Nackte Füße

Wir haben Fashion Week in Paris. In der Gegend, in der ich bis vor kurzem gewohnt habe, wäre mir das gar nicht so lange entgangen, aber hier in dieser ruhigen Ecke bemerkt man es nur, weil es aus dem gegenüberliegenden Studio im ersten Stock andauernd blitzt, wenn die Fotografen wieder ein Model in äußerst fragwürdiger, farbenfroher, dafür unförmiger japanischer Mode ablichtet. Am Wochenende haben sich die Limousinen vor unserer Haustüre gestaut und in den Restaurants sitzen aufgeregt schnatternde italienische und amerikanische junge Frauen entweder in düsterem Schwarz oder Männer in verwegenem Farb- und Mustermix. Gerne mit weiten karierten Hosen und irgendwelchen erstaunlichen Oberteilen. Vor allem italienisch, amerikanisch und asiatisch wird gesprochen, was aber alle eint, ist der maximale Willen, sich zu erkälten. Keiner trägt Strümpfe. Und gehöre schon ich aus dem kleinen Augsburg zur Fraktion, die als erstes mit nackigen Füßen in Schuhen herumläuft, so muss ich doch neidlos und mit einem gehörigen Maß an Respekt anerkennen, dass ich hier meine Meister gefunden habe. Es ist ihnen vollkommen egal, dass es unter Null Grad hatte.

Ich hatte das zum ersten Mal in New York gesehen. Damals waren wir in einem schicken italienischen Restaurant, ich glaube, es war das Cipriani, Sex and The City war in den Anfängen und ich ein junges argloses Ding, das nur das Buch gelesen hatte, sonst noch nicht viel damit am Hut hatte. Wir waren über meinen Geburtstag im März, es war also wirklich noch sehr, sehr frisch, um nicht zu sagen, schweinskalt. Ich kann mich noch sehr genau erinnern, dass ich relativ neue, sehr coole hohe schwarze Stiefel mit Absätzen hatte und sie bei jeder Gelegenheit getragen habe. Ich fand sie so unglaublich schick! Bis wir in besagtem Restaurant saßen und um mich herum alle Frauen in kleinen Riemchensandalen oder Pumps saßen. Zwar trugen sie Pelze in beachtlichen Dimensionen, aber die Füße und Beine waren leicht gebräunt und bar jeglicher Bedeckung. Mein unpassendes Schuhwerk hab ich verschämt unter dem Tisch versteckt und bin an die Entstehung und Aussagekraft dieser doch sehr antizyklischen Mode gegangen.

Es musste damit zu tun haben, dass all diese Frauen in Limousinen herbeigeschafft wurden und somit nur die kurzen Meter von ihrem Haus mit Teppich und Baldachin zur Limousine und dann wieder über Teppich und unter Baldachin heutransportiert worden sind. Aus einem Vorort mit der U-Bahn sind unbestrumpfte Beine und Füße um die Null Grad deutlich schwieriger durchzuhalten. Andererseits: vielleicht sind sie der Schlüssel zum Erfolg?? Egal. Hier in Paris jedenfalls trägt kein Mensch, der etwas auf sich hält welche. Um am besten auch keine geschlossenen Schuhe, sondern Schläppchen (nennt man bestimmt auch anders, Pantoletten vielleicht?) oder Singpumps oder eben andere Riemchenschuhe. Weiße Turnschuhe werden schon mal mit Füßlingen getragen, aber das gehört zum Jahrein-Jahraus-Straßenbild und damit lockt man auf den Boulevards nun wirklich keinen Hund mehr hinterm Ofen vor. Ich kann nur sagen, dass ich ich diese extreme Mode nicht mitmache und an diesem Abend mit blickdichten Strümpfen da saß. Und was soll ich sagen: Ich bin diejenige, die erkältet ist. Vielleicht schützt so viel Chupze vor Unbill? Ich kann das beim besten Willen nicht ausprobieren, mich frierts schon auf den Fliesen in der Küche….

Ein Gedanke zu „Nackte Füße“

  1. Als ich hier ins Rheinland zog würde ich darüber aufgeklärt das man hier ab März bis Oktober ohne Strümpfe rumläuft. Nun gehöre ich wirklich nicht zu der Kategorie Frauen die sehr verfroren ist aber wir haben jetzt März und ich werde einen Teufel tun jetzt ohne Strümpfe rum zulaufen. Neulich war ich mit meinem Mann abends unterwegs was wirklich selten passiert und da saßen tatsächlich welche draußen und haben sich ein Kölsch bringen lassen. Also ganz ehrlich die spinnen doch ! Erkältung hin und Mode her ich gebe der lieben Bloggerin recht man muss nicht jeden Trend mehr mitmachen vor allem nicht in unserem Alter habe ich erst heute morgen in der Zeitung gelesen. Dort hieß es:“Man sollte seinen Stil gefunden und eine Identität zwischen Persönlichkeit und Erscheinung hergestellt haben.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert