An unserem Strand gibt es einige Menschen, die wir vom Sehen her kennen. Jedes Jahr kommen welche dazu, mit denen wir ein freundliches Grüßverhältnis haben. Was gestern Nachmittag geschah, geht weit über ein Grüßverhältnis hinaus, wie wir gleich sehen werden. Und das war so: Während ich sehr harmlos und versunken auf meiner Liege liege und lese, tollt mein Mann zum Mülleimer und zurück, schaut, ob das Kajak zum Ausleihen da ist und inspiziert einfach die Gesamtlage (ich hatte glaube ich mal erwähnt, dass er vierzehn Monate jünger ist als ich und am Strand merkt man das ganz besonders). Auf einmal höre ich freudig, laut und ausgesprochen entzückt eine Frau seinen Namen rufen und auch wenn man wie ich ein Ausbund an Vertrauen ist, reißt es einem da dann doch schon den Kopf aus der Schmonzette, denn schließlich ist es doch der eigene Mann und so entzückt muss wahrlich keine andere seinen Namen aufs Meer hinausplärren. Oder?!
Aber als ich sah, wer dort seht, war alles gut. Es war Maria. Unsere süße kleine Maria, die am Flughafen ihre zweite Persönlichkeit auslebt und bei der Sicherheitskontrolle Menschen kontrolliert und vermutlich – je nach Laune – schikaniert. Marias Leben haben wir in den letzten Jahren mitverfolgen dürfen, weil sie schon immer bei Pasquale gearbeitet hat. Nach ihrer Flughafenschicht ist sie immer zu ihm gekommen, um im Restaurant zu bedienen und weil sie das schon so lange tut, ein Sonnenschein ist und Pasquale um die Wichtigkeit von menschlichen Beziehungen weiß, darf sie (so meine Vermutung) umsonst auf den Liegen beim Restaurant ihren Sommer verbringen. Zusammen mit ihrem Sohn und ihrem inzwischen leider Ex-Mann. Wir treffen sie jedes Jahr und sie ist einfach zauberhaft. Und so hübsch. Nun habe ich sowieso die Tendenz und inzwischen fast schon Angewohnheit, Menschen zum Gesprächsbeginn etwas Nettes zu sagen. Sei es, dass ihnen der Rock gut steht oder sie abgenommen haben (wenn es stimmt natürlich nur) oder was auch immer. Mir ist das erst selbst neulich aufgefallen und dass es mir zum Verhängnis werden würde, hätte ich niemals angenommen.
Maria quietscht also entzückt auf als sei meinen Mann erblickt (jede würde das, aber nicht jede darf das!), ich schaue hoch und erkenne sie und quietsche auch. Sie sieht wunderbar aus, tolle Figur, dunkelbraun und einfach fröhlich. Hat außerdem einen sehr hübschen Bikini an. So ein gehäkeltes Oberteil. Ich zeige auf ihr Oberteil und sage ihr, dass es wirklich sehr hübsch ist und ob sie es im Winter gemacht hat. Mache sogar noch ein Häkelbewegung dazu. Ja, sagt sie, im Januar, eine Woche hätte es gedauert. Sie hätte lange überlegt, ob sie es wirklich tun soll, aber so viele um sie herum haben es gemacht und jetzt, wo sie geschieden ist, warum nicht? Gut, denke ich mir, so viel hab ich nie nachgedacht, wenn ich einen Schal gestrickt habe, aber vielleicht braucht sie ja wirklich besonders lange für so ein bisschen Handarbeit. Weh hätte es aber wirklich getan, eine ganze Woche lang. Das hat mich stutzig gemacht und auch, wie sehr sie sich freut, dass man es sieht. Und dann dämmert es mir und ich möchte im Erdboden versinken. Muss man wirklich, wenn man jemandem ein Kompliment für seinen Bikini macht, damit rechnen, dass er anstatt sich ein Oberteil zu häkeln den Winter dazu nutzt, sich die Brüste vergrößern zu lassen??!!!