönsten Schlaf- und Ruheplätzchen“? Denn viel anders kann es nicht sein auf meinem Balkon. Diese Dreckstauben sind immer noch da und gerade eben habe ich sie verscheucht, sozusagen kurz bevor sie in die Wohnung hineingeflogen kamen. Blöde Biester. Nun sind aber auch diese Probleme mit Tieren vernachlässigbar, liest man, was einem jungen Mann mit den besten Absichten in den USA widerfahren ist. Der war auf einem kirchlichen Ausflug mit lauter Kindern und war so ausgepowert von den lieben Kleinen und der Natur, dass er von einem Knarzen und Krachen erwacht ist und siehe da, eiderdaus, das Knarzen und Krachen waren die Bärenzähne um seinen Schädel. Angesichts solcher Tier- und Schlaferlebnisse kann sich unsereins glücklich schätzen, wenn er von einer Amsel gegen halb fünf wach geträllert wird. Und zwar aus vielerlei Gründen: erstens weil man so einen leichten Schlaf hat und es keinen Bären und Geräusche braucht, bis man merkt, dass sein Kopf im Maul desselben steckt und zweitens dass es eben doch nur Fruchtfliegen und Vögel sind. Wie so oft im Leben sind es eben die Verhältnismäßigkeiten, die die Zufriedenheit ausmachen.

Mit einem sehr klugen und hoch weideerfahrenen Schaf habe ich das heute auch besprochen: Es gibt Menschen, denen gesteht man einfach nicht so gerne schlechte Laune zu, weil sie einfach keinen Grund dazu haben. Das ist bestimmt manchmal unfair, aber oft hilft es eben bei Missmutigkeiten den Kopf ein wenig nach links und rechts zu wenden. Sozusagen weg von den Fruchtfliegen und Tauben hin zu den Bären, die es ja auch gibt. Zum Glück weit weg.

Tauben auf Tisch und Gauner in der Buchhandlung

In diesem Blogbeitrag werden die Empörungen nur so aus mir heraussprudeln. Wem das zu viel ist, der möge bitte auf den nächsten warten oder in den alten Beiträgen stöbern. Wobei es durchaus sein könnte, dass er in einem der älteren Beiträge auf eben den stößt, der mit meiner aktuellen Empörung zu tun hat! Angefangen hat alles am Samstag, dem meist doch allerschönsten Tag der Woche. Zumindest für mich. Dann beginnt gerade erst das Wochenende, mein Mann ist da und meistens ist Samstag Abend auch noch irgendwas Nettes in der Planung. Dieser Samstag begann damit, dass ich zwecks Temperaturtest (mein Mann und ich können über die Fliege an der Wand streiten, wenn uns nur der Sinn danach steht. Worüber wir uns immer trefflich die Köpfe einrennen können, ist die Temperatur. Ich kann es einfach nicht begreifen, wieso er so stur auf seiner Überzeugung beharrt, es sei warm. Seine unerschütterliche Uneinsichtigkeit macht mich ärgerlich und wenn ich ihm dann doch einen Pullover einpacke, weil er sonst kränkelt, dann zieht er ihn in der Stadt „nur an, damit Du Ruhe gibst“, was ich eine bodenlose Frechheit finde, denn er hat dann meist schon blaue Finger. Ich könnte mich – so bemerke ich gerade – durchaus in einem ganzen eigenen Blogbeitrag darüber auslassen!!!) auf den Balkon getreten bin.

Nun wissen treue Leser, dass mein Balkon schon oft Schauplatz wahrer Tragödien war. Bereits verhüllt, verflucht, verwünscht und vor allem verdreckt von meinen unseligen Haustauben Karl und Gertrud. Ich bin ja dran gewöhnt, dass sie sich unter der Markise verstecken und inzwischen sogar schon mal einen Freund eingeladen haben, was ich zum Glück noch rechttzeitig bemerkt hatte und ich glaube auch nicht, dass der wiederkommt, er befindet sich vermutlich in einer Rehaklinik für Tauben-Herzinfarkte. Was ich aber an diesem verheißungsvollen Samstagmorgen auf meinem eben frisch herbstlich dekorierten Tisch entdeckt hatte, hat mir das Blut in den Adern gefrieren lassen: Fußspuren auf meiner Felldecke. Gehts noch??? Über den Tisch laufen? Wo sind wir denn???? Das kann jedoch bestenfalls als Ouvertüre, als Präludium zum Folgenden gewertet werden.

Um mich möglichst schnell abzulenken und aus der Gefahrenzone zu bugsieren, drängte mein Mann zum Aufbruch. Es sei ihm auch zu heiß mit all dem, was ich kleidungstechnisch angemessen fand. Wir sind Richtung Altstadt gegangen und dort ging der Ärger nahtlos weiter. Eine meiner Lieblingsbuchhandlungen schließt und alle Bücher sind günstiger. Da schnobert man natürlich gerne ein wenig durch auch unbekanntes Terrain. Und auf einmal kräht mein Mann fröhlich: Schau mal, den kennst Du doch! Das sagte er mit Blick auf ein Buchcover, das von einer Reise von Paris nach Berlin ohne Geld berichtet. Und tatsächlich prangte auf dem Cover das Foto von diesem Menschen, der mir in Paris am Bahnhof Geld mit einem miesen Trick abgeluchst hat. Und es gleich vier Tage später mit demselben Trick erneut versucht hat. Ich hatte das damals beschrieben, weil ich es schändlich finde, die Hilfsbereitschaft von Menschen auszunutzen. Weil daraus eine Kettenreaktion wird und wirklich Bedürftige dann auch keine Hilfe mehr erfahren. Das Übelste ist: er war im Sommer in Augsburg, um mit seinem Buch rumzuprahlen. Ich war zu Lesung eingeladen und bin nicht hin. Und Karl und Gertrud hab ich auch nicht erwischt. Wie schön und befreiend müsste es doch sein, wenigstens einem Delinquenten mal die Flügel oder Hammelbeine lang zu ziehen. Ich bin rachsüchtig, ich weiß.

Gewinnspiele und Karl und Gertrud

Heute Morgen war ich schon früh unterwegs und wie es inzwischen halt so ist, wenn man Radio hört, kam auch prompt ein Gewinnspiel. Um Seemannsgarn ging es, das aufzudecken war. Ein Mann war in der Leitung, immerhin wurde das Spiel über eine Woche hinweg aufgebaut und es brauchte schon Glück, eine freie Leitung zu bekommen. Ein Frange und auch noch Erzieher. Er klang wahnsinnig nett und wahnsinnig aufgeregt und er wusste alles. Und bei seiner unglaublichen und echten Freude, bei der herauszuhören war, wie glücklich er war, einmal so eine wahnsinnig tolle Karibikreise mit seiner Frau machen zu können, haben sich alle Härchen aufgestellt und ich muss zugeben, mir sind die Tränen gekommen. Ich war so gerührt über diese Freude und das Glück dieses Moments. Sowieso ist es eine Schande, dass Fußballspieler so überdimensional mehr verdienen als Erzieher oder Altenpfleger, aber das ist ein ganz anderes Kapitel.

Diese Bereitschaft zum Mitfühlen und Mitweinen bemerke ich in letzter Zeit häufiger. Ob ein Kind herzzerreißend im Flugzeug schreit, weil ihm die Ohren weh tun (sonst geht es mir nicht so, sonst werde ich eher ungehalten, wenn so ein Zornes- oder Quengelgeschrei gar nicht aufhört) oder ein Sportler seine Lebensbestleistung erbringt – ich bin gerührt und könnte mitweinen. Sind wir dünnhäutiger geworden? Oder nur ich? Haben all die Geschehnisse in den letzten Monaten Löcher in unseren Pelz gebohrt? Wie bei Enten, wenn die Fettschicht weg ist? Andererseits ertappe ich mich dabei, wie ich recht ungerührt Nachrichten schauen kann, in denen über Morde oder Schießereien berichtet wird. Es bräuchte sicherlich ein ganzes Psychologenteam, um das zu durchleuchten. Oder es ist ganz einfach das Alter?

Stopp. Kommando zurück. Keiner muss sich sorgen machen, ich kann – wie ich gerade festgestellt haben – ungerührt und nachgerade grausam sein. Während ich nämlich diesen gefühlvollen, fast schon philosophischen Text getippt habe, hat sich ein Geräusch langsam von meinem Ohr in mein Bewusstsein und von dort direkt in mein Gehirn vorgearbeitet. Es war ein Schaben und ein bisschen ein Quetschen. Dann schoben sich die Bilder von meinem Balkon heute Morgen vor mein geistiges Auge. Die waren nicht schön und voller kreisrunder, weißbrauner Häufchen, die zudem auch noch stark gerochen haben. Eindeutig: KARL und GERTRUD sind zurück. Und Tatsache, hat sich doch der moppelige Karl unter meine Markise geschoppt. Und weil das auch Emotionen sind, habe ich mich angeschlichen, erst für meine lieben Leser ein Foto von dem Frevel gemacht und dann gegen die Markise geschlagen. Karl ist entsetzt weggetaumelt. Ich habe nicht weinen müssen. Bin völlig normal. Karibikreisen und kleine Kinder und Hunde rühren mich. Tauben nicht. Alles gut.

Saufreches Federvieh

Gestern war ich mal wieder in unserem wunderschönen Stadtwald, einfach ein bisschen laufen, atmen, chillen, wie junge Menschen sagen würden. Das ist mir schnell vergangen. Als ich am Seeufer vorbeigegangen bin, saßen verschlafene, verträumte und faule Enten und Gänse an seinem Ufer und anstatt zumindest anstandshalber davonzufliegen oder wenigstens zu watscheln, haben sie mich ordentlich angefaucht und mir ihre langen Hälse mit weit aufgerissenen Schnäbeln entgegengereckt. Darinnen scharfe Zähne und böses, zischendes Fauchen. Für einen kurzen Moment ist so ein Schaudern, fast schon eine kleine Panikwelle in mir hochgekrochen, denn es waren viele große Gänse und nicht umsonst wurden sie als Hüter von Kapitol und altem Rom eingesetzt. Nun ja, ist gut gegangen.

Heute Morgen dann auf dem Balkon, nein eher in der Küche, höre ich ein erstaunliches Geraschel und Getöse und dachte zuerst, das seien die Bauarbeiter oder ein Rasenmäher oder irgendein anderer Mensch, der ein Gerät gefunden hat, mit dem er Lärm machen kann. Als ich ihm nachgegangen bin, habe ich auf der etwas herausgelassenen Markise Kampfgeräusche vernommen und mich doch sehr gewundert. Karl und Gertrud hatten bislang immer nur rumgeschnäbelt und fliegen oftmals – ob als Täuschungsmanöver oder weil sie nun andere Balkone verschmutzen – im Tiefflug an mir vorbei. Glaubt man den Spuren auf der Markise tun sie das leider nicht immer, aber jedenfalls sind sie nicht mehr dauerpräsent. Weder auf meinem Balkon noch in meinem Blog.

Als ich zornig und laut rufend gegen die Markise geschlagen habe, war lautes Rascheln und Kruschteln zu vernehmen und es sind auch Federn geflogen und dann kamen drei Tauben mit hochroten Köpfen leicht seitlich darunter hervor, offenbar hatten sie sich ein wenig verkeilt, denn es flogen immer mehr Federn und die Bewegungen wurden immer hektischer. Ich war mindestens so empört wie diese Viecher und ganz ehrlich frage ich mich: was soll mir dieses freche Viehzeugs sagen? Dass sie keine Angst mehr haben vor mir? Vor den Menschen im Allgemeinen? Das wäre ja noch schöner. Auffällig ist allerdings, dass die Vögel und damit meine ich sämtliche vor meinem Fenster unfassbar laut rumtschirpen und singen. Vielleicht haben sie auch nur den Schnabel voll von diesem kühlen Sommer, der offiziell ja heute anfängt.

Sie sind zurück

Karl und Gertrud sind zurück. Und sie haben Freunde mitgebracht. Wer hier regelmäßig mitliest, weiß, dass ich in letzter Zeit viel unterwegs war. Diese Zeit haben die geflügelten Monster genutzt und sich – zumindest lassen die Spuren das vermuten – Freunde in Form von Schwänen eingeladen. Anders ist das, was auf meinem Balkon stattgefunden hat, nicht zu erklären. Keine Taube der Welt kann so große Haufen (Häufen?) produzieren! Und wenn ich von meiner Warte, dem Schreibtisch aus, nach draußen sehe, erblicken meine geschulten Augen inzwischen auch eine Meise, die sich an meine Markise hängt und am Wasserablauf rumturnt.

War das wirklich ich, die noch vor Monaten geschrieben hat, dass sie weg sind? Verschwunden? Habe ich vielleicht sogar einen wehmütigen Unterton gehabt? Ich glaube kaum! Jedenfalls sind sie genauso wieder aufgetaucht wie meine vorletzte verbleibende Jeans. Ich habe dieses Kleidungsstück irgendwann mal unterbewusst aussortiert aus meinem hängenden Kleiderschrank, weil ich irgendwie finde, dass die Zeit dafür rum ist (habe mir allerdings eine neue Jeans bestellt, soviel dazu). Nun, heute Morgen habe ich jedenfalls auf der Suche nach einer Strickjacke (wir haben hier in Augsburg morgens minus 1 Grad und weil ich einen Münchner Radiosender eingestellt habe, muss ich mir bei Nebelsuppe den ganzen Tag die Lobhudeleien auf den strahlenden Sonnenschein in München und die prima 18 Grad anhören, zumindest wenn ich Auto fahre, sonst höre ich niemals Radio), die vom Bügel gerutscht war, eben jene Jeans gefunden und sie arglos angezogen.

Die Zeit lässt alles vergessen, Geburten, Kater, Tauben alles. Auch Jeans. DESHALB habe ich sie in die Liegendabteilung verbannt, ganz klar! Sie haben keinen Stretch! Kein klitzekleines Bisschen. Wie lange ist das her, dass ich so etwas nicht mehr getragen habe? Sicherlich wesentlich länger als Karls und Gertruds letzter Auftritt. Aber sicher genauso unangenehm! Ich habe nun also die Spuren dieser Dreckstauben so weit als möglich beseitigt und mich dabei so schmutzig gemacht, dass ich leider, leider auch die Jeans ausziehen musste. Ein Gutes hatten sie ja dann.

Karl und Gertrud – die Helden des Tages

Heute Morgen war es soweit: Ich bin eingeknickt. Das heißt, ich habe mich für meine Freiheit und vermutlich damit auch für Karl und Gertrud entschlossen, denn ähnlich wie bei gewieftem Terrorismus hat das bloße Wissen um ihre Existenz mein Leben nachhaltig beeinflusst. Ich konnte auf dem Balkon, den ich zwar prinzipiell wieder betreten kann, weil ich bereits letztes Jahr die Balkonverschleierung aufgehoben hatte, die Füße nicht mehr gemütlich auf die Reling legen. Immer ging es darum, meine Füße mit oder ohne Schuhe zwischen oder auf die Tauben-Abwehr-Stacheln zu legen. Heute war es genug.

Das Abmontieren der Stacheln ging ratzfatz und auch das Absplittern der Farbe vom Geländer. Welche Weiterungen das nach sich zieht, ist für arglose Zeitgenossen schwer ermesslich. Um es schonungslos zu sagen: die Weiterungen sind immens. Und das alles nur wegen dieser Tauben. Die sich übrigens schon länger nicht mehr haben blicken lassen. Jedenfalls war in zehn Minuten alles erledigt, in einer weiteren Stunde der anfängliche Rest und zügig wird es weitergehen.

Dass zwei so kleine Flattertiere solche Auswirkungen auf so große Menschen haben können, mag man an sich kaum glauben, anderseits: man denke an den Ulmer Spatz, die Gänse vom Kapitol in Rom oder den Schwan von Lohengrin. Und bei mir sind es halt Tauben. Ich werde weiter berichten. Bin Karl und Gertrud momentan kein bisschen gram.

Alle meine Tiere

Als ich mich gerade über den Verbleib meiner Katzen auslassen wollte, habe ich die Signora Marrochi getroffen. Ihr, bzw. ihrer nutzlosen Brut gehört nämlich eine der Katzen, die bunte, ehemalige Todfeindin meines Hundeles, Martha. Wenn ihre eigentliche Besitzerin nicht da ist, dann leidet Martha sehr und zwar auch Hunger. Natürlich bekommt sie dann von mir zu essen. Inzwischen stelle ich auch Massimo Futter hin, auf dass er sie füttere. Tut er natürlich. Vorhin, beim Nachhausekommen, standen also er und Signora Marrochi da und haben ein wenig getratscht und natürlich hat es nicht lange gedauert, bis wir auf die Katze zu sprechen kamen. Dann haben beide leidenschaftlich beteuert, dass die Katze das Futter, das ich für sie hier gelassen hatte, nicht fressen wollte, überhaupt gar kein angebotenes Futter mehr fressen wollte. Sie mag halt nicht mit jedem essen, mit mir isst sie gerne und viel.

Gerade eben hat sie mich halsbrecherisch auf dem Zaun balancierend angemaunzt und ihr Köpfchen in meine Hand gedrückt, weil sie froh ist, dass endlich wieder jemand da ist, der ihr gutes Futter gibt. Wobei ich gestehen muss, das Futter ist bestenfalls Mittelmaß, nichts Außergewöhnliches, die Viecher laden ja immer gleich alle ihre Freunde ein und da kann man sich in einem Sommer schon mal ruinieren, kauft man immer nur biologisches, handzubereitetes Futter. Also mit Martha ist alles wieder im Lot. Dora hab ich noch nicht gesehen und bin sehr besorgt deswegen, aber vielleicht hat sie ja ein Zuhause gefunden. Wer weiß.

Wer nicht so froh über meine, unsere Anwesenheit ist, sind die Vögel hier auf der Terrasse. Ich fühle mich wie Karl, ich bin sozusagen Gertrud. Die Spatzen, Meisen und Amseln fliegen lässig in etwas angeberisch wirkenden Kreisen an, landen in einem Baum oder Busch und dann sehen oder hören sie uns. Und dann sind sie so empört wie ein 20 Gramm Federkügelchen halt sein kann und flattern laut plärrend von dannen. Ich fühle mich etwas zurückgestoßen und werde mein Verhalten Karl und Gertrud gegenüber überdenken. Habe ja jetzt Zeit. Drinnen.

Karl und Gertrud: Lecker!

Ich habe heute – ohne besonderen Grund – mal im Internet nach Taubenrezepten gestöbert. Herausgekommen sind völlig neue, ja, ich möchte sagen, inspirierende Aspekte der Kulinarik. Zum Beispiel dieser aus der Welt. Da schreibt Volker Hohl: ‚Wenn ich in den mittlerweile feuerrot gefärbten Ahorn vor meinem Fenster schaue und darin die beiden Tauben sitzen sehe, bekomme ich Appetit. Taubenfleisch ist dunkel, aromatisch. Es erinnert eher an Wild als an Huhn und ist weniger fett als Ente. In rustikaleren Zeiten wurde Taube deshalb als Diätkostverschrieben. Und die Zubereitungszeit ist kaum länger als die für ein gutes Steak. Mit einer saftigen Beilage aus einer Polenta aus frischem Mais, gebratenen Feigen und Wirsingblättern erspare ich mir das Kochen einer Soße. Wichtig sind jedoch eine „Bridiernadel“, eine besonders große Nadel zum Nähen mit Küchengarn, die in jedem gut sortierten Küchengeschäft zu bekommen sein sollte und eben Küchengarn.

Von den Tauben werden die Flügel bis auf ein Glied – den Oberarm, wenn man so will – abgeschnitten. Sollte der Hals noch vorhanden sein, wird auch dieser abgeschnitten, ohne allerdings dabei die ihn umgebende Haut zu entfernen. Diese wird zurückgeschoben, um die Wirbel mit einer Küchenschere zu durchtrennen. Mit der Bridiernadel wird die Taube in Form gebunden. Zuerst führt ein Stich durch einen der verbliebenen Oberarme, dann durch die Haut des Halses, die damit auf dem Rücken befestigt wird, dann durch den Flügel der gegenüberliegenden Seite. Jetzt durch beide Oberschenkel der Keulen, dann die Garnenden an einer Flanke der Taube stramm zusammenbinden. Dadurch spannt sich zum einen die Haut auf der Brust und wird beim Braten knuspriger. Zum anderen garen die Tauben gleichmäßiger. Die Vögel von innen und außen mit Salz und Pfeffer würzen und mit den Rosmarinzweigen füllen. In einer Pfanne das Öl erhitzen und die Tauben ringsum anbraten. Unbedingt darauf achten, dass die Haut auf der Brust etwas Farbe bekommt. Mit der Brust nach oben in den Backofen schieben und 18 Minuten braten. Währenddessen immer wieder mit einem Löffel Bratfett darübergießen.‘

Tja, was soll man sagen? Ich starte jetzt mal meine erste Leserumfrage:
a) Rezept ausdrucken und auf den Balkon gackern (das soll natürlich TACKERN heißen, aber bereits der Computer arbeitet für die Tauben) zur Abschreckung
b) Karl und Gertrud schmackhaft zubereiten
c) Weiterhin Steak oder arme Hühnchen essen und mich im Geiste bei meinen Mitbewohnern entschuldigen

P.S.  Eben mit Getöse angelandet. Bin noch unentschlossen, weil recht satt.

Karl und Gertrud starten ins Frühjahr

Am Montag liegt die gesamte Woche noch rätselhaft oder verheißungsvoll oder auch drohend vor einem. Was kommt, was bleibt? Was passiert? Eines ist sicher: Karl und Gertrud zählen zu den Konstanten in meinem Leben. Sie sind nun, nach Monaten der Schwierigkeiten, in denen sie mit Stacheln auf der Brüstung, Netzen über dem Balkon oder einer dauerhaft herausgefahrenen Markise zu kämpfen hatten, wieder dazu übergegangen, direkt auf dem Balkon, gerne auch auf meinem Liegestuhl anzulanden. Karl fliegt kühn vor, läuft auf und ab und testet das Terrain. Dann beginnt er zu gurren und lockt Gertrud an. Die landet auf der Brüstung, pickt angelegentlich an meinem Besen herum, um sich ein Bild von den Baumärkten in Fußnähe zu machen und hüpft dann neckisch runter.

Dabei landet sie zunächst auf meinem Liegestuhl, vermutlich weil sie ein Mädchen ist und schaut von da zum gurrenden Karl hinunter. Der läuft, sich seiner Wichtigkeit bewusst, mit geschwollener Brust auf uns ab und ruft sie zu sich. Endlich hüpft sie zu ihm und sie laufen, Flügel in Flügel auf und ab. Ob ich weich werde? Keine Ahnung. Aber was soll ich denn noch tun? Ich werde wohl lernen müssen, mit ihnen zu leben. Zwar springe ich immer wieder auf und schlage morgens gegen die Markise, auf der sie sich saugemütlich hingesetzt haben, aber inzwischen muss ich direkt unter ihnen treffen, sonst könnte es ihnen nicht wurschter sein. Sie haben sich jedenfalls schneller an mich gewöhnt, als ich mich an sie.

Vielleicht weil das Wetter so schön ist, vielleicht weil ich älter werde, ich habe beschlossen, sie mit freundlicher Gelassenheit hinzunehmen. Wer weiß, was die Woche noch bringt, vielleicht kann man für das Ein oder Andere ja auch mal Haustauben brauchen.

 

Der Rutschmarder und die Balkontauben

Heute Morgen hat mich eine Freundin angerufen. Und wenn ich bisher ab und an mit dem Gedankten geliebäugelt habe, dass Karl und Gertrud Problemtiere seien, dann bin ich jetzt eines Besseren belehrt. Meine Freundin hat nämlich einen Problemmarder. Genauer gesagt einen Rutschmarder. Was man sich darunter vorstellen darf? Nun, ganz einfach. Einen Marder, der völlig vernarrt in ihren Audi ist und allnächtlich unermüdlich hochkrabbelt und unter großem Gejuchze die steile Windschutzscheibe herunter rutscht. Nachdem die Tiefgarage nicht mit Teppich ausgelegt ist und auch sein tägliches Marderleben ein aktives ist, das oftmals im Schmutz der Stadt und Grünanlagen stattfindet, hinterlässt er dabei unschöne Rutschspuren. Außerdem unterstellt sie ihm, dass er sich mit seinem leicht speckigen Bäuchlein (nein, Bauch, keine Verniedlichungen an dieser Stelle) auf ihrem Dach wargelt. Der Drecksack.

Nun muss man sagen, meine Freundin ist sehr ordentlich, liebt die Sauberkeit und ein wohlduftendes Umfeld, was ihr durch ihre Arbeit mit Kindern eh schon nicht immer leicht gemacht wird. Diese nächtlichen Attacken des Rutschmarders setzen dem Ganzen jedoch die Krone auf. Zumal sie den Unhold schon beim beherzten Enthüpfen durch das Rollgitter gesehen hat und  schwören könnte, dass er ihr mit seinen glänzenden Augen triumphierend oder verschwörerisch zugeblitzt hat. Was sie jetzt schlimmer finden soll, Triumph oder Verschwörung, dadrüber ist sie noch nicht ganz sicher. Meine gut gemeinten Ratschläge, Pfeffer aufs Dach zu streuen, die übrigens auch bei den römischen Katzen nicht sehr weit geholfen haben, haben auch hier versagt. Und so habe ich heute dazu geraten, keinen Pfeffer mehr zu nehmen, weil das Autodach angesichts der Rutschpartien dadurch auch noch verkratzt werden könnte. Wir gehen jetzt zu schärferen Mitteln. Cayennepfeffer. Mal sehen. Bringt auch ein anderes Farbspiel in die glänzende Schwärze. Obwohl, schwarz ist er ja nur noch an wenigen Stellen, weil der Marder unermüdlich nächtelang auf dem Auto rumrutscht.

Theoretisch wären wir nun eine prima Ergänzung: Ihr Rutchmarder könnte meine Tauben jagen und idealerweise aufessen. Allen wäre gedient. Erweist er sich als gelehrig, wäre ich durchaus bereit, über eine Adoption nachzudenken. Auf dem Balkon kann er ja nicht viel Schaden anrichten. Andererseits, wenn ich es recht bedenke, sind Marderhinterlassenschaften wesentlich übler weil größer als die von Karl und Gertrud. Ach, vielleicht sind sie ja doch ganz ok, die lieben Vögelchen. Ich muss mich einfach öfter in der Welt umhören. Am Wochenende habe ich – als ich das Thema ganz kurz in großer fröhlicher Runde eingeworfen hatte – ein großes Echo damit erzielt. Es stellte sich heraus, dass von acht Frauen am Tisch sechs unter Vogelbelästigungen zu leiden haben. Ganze Terrassen und Penthausdächer liegen verwaist mit bleichen Bewohnern im Inneren brach. Nichts hilft. Wenn das mit dem Rutschmarder eine Lösung ist, werde ich ihm ein weiches hübsches Halsbändchen kaufen und mit ihm losziehen. Karl und  Gertrud können mir ja den Weg zeigen.

P.S. Das auf dem Foto ist kein Marder, aber nach meinen nächtlichen Recherchen auf meinem eigenen Parkdeck finde ich, dass durchaus eine gewisse Ähnlichkeit besteht.