Wie schon mehrfach erwähnt, bin ich beim Lebensmitteleinkäufen eindeutig ein Jäger und Sammler. Supermärkte sind mir ein Graus und maximal am 24. Dezember, wenn ich mit den Nerven am Ende bin, weil ich so viele verschiedene Dinge für so viele verschiedene Gerichte brauche, erledige ich dort meine Beutezüge. Da ich ansonsten ein ausgesprochen puristischer Koch bin, kann ich die meisten Dinge in wenigen Fachgeschäften kaufen. Und wenn ich nicht gerade Fleisch oder Brot brauche, dann ist es meist Obst und Gemüse und da vertraue ich auf die erfahrenen Hände unserer türkischen Freunde. Bei meinem Lieblingstürken habe ich eine Lieblingsverkäuferin, die so unfassbar zart ist, dass sie im Winter auch mit fünf Schichten Kleidung wie ein schmales Streichholz aussieht. Derweil war sie – allein seit ich sie kenne – mindestens zwei Mal schwanger. Bis zum Schluss!!! Kein bissen ist es aufgefallen.
Heute auf dem Weg zu ihr, habe ich im Radio gehört, dass in Paris ein Terroranschlag vereitelt worden sei, den drei muslimische Frauen geplant hatten. Froh, weil mein Mann nicht in diesem gefährlichen Paris weilt, habe ich meine Einkäufe erledigt und mich ein wenig gewundert, weil sie (weiß gar nicht, wie sie heißt, dafür jetzt, dass ihre 15-jährige Nichte Seline heißt), weil sie mit zwei ihrer Brüder, Cousins, was weiß ich, immer wieder vor dem Laden stand und sie gebannt in Telefone geschaut hatten. Beim Zitronenwiegen habe ich sie gefragt, ob was passiert ist, kann ja heutzutage immer sein. Ja, ihre Nichte läge im Krankenhaus in München mit schwersten Herzproblemen und wartet auf ein neues Herz. Die ganze Familie hat ihren Türkeiurlaub abgebrochen und nun stehen sie deutschlandweit an 300. Stelle für ein neues Herz. Ich habe ihr gesagt, sie soll zu ihrem Gott beten und ich zünde bei meinem eine Kerze an. Und sie hat es genau als das genommen, was es war: Respekt vor ihrem Glauben und Selbstbewusstsein in Bezug auf meinen.
Als ich weggefahren bin, ist mir noch einmal bewusst geworden, dass Muslime (Paris, Terror) und Muslime (meine Obstverkäuferin oder Friseurin) wirklich völlig unterschiedliche Menschen sind und dass Generalisierungen verwerflich und unsinnig sind. Allerdings kann ich nicht bei jedem Fremden, Andersgläubigen über zehn Jahren Obst und Gemüse kaufen, um mich davon zu überzeugen, dass er oder sie dieselben Werte hat wie ich. Ich glaube, Sprache und optische Ähnlichkeit sind die Garanten für Erfolg von Integration. Zwar werden in Schafherden schwarze und braune Lämmer nicht ratsgezüchtet, damit die weißen Schafe den Hirtehund optisch akzeptieren und nicht gleich blökend davon rennen, aber ihr Impuls wäre eben doch das Davonrennen. Und so ist es bei uns eben auch. Kennt man das andere Schaf, sieht man gar nicht mehr, dass es anders ist. Es gehört dann zur Herde, wenn es den Herdegesetzen weitgehend folgt. Ich hoffe, Seline wird gesund.
Dies ist doch ein Zeichen von Familienzusammenhalt, wenn alle gleich den Urlaub abbrechen. Ich weiß genau, was die liebe Bloggerin meint, letztlich sind wir alle Menschen mit Sorgen und Ängsten und diese Verrückten, die anders ticken, sollten uns den Blick auf das Wesentliche nicht trüben. Auch hier in unserem beschaulichen Ort laufen jetzt Menschen mit anderer Hautfarbe und Religionszugehörigkeit herum, suchen am Busbahnhof nach der richtigen Busverbindung und versuchen, ihr Leben zu organisieren. Sicherlich für mich gewöhnungsbedürftig, aber man sollte wirklich immer den Meschen dahinter sehen und ich denke mir dann immer was die wohl alles schreckliche erlebt haben und jetzt müssen sie sich hier in einer vollkommen fremden Welt zurechtfinden. Ganz ehrlich: ich hätte da ein Problem.
Habe ich gelesen, schreibe ich keinen Kommentar.