Vorbei

Ich bin immer wieder fasziniert, wenn emotionale Handlungen unterbrochen und an genau derselben Stelle nach einer Pause wieder aufgegriffen werden. Feuerpausen im Krieg zum Beispiel oder Beziehungen. Man fragt sich dann, wie geht das? Kann man Zorn oder Liebe einfach einfrieren und dann wieder auftauen? Einen Knoten rein machen und dann wieder glatt ziehen? Liebende, die sich nach einem halben Leben wieder finden und einander in die Arme sinken? So mancher Paartherapeut gibt den klugen Rat, in Krisen oder Streits einfach zu unterbrechen, raus zu gehen und oft ist dann alles vergessen. Aber es gibt eben auch Konflikte, die werden nicht vergessen. Dann ist etwas Gravierendes zu Bruch gegangen und bleibt auch kaputt, klebt sich nicht wieder zusammen, egal, was passiert und welche Pause man einlegt. Und egal, was in dieser Pause passiert ist. Das ist sehr traurig, meist will man das selbst ja gar nicht, kann es aber nicht mehr ändern. Es hat eine Eigendynamik entwickelt, gegen die man – ebenso wie der gute Wille – machtlos ist.

Ein ansonsten nicht sehr wortgewandter Bekannter von mir sagte einmal: es ist etwas zerbrochen, ich habe kein Vertrauen mehr. Und mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Der Wunsch und die Nostalgie nach vergangener Unbeschwertheit ist noch da, aber der Weg zurück ist versperrt durch Vertrauensbruch, Enttäuschung, Betrug – was auch immer. Ein paar Mal versucht man es noch, aber die Gestelltheit der Treffen und das höfliche Bemühen machen alles nur noch schlimmer. Der Bruch ist da. Sekundenschnell vollzogen wie ein Terrorakt und ebenso grausam und unwiderruflich. Am besten ist es, den Schauplatz des Geschehens sofort zu verlassen, nicht umzuschauen und nie wieder zu kommen. Allerdings ist das nicht immer einfach. Beide wissen ja, was sie an Gutem verloren haben und hoffen, es auf irgendeine Weise doch wieder haben zu können. Es geht nicht. Fontane hat einen Roman geschrieben: Unwiederbringlich. So sind auch verlorene Freundschaften. Nicht alle, aber die ohne Herzenstiefe. Bei anderen überwiegt das Glück, einander wieder zu haben. Und das Wissen um die Zeit ohne einander macht dankbarer, langmütiger und auch gutmütiger.

2 Gedanken zu „Vorbei“

  1. Manchmal glaubt man aber nur, es ist etwas zerbrochen und es stellt sich plötzlich wieder ein dieses Gefühl für einander. Nun gebe ich der lieben Bloggerin natürlich recht, schön angesichts meines Sternzeichens sagt man mir ja nach, dass wenn man einem Skorpion mal weh tut und das Band zerrissen ist, dann wird er einen Teufel tun, das wieder zu verbinden. Ich bin ja jetzt schon älter und teilweise erlebe, aber doch eine gewisse Gelassenheit, wenn es um Freundschaften geht, manchmal findet man diese Band dann doch plötzlich, man muss es dann halt aufheben und wieder spannen.

  2. Wenn ich nicht zu Beginn des Jahres ebenfalls die Trennung einer 35-jährigen Freundschaft initiiert hätte, würde ich diesen Beitrag einfach mal so beantworten. Die Trennung von meiner Freundin war nur noch der Abschluss eines lange währenden Prozesses. Im Lauf von ca. zehn! Jahren (ich bin ein langmütiger Mensch, meistens) kam immer wieder etwas Neues dazu, das mich zum Überlegen und Nachdenken über Verhaltensweisen in Freundschaften gezwungen hat. Und ganz plötzlich, während eines eigentlich nichts sagenden und für mich belanglosen Telefonates, fiel ein Satz und das war das Ende dieser Freundschaft. Nun öffne ich so gut wie nie irgend jemanden mein Herz, so dass bei mir auch kein schaler Geschmack zurückblieb und heute muss ich sagen, ich bin froh, dass alles so ist wie es ist. Ich kenne Frauen, die 35 beste Freundinnen haben. Das ist nichts für mich. Mir genügt eine, der ich vertrauen kann und die mich aushält. Dann ist das Leben in Ordnung.

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