Fruchtfliegen, Tauben, Bären

Es ist mal wieder so weit, über mein Leben mit Tieren zu sprechen, respektive schreiben. Ich habe zwar keine bewusst angeschafften mehr, dafür umso mehr mehr oder weniger uneingeladene Gäste. Zum Beispiel die Fruchtfliegen. Wenn man, wie ich, Wert auf basische Ernährung legt, wird einem das momentan wahrlich schwer gemacht. Da liegen dann ein paar herrliche Weinbergpfirsiche (ist es nicht toll, dass die Supermärkte sich jeder noch so kleinen Vorliebe anpassen? Wo hätte man früher eine Mango bekommen – ja, ich weiß, böse, garstige Flugmango müsste es heißen, oder eben einen weichen, weißen, saftigen Weinbergpfirsich? Einfach toll!) in der Küche und warten auf ihren morgendlichen Verzehr. Damit ich nicht jeden Tag losrasen muss, wartet der Vorrat für zwei, drei Tage darauf und ich kann die Uhr danach stellen, dass spätestens nach einer Stunde ein Pulk von Fruchtfliegen empört aufschwärmt, kaum, dass ich die Küche betrete. Vom Mülleimer wollen wir jetzt mal gar nicht sprechen. Fürchterlich. Man fühlt sich gleich ein wenig schmuddelig, finde ich.

Bedenkt man jedoch, wie kurz das Leben besagter Fruchtfliegen ist und was sie alles in diesen paar Stunden erledigen (müssen), könnten sie einem bald leid tun. Tauben leben da ja viel länger. Man fragt sich – vor allem angesichts von Karl und Gertrud (jaaaaaa, die gibt es noch!) -, wie lange sie eigentlich leben oder ob sie an ihre Nachfahren ein Büchlein weitergeben mit ihren „schönsten Schlaf- und Ruheplätzchen“? Denn viel anders kann es nicht sein auf meinem Balkon. Diese Dreckstauben sind immer noch da und gerade eben habe ich sie verscheucht, sozusagen kurz bevor sie in die Wohnung hineingeflogen kamen. Blöde Biester. Nun sind aber auch diese Probleme mit Tieren vernachlässigbar, liest man, was einem jungen Mann mit den besten Absichten in den USA widerfahren ist. Der war auf einem kirchlichen Ausflug mit lauter Kindern und war so ausgepowert von den lieben Kleinen und der Natur, dass er von einem Knarzen und Krachen erwacht ist und siehe da, eiderdaus, das Knarzen und Krachen waren die Bärenzähne um seinen Schädel. Angesichts solcher Tier- und Schlaferlebnisse kann sich unsereins glücklich schätzen, wenn er von einer Amsel gegen halb fünf wach geträllert wird. Und zwar aus vielerlei Gründen: erstens weil man so einen leichten Schlaf hat und es keinen Bären und Geräusche braucht, bis man merkt, dass sein Kopf im Maul desselben steckt und zweitens dass es eben doch nur Fruchtfliegen und Vögel sind. Wie so oft im Leben sind es eben die Verhältnismäßigkeiten, die die Zufriedenheit ausmachen.

Mit einem sehr klugen und hoch weideerfahrenen Schaf habe ich das heute auch besprochen: Es gibt Menschen, denen gesteht man einfach nicht so gerne schlechte Laune zu, weil sie einfach keinen Grund dazu haben. Das ist bestimmt manchmal unfair, aber oft hilft es eben bei Missmutigkeiten den Kopf ein wenig nach links und rechts zu wenden. Sozusagen weg von den Fruchtfliegen und Tauben hin zu den Bären, die es ja auch gibt. Zum Glück weit weg.

Vorhang auf, Bühne frei!

Manchmal, nein oft sogar, bringt die Recherche für Artikel tatsächlich nicht nur Lesern, sondern auch mir einen Mehrwert. So zum Beispiel bereits in unseren römischen Sommerferien, in denen wir das Sommerkino und die Notte Romane entdeckt hatten. Warum nicht auch in Paris? Nach einem denkwürdigen Bummel zu Kenzo, Pardon, H&M, den ich alleine gemacht habe, weil selbst mein Mann nur begrenzt belastbar ist, haben wir einen herrlich sonnigen Mittag beim Essen vor dem Louvre verbracht. Allerdings, so fällt mir nun ein, ist es beleibe nicht mit einer solch lapidaren Beschreibung meines Ausflugs zu den Champs-Elysées getan. Dort angekommen nämlich – im Schweinsgalopp, weil die Luft so schön war, die Straßen so leer und Paris an sich auch ganz nett sein kann – hatte ich mich schon gewundert, warum Menschentrauben auf der Straßen stehen. Sie standen da, weil sie nicht auf die Heiligen Felder konnten, ohne vorher eine Taschenkontrolle und Leibesvisitation zu durchlaufen. Paris rechnet mit dem Schlimmsten und tut gut daran. An sich beruhigend in Zeiten wie diesen, zumindest für mich. Man fragt sich dann automatisch, was tun im Ernstfall? In ein Geschäft rennen? Nein. Wahrscheinlich nicht. In eine Metrostation? Auch nicht. Einfach stehen bleiben? Kommt drauf an. Aber Tatsache ist, Paris hat seine Unschuld verloren und mitten im schönsten Moment, das kann beim Essen in einem Restaurant sein oder beim Bummel auf dem Trocadero, schießt der Gedanke durch den Kopf: Was wäre wenn? Wäre jetzt nicht der perfekte Moment für einen Anschlag?

Den Parisern merkt man solche Gedanken natürlich ebenso wenig an wie alle anderen Gefühle. Außer Genervtsein. Das sieht man ihnen 24/7 an. Es ist ihnen ins Gesicht gemeißelt. Und warum das so ist und wie man selbst auch möglichst so wird, haben wir abends in einem Theaterstück gelernt, das ich – wie gesagt – durch Zufall bei einer Recherche entdeckt hatte. In einem wahrlich sehr effizienten Theatersaal, was die Sitzanordnung angeht, steht für eine Stunde ein Pariser, der schon auf den ersten Blick und das erste Wort außergewöhnlich genannt werden kann. Warum? Er hat ein Bäuchlein und er spricht fließend Englisch. Und das Wichtigste an seinem Sprachtalent: er ist auch bereit, es im Umgang mit Nichtfranzosen zu nutzen. Andererseits bekommt er Geld dafür und vielleicht ist er im Privatleben auch einer von denen, die einen mit gerunzelter Stirn anschauen und stereotyp fragen „Comment??“. Egal. Seine gesamte One-hour-Show ist auf Englisch und erklärt, wie man in ebendieser Stunde zum Franzosen wird. Egal ob im Restaurant, in der Metro oder in Zwischenmenschlichen: Pariser sind genervt und zeigen keinerlei positive Gefühle. Das war die Quintessenz dieser lehrreichen Stunde. Um Gegensätze zu verdeutlichen, arbeitete der Entertainer mit dem Publikum. Da war zunächst Sonja aus Saarbrücken, die parisierisch tanzen sollte, aber der Star und Glücksgriff des Abends war Mr. George aus Prescott, USA.

Ganz im Gegensatz zum Pariser Entertainer, der vier Jahre seines Lebens in den USA verbracht hatte, war dieser fröhlich, wohlwollend und bereit, über jeden noch so kleinen Witz zu lachen und sich rundum prächtig zu amüsieren. Er war eine Offenbarung und durfte zum Schluss auf die Bühne, wo er eine Abschlussprüfung bestehen sollte: Grimmig schauen, Taxifahrer schlecht behandeln und französisch tanzen. Es gelang ihm mit Bravour, er hat ein Zertifikat dafür bekommen und sich mords gefreut. Wie er bei der Rückkehr in die Heimat auf die dortigen Entwicklungen reagiert hat, werden wir nie erfahren, aber vielleicht hat er mit genau demselben pragmatischen Optimismus ja auch „Le Trump“ gewählt und amüsiert sich nun auch darüber prächtig. So oder so, Laune scheint ein Grundhaltung zu sein. Hier wie dort. Mal braucht man sie mehr, mal weniger.

Wenn die Erde bebt

Auf unserer Reise quer durch Italien, wo wir zu einem wunderbaren kleinen Opernfestival auf der anderen Seite des Stiefels gefahren sind, kamen wir auch an all den kleinen Orten vorbei, die heute trauriger Mittelpunkt der Medien sind. Bei fast jedem habe ich zu meinem Mann gesagt: Oh, schau, hier ist es so friedlich, wenn wir mal gar nichts von Terrorismus, Gefahren oder Stress mitbekommen wollen, dann mieten wir uns hier eine kleine Wohnung und lassen es uns gut gehen. Das Essen ist wunderbar, die Menschen freundlich, nachts weht auch im Hochsommer ein kühler Wind und tagsüber können wir in einen herrlichen Rhythmus zwischen Frühstückscappuccino auf der Piazza und trägem Mittagessen in einem Bergrestaurant mit Blick über die Täler verfallen. Abends, nach einem langen Mittagsschlaf, wäre dann genau wieder die Energie da, die es braucht, um sich zum Abendessen und einem Bummel aufzuraffen.

So denkt man in der heutigen Zeit, in der jede menschliche Entgleisung am anderen Ende der Welt sofort ins eigene Leben geholt wird, in der man kurz nach dem Aufwachen schon erfahren kann, dass einer im 4.964,39 km entfernten Kabul (Luftlinie) eine Universität beschossen hat oder Ähnliches. In früheren Jahren haben Angehörige per Brief erfahren, dass ihre nächsten Anverwandten verstorben sind, was natürlich auch nicht schön ist, weil Verstimmungen nicht noch kurzfristig aus dem Weg geräumt werden konnten, aber man blieb doch mehr im eigenen Leben. Denn durch die jüngsten Katastrophenmeldungen, die so kurz aufeinander und schon beinahe regelmäßig erfolgen, ist eines anders geworden als früher: Fast jeder hat einen Bezug zu den Orten, an denen Schlimmes geschieht.

Nizza, München, Italien – all diese Orte sind Orte, an die auch „normale“ Menschen reisen, in denen sie vielleicht sogar wohnen. Es kann ein persönlicher Bezug zu ihnen hergestellt werden und das macht die Unglücke noch unglücklicher. Weil uns eben das, was wir kennen und wo wir schon waren, noch mehr betrifft als ein Ort, der 4.964,39 km Luftlinie entfernt ist. Vor allem jedoch hat sich das Leben für all die Menschen in dieser wunderschönen Region Italiens geändert, wo dieses Jahr sicherlich keine „Festa della Amatriciana“ stattfinden wird, das Fest zu Ehren der einzigartig guten Nudeln mit Speck-Zwiebel-Tomatensoße. Wie so oft im vergangenen Jahr wandern unsere Gedanken ins nahe Ausland, zu den Menschen, die ihr Leben nun in ein „Vorher“ und ein „Nachher“ einteilen werden.

Nun auch noch ein Storch

Bestimmt geht es mir nicht alleine so, dass ich mich morgens vor dem ersten Blick ins Internet erst einmal wappne, was nun auf der Welt, in Bayern geschehen sein mag. Meistens scrolle ich dann rasch weiter zu „Panorama“, was mir seit jeher eh das Liebste ist, weil letztlich doch alles aufs Zwischenmenschliche hinausläuft und zum Beispiel ein Film wie „Pretty Woman“ – versteht man ihn zu lesen (!) – mindestens genauso viel Wissen über das menschliche Sein und damit unser aller vermitteln kann, wie eine psychologische Abhandlung. Egal, bin abgeschweift. Heute Morgen jedoch als ich pflichtbewusst schon sehr früh wach war und nicht zu den Glücklichen zähle, die „sich nochmal umdrehen“, hat mich im vermeintlich sicheren Hafen meiner Lieblingsrubrik nahezu Dasselbe erwartet wie im „Aktuellen Tagesgeschehen“: ein randalierender Problemstorch mit Persönlichkeitsstörung.

Irgendwo im Brandenburgischen gibt es den armen Ronny, der sein eigenes Spiegelbild verabscheut und deshalb energisch drauf einhackt, sobald er dessen ansichtig wird. Das Selbsterkennen funktioniert naturgemäß am besten in Scheiben und auf dunklen Lacken. Und die gibts natürlich vor allem bei Autos, am besten bei Autos mit großer Spiegelfläche. Und genau da hört der Spaß auf. Störche ja, auch mit Persönlichkeitsstörung (liegt vermutlich an der Entwurzelung, kommt ja von weit her), aber bitte nicht auf unseren Autos! Apropos Auto: Bei allem Entsetzen über das Tagesgeschehen dürfte sich der ein oder andere Autobauer doch erleichtert die Hände reiben, dass er nicht Opfer des Sommerlochs geworden ist. Und die Griechen eigentlich auch. Und die Engländer. Sie alle profitieren nun davon, was unsere Großmütter schon immer sagten, dass nämlich nichts so heiß gegessen wird, wie es gekocht wird und wenn es doch nicht abkühlt, dann liegt es dran, dass immer jemand nachschürt.

Nun soll das keinesfalls in eine Medienschelte ausarten, jedoch stellt sich schon die Frage, ob die Einzelfälle nun nicht mehr so wichtig sind, weil sie keine Einzelfälle mehr sind oder weil sie veraltet sind und nicht wert sind, weiter behandelt zu werden. Wer erinnert sich noch an den Griechenlandwahnsinn vor – wann war das? Vor zwei Jahren? – den Brexit? Ist all das nicht mehr wichtig oder handelt es sich um das gleiche Phänomen, wie es manche It-Girls mit ihren Handtaschen und Kleidern haben? Sie sind tagtäglich von so viel Luxusgütern umgeben, dass sie Handtasche oder Kleid eben nur einmal tragen und sie dann langweilig finden? Das macht die Dinge nicht weniger schön, aber eben nur zu einer von vielen Möglichkeiten und damit austauschbar. Wie sind wir jetzt von einem Problemstorch darauf gekommen? Keine Ahnung. Ich nehme jedoch mit Sicherheit an, dass der Storch einen Migrationshintergrund hat.

Trittbrettfahrer

Auch wenn wir hier, wie immer wieder gesagt und auch kaum verdächtigt, kein politischer Blog sind, kommen wir nicht umhin, den aktuellen Ereignissen Tribut zu zollen. In ihrer Schrecklichkeit und in ihrer Monstrosität. Es scheint frivol, von römischen Begebenheiten oder Reisevorbereitungen zu berichten. Fast alles scheint unangemessen. Als ich die Nachricht gestern völlig unvorbereitet erfahren habe, einfach so, im Gespräch, war ich so entsetzt, dass ich ein ganzes Land hindurch geweint habe. Warum gerade bei dieser weiß ich nicht. Vielleicht weil keine „echten“ Waffen verwendet wurden oder weil ich vor zwei Wochen dort war? Der Freund, den wir damals dort besucht haben, schrieb mir auf meine Frage, ob es ihn auch so träfe: It’s their disease, not ours. Das ist klug und in seiner Schlichtheit bestechend. Menschen, die das tun, sind krank. Wir nicht.

Vielleicht erschüttert mich das alles auch deshalb so sehr, weil es die Tat eines Trittbrettfahrers ist, die ich schon seit Anbeginn all diesen Wahnsinns für die größte Gefahr erachte. Loser, die es überall auf der Welt gibt und die ihr erbärmliches Wichtelleben mit einem großen Abgang küren möchten. ‚Suicide by cop‘ heißt das unter Profis, Selbstmord durch Polizisten. Das war das Motiv des Irren im Kino neulich ebenso wie das am Nationalfeiertag in Nizza, denn all diesen Menschen ist eines gemeinsam: sie haben nicht genügend Charakter, sich für oder gegen eine Sache einzusetzen, gar zu opfern. Ihre Leben betrachten sie ganz realistisch als gescheitert und beendenswert. Es steckt nicht mal die Flamme der Begeisterung, der Überzeugung dahinter, sie hängen sich einfach an etwas dran, konsumieren es. Wie Trittbrettfahrer das eben tun. Wie der IS es nun auch mit dieser Wahnsinnstat in Nizza tut.

Die Gesellschaft, die Welt hat seit Jeher mit diesen Parasiten der Aktiven zu tun und muss sich damit auseinanderzusetzen. Und solches Verhalten ist beileibe nicht auf große gesellschaftliche, wirtschaftliche oder terroristische Ereignisse zu beschränken. Auch hier, in unserem Blog, der von meiner Seite niemals beworben, erwähnt oder öffentlich benannt wurde, habe ich die Erfahrung gemacht, dass es zahlreiche Konsumenten gibt, die mir auch sehr regelmäßig im täglichen persönlichen Leben begegnen und die mich noch kein Mal darauf angesprochen haben, niemals Farbe bekannt haben, aber doch immer schön still und heimlich an meinem, unserem Leben teilnehmen. Zum Glück völlig ungefährlich.

What you pick you eat!

Von wegen Kindererziehung und Länder regieren ist nur was für Mütter und Väter! Pustekuchen! Konsequenz und bestechende Logik können wir von Theresa May, der Kinderlosen lernen! Die Maßnahme, den wasserstoffblonden, eliteschulengeschädigten Oberschichtsrowdy mit einem außenpolitischen Amt zu betrauen, hat mich sogleich zum Nachdenken angeregt: eine Frau mit so coolen Schuhen, die solche Statements setzt, hat sich auch dabei was gedacht als sie diese Wahnsinnstat begangen hat. Und siehe da, so war es auch. Derjenige, der die Suppe eingebrockt hat, soll sie dann doch bitte auch auslöffeln! Fantastisch, einfach genial. Es wäre ihm allerdings auch zuzutrauen, dass er eine Entschuldigung findet und sich drückt. Mal abwarten!

Gerade in schwierigen gruppendynamischen Prozessen, wenn es um aufmerksamkeits- oder komplexmotivierte Konflikte geht, kann es sinnvoll sein, den Bock zum Gärtner zu machen. Allzuviel Verständnis und mütterliche Güte schaden dann nur. Eine liebe Freundin berichtete mir nach einer Gruppenreise mit ihren Freundinnen, dass die Nahrungsmittelunverträglchkeiten von einer Einzigen die gesamte Gruppe tyrannisiert haben, was ich mir prima vorstellen kann, denn vordergründig ist ja das „die Arme“, sonst hätte sie es ja nicht. Aber der Weg, dass „alle Normalen“ immerzu Vorschläge in Bezug auf Restaurants machen und „die Besondere“ immer noch mäkeliger wird, führt – wie wir in Bayern sagen – in den Wald hinein. Die Energien verschieben sich dann immer noch mehr und zum Schluss ist gar nichts mehr recht und jegliche Bemühungen werden solange bekrittelt, bis der Vorschlagende entnervt aufgibt und dann kommt der Moment der maximalen Zufriedenheit beim „Besonderen“, weil ihn halt wirklich keiner versteht. Deshalb ist es sinnvoll, dem Besonderen die aktive Rolle zu geben und ihn die Konsequenzen seiner Bedürfnisse tragen zu lassen. Er weiß schließlich am besten, was er braucht.

Und deshalb freu ich mich auf Boris! Bestimmt hat er sich was gedacht beim Brexit. Hinzu kommt noch – und das ist schlimm schadenfroh, dass bestimmt jeder in der Politik ein bisschen Dreck am Stecken hat und daher wissen wird, warum gerade er jetzt ein Meeting mit diesem Irrwisch haben muss („Oh Mann, nie mehr belüge ich meine Wähler! Ich verspreche es, wenn dieses Treffen nur bald vorbei ist!“). Ich vertraue fest auf die kathartische Wirkung, die er in seinen zwischenmenschlichen Begegnungen in Europa und vor allem auf der ganzen Welt haben wird. Denn – merke auf, ich wiederhole mich: Keiner ist eine Insel. Man kann zwar auf einer wohnen, aber eben auch dort nur sehr selten alleine.

Endlich krumme Gurken!!!!

Die englische Bildzeitung „Sun“ zählt ihren Lesern gerade die Vorteile des EU-Austritts die Lage vor und da stehen Gurken und wiederverwendbare Olivenölflaschen in Restaurants ganz weit oben. Wer hätte gedacht, dass gerade den Briten, die doch für lange gerade Schlangen vor Bushaltestellen berühmt sind, krumme, wilde Gurken so wichtig sind?! Da sieht man’s mal. Unter der Bowlerhat-Attitüde schlummert ein zügelloser Vulkan. Ein Vulkan, der offenbar auch das Denken mit seinem Lava zerstört hat. Der momentane Launen über eine menschliche Besonderheit, das Planen und Vorausblicken unter Miteinbeziehung verschiedener Variablen triumphieren lässt. Wie schrecklich. Ist es doch schon in zwischenmenschlichen Beziehungen fürchterlich, wenn aufgrund des einmal Zuviel der Partner sich abwendet, endgültig nicht mehr mag und seinen Hut nimmt. Wie groß ist da das Bedauern und glücklich der, der das in jungen Jahren schon lernen durfte, auf dass es ihm eine Lehre fürs Leben mit all seinen Beziehungen sei!

Ich bin seit jeher ein Freund schlichter Ursachen, aber die Schlichtheit dieser Ursache ist in ihren Folgen derart angsteinflößend, dass alles menschliche Denken unter Einbezug aller möglichen Variablen eitel und sinnlos ist. Da waren zwei in der Schule, im Debattierclub, der ein blond, der andere braun und aus irgendeinem Grund waren sie sich nicht grün. Vielleicht zu gleich, vielleicht gleich gut, haben sich gegenseitig bekämpft. Nicht offen, sondern strategisch und andauernd. Und dann kommt einer dazu, der offenbar einen Weg gesucht hat, zur inzestuösen Oberklasse in England zu gehören und wenn er das schon wegen fehlerhafter Geburt nicht schaffen konnte, dann wollte er sich eben auf andere Art und Weise ein Denkmal setzen. Und unter dieser Mischung leiden nun Millionen Menschen. Es ist wie bei einem Krieg, der meistens auch aus so nichtigem Anlass entsteht. Mir macht das Angst, denn momentan schwemmt es so viele Menschen hoch, die Kraft ihrer Ängste und Komplexe nach oben gekommen sind. Weil sich Menschen in ihnen spiegeln können. Pessimisten, Verängstigte, Missgünstige. Menschen, denen es nicht gelungen ist, den friedlichen Zeiten in einer verbundenen Welt Positives für sich selbst abzugewinnen.

Groteskerweise hat der englische Dichter John Donne im 16. Jahrhundert Folgendes geschrieben: „Niemand ist eine Insel, in sich ganz; jeder Mensch ist ein Stück des Kontinents, ein Teil des Festlandes. Wenn eine Scholle ins Meer gespült wird, wird Europa weniger, genauso als wenn’s eine Landzunge wäre, oder ein Landgut deines Freundes oder dein eigenes. Jedes Menschen Tod ist mein Verlust, denn ich bin Teil der Menschheit; und darum verlange nie zu wissen, wem die Stunde schlägt; sie schlägt dir selbst.“ Aber genau gegen diesen uralten, metaphysischen Gedanken hat sich die Mehrheit der Briten ausgesprochen. Das Bedauern bei Denjenigen, die einfach mal einer momentanen Laune Luft machen wollten, die – in eine Urne hinein – mal ihre Meinung sagen wollten, wenn sie meinen, das hätte dann keine Folgen, ist sicherlich groß. Aber vielleicht verstehen am Beispiel England auch Menschen in anderen Ländern, dass sie sehr wohl Macht haben und dass das Stimmrecht in der Demokratie auch mit einer anderen unerlässlichen Eigenschaft einhergeht: Verantwortung. Auch für die Folgen.

Un Raggi(o) di sole – ein Sonnenstrahl in Rom

Politik, Sport und Weltgeschehen besprechen wir hier zum Wohle aller eher in homöopathischen Dosen. Keiner mag sich gerne ärgern, wenn er einen Blog aufmacht. Wenn aber ein solches Ereignis in der Stadt, die einen großen Teil der Beiträge hier motiviert, eintritt, dann müssen wir darüber sprechen. Rom hat eine Bürgermeisterin. Und ich oute mich an dieser Stelle als Frau, die überzeugt ist, dass Frauen Vieles einfach, zügig und organisiert angehen und wenig Energie und Zeit in Selbstdarstellung stecken. Für Rom ist genau eine solche Haltung lebensnotwendig. Nicht überlebensnotwendig, das stellt die Stadt seit Jahrtausenden eindrucksvoll unter Beweis, aber allein die vielen Motorinifahrer würden es ihrer neuen Lupa danken, wenn Steuergelder auch mal in nachhaltigen Straßenbau gesteckt würden und nicht nur als kosmetische Maßname unter Spezln gemacht würden, die ein Kieswerk oder eine Sandgrube haben und denen man keinesfalls das Mischungsverhältnis von günstigen und weniger günstigen Zutaten zum Asphalt vorschreiben möchte.

Dass Signora Raggi auch noch den aussagekräftigen Vornamen Virginia, trägt, gibt noch mehr Anlass zur Hoffnung und leicht ist zu erkennen, dass Rom nach der konstanten Verschlechterung der letzten Jahre soweit ist, sich jenseits von Kompetenz auch an solche Strohhalme zu klammern. Weil es – selbst in den wenigen Jahren und der recht kurzen Zeit, in der ich in dieser Traumstadt leben darf – offensichtlich geworden ist, dass die Stadt in einem schlammigen, klebrigen Abwärtsstrudel ums Überleben kämpft. Rom war schon einmal in seiner Geschichte fast in die Bedeutungslosigkeit versunken. Schafherden sind damals durchs Forum Romanum mäandert, keiner hat mehr einen Pfifferling für die ehemals so große Stadt gegeben. Ich würde mir so sehr wünschen, dass all die Steuern, die erstaunlicherweise ja doch zusammen kommen, für Infrastruktur und Soziales verwendet werden und nicht ausschließlich in widerlich verdreckte Kanäle fließen.

Signora Raggi ist jung genug, hat einen Sohn, dem sie ein Leben in der schönsten Stadt der Welt ermöglichen möchte und interessiert sich nach eigenen Aussagen nicht übermäßig für Politik und wenn sie mit genau dieser Schubkraft antritt und es schafft, sich gegen alles, was ihr in den Weg geworfen wird, zu wehren, es nicht wahrzunehmen oder zu sehen, dann könnte sie tatsächlich die neue Wölfin von Rom werden. Meine Mutter sagt jedes Mal, wenn wir vom Flughafen nach Hause fahren, sie möchte nicht Bürgermeister in dieser Stadt sein. Ich hoffe, Virginia Raggi will eine Bürgermeisterin sein.

Lustige Streiche

Wenn einem ein Film richtig gut gefällt und dann in den Werbepausen nur noch Schlaftabletten, Haarschampoo für dünner werdendes Haar oder Diätpulver auftauchen, fragt man sich zwangsläufig, ob einem der Film auch früher schon gefallen hätte. Eines der beworbenen Produkte ist eine neue Frauenzeitschrift. Sie heißt „Meins“ und ist für Frauen ab 50. Was ist das für ein Hype mit den 50ern? 50 ist das neue 30. Oder umgekehrt. Man ist schon ganz verwirrt. Und was soll das bedeuten? Dass man immer wieder alles vor sich hat? Ich habe mich noch nie wirklich alt gefühlt. Nur wenn ich mich in einem ungeschickten Winkel mit dem Kopf leicht nach vorne geneigt nach unten in den Spiegel schaue. Und das nur, weil ich eine schlechte Hautstruktur am Hals habe. Allerdings war das schon mit 30 so. Und wenn ich in eine Disco gehen muss. Aber das hat mir auch nicht so gut gefallen, als ich noch 30 war. Und natürlich auf Selfies mit dem Iphone auf dem Sofa. Also das ist echt ein solcher Makel und Mangel an diesem Telefon, da brauchen die sich kein bisschen wundern, dass ihr Aktienkurs auf Talfahrt geht. Solange sie das nicht in den Griff bekommen, hilft ihnen auch Warren Buffet als neuer Megainvestor nichts.

Sowieso nützt es nichts, babyglatt auszusehen, aber sich in der Zeit nicht mehr auszukennen oder beim Aldi an der Kasse Schnappatmung zu bekommen, weil die Kassiererin sadistisch schnell die Waren übers Band zieht (in ein paar Jahren kann ich da definitiv nicht mehr hingehen, ich muss jetzt schon aktive Bauchatmung machen, damit ich keine Panikattacken bekomme). Das ist aber alles noch nicht weiter tragisch im Vergleich zu der Meldung, die ich heute Morgen gelesen habe und in der es um „Pranks“ geht. Damit konnte ich zunächst einmal gar nichts anfangen, aber weil ich mich durchaus als aufklärende Stütze meiner Leser betrachte, möchte ich auch an dieser Stelle dergestalt tätig werden. Pranks generell können als Streiche übersetzt werden. In diesem Fall handelt es sich um kleine Videosequenzen, die von Laien an öffentlichen Orten gedreht werden und Konfliktsituationen simulieren, um die Reaktion von unbeteiligten Zuschauern zu dokumentieren. Das können Streits unter Pärchen sein, aber auch – wie am Wochenende in München geschehen – vorgetäuschte Terrorangriffe mit einem Rucksack, aus dem Drähte hängen und verschleierten, arabisch aussehenden jungen Männern in einer Kirche. Die werden dann ins Internet gestellt und sorgen dort für Aufsehen und Anerkennung. Wie krank ist unsere Welt eigentlich? Und wie doof muss man bitteschön sein, um bei so etwas mitzumachen? Soviel steht fest: mit 50 ist man darüber hinweg.

An dieser Stelle erfolgt ein Tipp an die Redaktion von „Meins“: bitte berichtet doch nicht nur über Menopausenprobleme, Zweitehen und leichte Beerenkuchen, sondern auch über aktuelle und zeitgeistige Phänomene. Viele unserer Leserinnen und Leser haben Kinder und da möchte man doch gerne wissen, warum man sie bei der Polizei abholen oder eine Kaution hinterlegen soll!

Contouring, Profilierung, wenig Stil

Nach so viel Lob hatte ich beinahe Ladehemmungen für den nächsten Blogbeitrag. Zum Glück habe ich mit Mare telefoniert, die mir von ihrem Friseurbesuch berichtet hat, bei dem sie vom Friseur über das superangesagte Contouring informiert worden ist. Das wird offenbar gerne von ansonsten eher konturlosen Frauen praktiziert, respektive solchen, die alleine auf ihrem Po eine recht konturierte Kraterlandschaft vorfinden könnten. Wir sprechen natürlich von dieser amerikanischen Familie, die neben Promiskuität und Fettleibigkeit auch mit Geschlechtsumwandlungen und Drogenproblematik von sich reden macht. Auch schmächtige, blassgesichtige Moderatoren, die vermutlich auf dem Schulhof nicht mitspielen durften, geben ihrer Rachsucht an der Menschheit den Namen Sartire und mäandern beleidigend durch die Welt. Sie sagen all die Worte, die sich vorher nicht trauten zu sagen und profilieren sich auf Kosten anderer damit. Das wiederum ist Contouring in der Medienbranche.

Überhaupt ist beim Schminken Vieles ähnlich wie in Mode oder Werbung, jeden Tag wird eine andere Sau durchs Dorf getrieben und das Allerbeste ist es meist, man hört und sieht nicht hin und bleibt seinem Stil treu. Ich würde mich selbst nicht direkt als modischen Typ bezeichnen – sicher, es entgeht mir nicht, wenn Hosen von schmal zu weit gehen, aber so richtig mitgehen tu ich nicht, es steht mir einfach nicht. Zumindest nicht in der Freizeit. Bei Terminen ist es was völlig Anderes. Am Wochenende war ich auf einem herrlichen Fest eingeladen, bei dem ich viele Bekannte von früher wiedergesehen habe. Den Meisten geht es sehr gut und sie sind in der glücklichen Lage, nicht direkt sparen zu müssen. Aber fast keine der Frauen käme auf die Idee, ihr Geld für supermodische Kleidung zu irre teuren Markenartikelrn zu tragen. Wir waren uns alle einig: Basics dürfen sündhaft teuer sein, mäßig eingesetzter modischer Schnickschnack kann saisonal bei H&M oder Zara zugekauft werden (ja, ich weiheiß, es wird unter grauenvollen Bedingungen produziert, aber bei Prada ist das ähnlich, da wird auch nicht alles von der Nonna in einem hübschen Steinhaus in der Toskana zusammengestichelt, obwohl man das bei den Knöpfen durchaus manchmal meinen möchte).

Mit dem Contouring ist es nicht viel anders. Eine Frau, die ihr Leben lang blutroten Lippenstift getragen hat, ist immer auf der sicheren Seite, sie muss nicht hier und dort einen Schatten aufmalen, damit ihr Gesicht mehr Tiefe und höhere Wangenknochen bekommt. Ein Mensch, der etwas zu sagen hat und bei sich ist, hat keine persönlichen Angriffe unter der Gürtellinie nötig.