Gewinnspiele und Karl und Gertrud

Heute Morgen war ich schon früh unterwegs und wie es inzwischen halt so ist, wenn man Radio hört, kam auch prompt ein Gewinnspiel. Um Seemannsgarn ging es, das aufzudecken war. Ein Mann war in der Leitung, immerhin wurde das Spiel über eine Woche hinweg aufgebaut und es brauchte schon Glück, eine freie Leitung zu bekommen. Ein Frange und auch noch Erzieher. Er klang wahnsinnig nett und wahnsinnig aufgeregt und er wusste alles. Und bei seiner unglaublichen und echten Freude, bei der herauszuhören war, wie glücklich er war, einmal so eine wahnsinnig tolle Karibikreise mit seiner Frau machen zu können, haben sich alle Härchen aufgestellt und ich muss zugeben, mir sind die Tränen gekommen. Ich war so gerührt über diese Freude und das Glück dieses Moments. Sowieso ist es eine Schande, dass Fußballspieler so überdimensional mehr verdienen als Erzieher oder Altenpfleger, aber das ist ein ganz anderes Kapitel.

Diese Bereitschaft zum Mitfühlen und Mitweinen bemerke ich in letzter Zeit häufiger. Ob ein Kind herzzerreißend im Flugzeug schreit, weil ihm die Ohren weh tun (sonst geht es mir nicht so, sonst werde ich eher ungehalten, wenn so ein Zornes- oder Quengelgeschrei gar nicht aufhört) oder ein Sportler seine Lebensbestleistung erbringt – ich bin gerührt und könnte mitweinen. Sind wir dünnhäutiger geworden? Oder nur ich? Haben all die Geschehnisse in den letzten Monaten Löcher in unseren Pelz gebohrt? Wie bei Enten, wenn die Fettschicht weg ist? Andererseits ertappe ich mich dabei, wie ich recht ungerührt Nachrichten schauen kann, in denen über Morde oder Schießereien berichtet wird. Es bräuchte sicherlich ein ganzes Psychologenteam, um das zu durchleuchten. Oder es ist ganz einfach das Alter?

Stopp. Kommando zurück. Keiner muss sich sorgen machen, ich kann – wie ich gerade festgestellt haben – ungerührt und nachgerade grausam sein. Während ich nämlich diesen gefühlvollen, fast schon philosophischen Text getippt habe, hat sich ein Geräusch langsam von meinem Ohr in mein Bewusstsein und von dort direkt in mein Gehirn vorgearbeitet. Es war ein Schaben und ein bisschen ein Quetschen. Dann schoben sich die Bilder von meinem Balkon heute Morgen vor mein geistiges Auge. Die waren nicht schön und voller kreisrunder, weißbrauner Häufchen, die zudem auch noch stark gerochen haben. Eindeutig: KARL und GERTRUD sind zurück. Und Tatsache, hat sich doch der moppelige Karl unter meine Markise geschoppt. Und weil das auch Emotionen sind, habe ich mich angeschlichen, erst für meine lieben Leser ein Foto von dem Frevel gemacht und dann gegen die Markise geschlagen. Karl ist entsetzt weggetaumelt. Ich habe nicht weinen müssen. Bin völlig normal. Karibikreisen und kleine Kinder und Hunde rühren mich. Tauben nicht. Alles gut.

5 Gedanken zu „Gewinnspiele und Karl und Gertrud“

  1. Karl und Gertrud, diese Sache muss anders beleuchtet werden. Mit Liebe! So geht das nicht. Diese beiden armen Geschöpfe Gottes suchen nur ein warmes Plätzchen für den bevorstehenden Herbst und Winter. Wenn die sehr verehrte Bloggerin diese beiden einfach ignorieren könnte, wäre schon viel gewonnen. Evtl. könnte man einen taubengerechten Vogelbauer aufstellen und das Thema Markise wäre gestorben. Ich bin gerne bereit, diesen zu finanzieren, um die sehr verehrte Bloggerin wieder ins Lot zu bringen. Das ist nicht schlimm, wenn diese Täubchen ihr eigenes Haus haben und dort in Ruhe Kinder aufziehen können. Ich rate zum Eierklau, und evtl. Giipseier reinlegen zwengs der Geburtenkontrolle. Ach, man könnte so viel machen. muss ja nicht immer brutal sein. PS: Das Foto ist super!

  2. Also ich würde gerne wieder auf die Dünnhäutigkeit und das Altwerden zurück kommen (zu Karl und Gertrud später). Ich glaube, es ist das Alter, die Erfahrungen, die erlebten Gefühle – alles wirkt auf uns und wir wissen, das Leben kann schnell zu Ende sein und dann erinnert man sich halt gern. Ich finde es toll, was manche Leute trotz Behinderung oder vielleicht deshalb erreichen. Wenn ich die Paralympics betrachte – Wahnsinn. Nun das mit Gertrud und Karl oder wie sie bei mir heißen Herbert und Hildegard. Ich habe ja den ganzen Sommer eine vollge……Terrasse gehabt, weil diese Drecksviecher im Dachgiebel sich häuslich eingerichtet haben. Muss nur noch den Dachdecker rufen, dann kommt ein Gitter hin und das Elend hat ein Ende.

  3. Dass Ihr so böse Mädchen seid, habe ich nicht erwartet. Ich habe, nachdem ich plötzlich zwanzig bis dreißig lässig auf meiner Terrasse rumschlendernde Tauben hatte, mit den anderen Piepslein gesprochen und ihnen gesagt, dass sie ab sofort Hunger leiden müssen. Es hat ca. zwei Wochen gedauert, dann waren die Tauben weg. Bei mir ist in Sichtweite der große Augsburger Taubenschlag und dafür ist es direkt einsam bei mir. Ich habe wöchentlich ca. 12 bis 15 Euro für handverlesenes und selbst gemischtes Vogelfutter ausgegeben und hatte allergrößte Freude an meinen kleinen Gästen. Es sollte nicht sein, aber sie Tauben können halt auch nichts dafür und haben auch Hunger.

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