Es ist nichts so schlecht…

…als dass nicht auch etwas Gutes zu finden wäre. Wie sich vielleicht der ein oder andere erinnern mag, gelte ich inzwischen beinahe europaweit als Maskottchen der Sanitär-Handwerker. Wo ich bin, ist Wasser. Leider gehört es da nicht immer hin. In Rom hatten wir eine Dachterrasse, die leckt, in Paris eine Spülmaschine und in Augsburg ein ganzes Dach. Arglose könnten nun meinen, das könne im fünften Stock, eingebettet zwischen den Stockwerken ja nichts Gravierendes sein, sondern käme sicher von einer Waschmaschine oder Ähnlichem. Weit gefehlt. Aus irgendeinem Grund ist gerade bei mir ein Knick, ein Knie, wie wir Profis sagen, in der Leitung und es sammelt sich das Wasser und das stürzt dann fast ungebremst in die Decke meiner Nachbarin unter mir. Zum Glück ist sie eine freundliche und christliche Seele. Die erste Maßnahme, die Sanitär-Fachleute – oder sollte ich sagen „Sanitäter“? – parat haben, ist „ja gut, dann reißen wir mal die Toilette auf und schauen drunter nach“. Um dies zu vermeiden, habe ich mich inzwischen ausführlich mit der Thematik befasst.

Ich habe nämlich außergewöhnlich schöne Bäder. Mit handproduzierten Fliesen. Einfach genau so, wie ich es mag. Da kommt nicht einfach einer daher und reißt als Erstes alles raus, um dann festzustellen, dass es was ganz anderes war. Und so habe ich meinen Herrn K. kennengelernt. Zunächst war es eine Begegnung auf Augenhöhe, weil ich fachkundig und mutig vor Sorge sagte, der Schaden käme vom Dach. Er fand das interessant, meinen Kaffee gut und war froh, dass die Wohnung und sein Arbeitsbereich sauber waren. Was er mir im Laufe unserer Beziehung (anders kann man das, was wir haben, kaum mehr nennen) aus seinem beruflichen Schatzkästchen erzählte, ist eine gute Basis für eine Null-Diät….Nach einem Dreiviertel Jahr mit einem lärmenden Entlüfter in der Wohnung war klar: es kommt vom Dach. Was eine Totalsanierung des Daches mit Gerüst und allem Pipapo zur Folge hatte. Und wenn man so viel Zeit zusammen verbringt, lernt man einander eben auch besser kennen. Und so habe ich erfahren, dass Herr K. passionierter Jäger ist. Und der Jagdmetzger unseres Vertrauens auf dem Stadtmarkt sein Geschäft schließt.

Und weil wir erst neulich wieder einen Wasserschaden hatten (meine liebe Nachbarin und ich, also sie hat ihn und hat folgerichtig mich angerufen), haben wir uns wieder gesehen und ich habe meine Nachfrage nach Wild erneuern können. Heute um 5.45 hat er mir einen wunderbaren Rehrücken und Schlegel gebracht. Der Rehrücken ist deutlich größer als ich dachte und wir werden lange, lange an Herrn K. denken! Nicht immer ist es so einfach, die Vorteile in einer Malaise zu sehen. Gerade in der aktuellen Phase meines Lebens fällt mir das auch manchmal schwer. Und gleichzeitig bin ich mit so vielen wunderbaren und bereichernden Menschen in Kontakt gekommen, dass ich schon sehr verbohrt sein müsste, um darin nicht auch etwas Gutes und Schönes zu erkennen. Vielleicht lade ich sie ja auch alle zu einem schönen Rehrücken ein?

Unser Prunkschaf

Es ist ruhig geworden in den letzten Wochen. Zumindest im Blog. In meinem Leben war es alles andere als ruhig. Nach einem furiosen Finale ist unser Hauptkommentator und gleichzeitig meine Motivation für diesen Blog, mein geliebtes Prunkschaf, meine Mama am Montag eingeschlafen. Friedlich zu hause. Nach langer, langer und fürchterlicher Krankheit. Es fällt mir schwer, hier weiterzuschreiben, weil der Blog für sie gedacht und betrieben wurde. Wenn ich schon nicht immer da sein konnte, so sollte es doch für mein Prunkschaf jeden Tag eine Motivation geben, wieder aufzuwachen, aufzustehen und weiterzumachen. Man könnte sagen, die Neugierde hat sie am Leben gehalten. Und so war es auch in der Tat. Meine Mama war neugierig. Auf Bücher, Länder, Erlebnisse, Mode – auf das Leben. Zu wissen, dass es jeden Tag einen Gedanken aus dem Ausland gibt, hat sie sehr gefreut. Wir haben nie mit anderen über diesen Blog gesprochen, es war ihrer und zum Glück haben viele, viele andere ihn im Laufe der Jahre entdeckt. Ihre Kommentare werden mir entsetzlich fehlen. Wie sie selbst.

Es

Ich gebe es nicht gerne zu, aber ich werde ängstlich. Bin ich früher noch alleine in Santa Barbara an verlassene Strände gegangen, mit dem Greyhound durch Kalifornien gereist oder mit wildfremden Männern an verlassene Baggerseen, denke ich heute drüber nach, ob das Joggen im Wald um sechs Uhr abends wirklich so eine brillante Idee ist und ob man sich lieber dem Unwillen des Taxifahrers wegen der kurzen Strecke aussetzt als an vermummten Gestalten vorbei nach Hause läuft. Wieso ist das so? Hat das mit zunehmender Erfahrung, mit Überfremdung oder den Medien zu tun? Ich hab mir früher exakt gar nichts gedacht, wenn ich irgendwo jemanden mit den Händen in der Tasche, gesenktem Kopf und Kapuzenpulli gesehen habe. Seit meine Mutter mich auf Kapuzenshirtträger aufmerksam gemacht hat, finde ich sie nun ebenfalls in vielerlei Hinsicht bedenklich. Modisch sowieso, entwicklungspychologisch in jedem Fall und eigentlich auch einfach generell so, als hätten sie etwas zu verbergen….

Ein Buch hingegen ist verantwortlich dafür, dass ich – wie sehr, sehr viele andere aus meiner Generation – keinen Clown mehr ohne Hintergedanken betrachten kann. Den von Mc Donalds schon drei Mal nicht. Als ich ungefähr 16 war, habe ich nämlich ein dickes, großes rotes Taschenbuch gelesen. „Es“. Es ist das Buch, bei ich mich vor dem Umblättern gefürchtet habe und das ich – abgesehen von Clowns und seinem wahrlich grusligen Inhalt – auch wegen einer Tierquälerei nicht mehr gelesen habe. Ich habe diese natürlich sofort überblättert, aber nachdem das Auge bedauerlicherweise eine kurze Zeitspanne braucht, um das Gelesene im Gehirn ordentlich verarbeiten zu lassen, hab ich eben nicht schnell genug weitergeblättert…Blöd. Nun jedenfalls ist die Neuverfilmung dieses Buches in den Kinos zu sehen und kaum einer, der keine Meinung dazu hat. Es ist ein Werk, das meine Generation verbindet, mehr noch als abendliches Schweinchen-Dick-Schauen oder Bonanza oder Dallas. Mir war gar nicht klar, dass ich mit meiner großen Angst nicht alleine war, sondern sich vermutlich nur niemand getraut hat, darüber zu reden. Erstaunlich.

Gestern Abend, auf dem Weg zu meinem Steuerberater und einem Glas Wein, bin ich jedenfalls meinem Nachbarn begegnet, der ein recht mysteriöses Ansehen in unserer spießigen Wohngemeinschaft hat. Vieles wird über ihn und seine sehr scheue blonde Frau gemunkelt und eines eint uns alle fast wie das gemeinsame Grauen vor Faltbötchen, die in Gullys verschwinden: der Ärger darüber, dass er als einziger sein Auto immer auf dem Kurzzeitparkerplatz abstellt und sich hartnäckig weigert, einen anzumieten (den Kinderwagen, das Kinderfahrrad und alles, was man sonst vor einem kleinen Reihenhaus abstellen würde, hat er zu unserem Ärger immer im Hausflur deponiert). Man begegnet ihm also mit einem gewissen Misstrauen. Gestern aber, als ich ihn gegen acht Uhr in Laufkleidung gesehen habe, hab ich ihn gefragt, ob er jetzt noch laufen ginge. Ja, sagt er. Und als ich meinte, das sei wahrlich der Unterschied zwischen Männern und Frauen, sagte er: er habe eine Winterrunde und nichts auf der Welt könne ihn bei Dunkelheit in den Wald bringen und ob ich „Es“ kenne? Na klar, sag ich, einfach schrecklich, hab heute noch Angst vor Clowns. Und dann erzählt er mir, dass er neulich im Keller war und das Licht ausgegangen ist und er sich so fürchterlich gefürchtet hat und völlig außer Atem in seiner Wohnung angekommen ist. Soll er doch auf dem blöden Parkplatz stehen. Er ist einer von uns!

Das Lerchlein in den Lüften schwebt….

….und singt den Himmel an, vom grünen Feld es sich erhebt und grüßt den Ahaaackersmann. So lautete der Refrain des Lieds, das ich mit acht oder neun Jahren im Chor in unserer großen Stadthalle mit meiner damaligen Singschule vorgetragen habe. An diesen Tag kann ich mich exakt erinnern und das ist besonders, denn Vieles sonst ist mir gänzlich entschwunden. Damals trug ich mein Kommunionkleid, das schon ein wenig eng und vor allem sehr, sehr warm war und weil das so war hat mir meine Mutter einen Tip gegeben, den ich bis heute beherzige: Lass kaltes Wasser über die Innenseite Deiner Unterarme laufen, das kühlt den ganzen Körper. Und so war es. Ich glaube, zusammengefasst – ohne die zahlreichen Präsentationen in meinem Leben – kann ich mich noch an zwei weitere Auftritte erinnern und die waren grauenvoll. Einmal als Engel beim Weihnachtsspiel und einmal als irgendein Römer in einer Betttuch-Toga im Gymnasium. Das war auch noch auf Lateinisch, was den Vorteil hatte, dass nur Herr Kunzemüller wusste, ob man patzte oder nicht.

Warum ich all das schreibe? Weil ich gestern wahnsinnig spontan beim Singen war. Und es einfach wundervoll war. Ich hab gar nicht gewusst, wie mir das Singen gefehlt hat. Ich meine jetzt nicht das fröhliche Mitkrähen im Radio oder auf Festen, ich meine das wirkliche gemeinsame Singen, auf andere hören und mit ihnen in einem Chor verschmelzen. Das ist ein Gemeinschaftserlebnis, das mit nichts zu vergleichen ist. Und wie die liebe Bekannte, die mich mitgenommen hatte sagte, man kann dabei an nichts anderes als das Singen denken. Es ist so gesehen die perfekte Yogaübung, bei der Geist und Körper zusammen sind und nur im Jetzt und vielleicht eine kleine Zeile vorweg sind. Ich bin zwar noch keine Zeile vorweg, weil ich keine Noten lesen kann und generell eher einen Achteltakt nachhinke, um zu wissen, wo’s hingeht, aber die Profis huschen schon mal ein bisschen vor, wie ich gestern bemerkt habe. Es ist ein reiner Frauenchor und schon allein das ist wunderbar. Manche kommen abgehetzt, manche gar nicht, es wird geschnattert und – was ich am allerschönsten finde – bei manchen Liedern steht man um den Flügel herum. Das ist sooooo toll!!!

Als ich vor einigen Tagen sehr spontan gesagt hatte „ui, da komm ich mit!“, hab ich gar nicht weiter drüber nachgedacht, was mich erwarten könnte. Das hab ich dafür gestern getan und mich furchtsam gefragt, ob ich wohl auf einem Podest stehen und vorsingen müsste? Gar nach Noten? Ohne Begleitung? Aber nein, alle sind sich ziemlich ähnlich, man darf eigentlich bei der Stimme mitsingen, die einem liegt und keiner wird geschimpft. Ein Traum. Auch werden große Auftritte geplant und ich habe schon vorgeschlagen, dass für den Fall, dass uns gar niemand hören möchte, man ja immer noch in den Zoo gehen könnte. Das wurde als letzte Notlösung in Betracht gezogen. Jedenfalls wird einmal mehr deutlich, dass Anlagen, die in der Kindheit angelegt, gar gefördert werden, zu den erstaunlichsten Zeiten im Leben reaktiviert werden können. Meine Mutter hat immerhin auch wieder mal getöpfert und es zeigt sich, dass es im Menschen drin steckt, Schönes zu tun und danach zu streben und es zu produzieren. Eigentlich wirklich schön oder?

Gesund essen

Gestern war ich kurz in der Stadt und als ich so über den Markt gehuscht bin, haben mich da die wunderschönsten Trauben angelacht, die ich seit langem gesehen habe. Nun bin ich absolut kein Freund unverarbeiteter Trauben (außer sie hängen an der Wand als Produkte wilden Weins bei meinem liebsten launischen Italiener mit dem schönen Gastgarten und mein Mann jault vor Entsetzen auf, wenn ich sie esse), aber diese haben selbst mich gelockt. Pralle grüne samtige Dinger. Einfach schön. Und so appetitliche große Gebinde – der Wahnsinn! Wild entschlossen hab ich auf eine Traube gezeigt, sie mir einpacken lassen und souverän einen Fünf-Euro-Schein hingehalten. Die Verkäuferin hat mich erwartungsvoll angeschaut, ich sie auch, bis sie dann sagte: 8 Euro 41, ach was, machma 8,40 bitte! Wäre fast lang hingeschlagen. Dazu möchte ich sagen, dass ich den Wert eines Einkaufswagens, eines Korbes voller Kleinigkeiten auf der Dult und den Preis eines noch nicht gewogenen Fisches ziemlich exakt schätzen kann. Dieser Preis hat mich schlichtweg umgehauen.

Darf das sein, dass ein gutes Kilo Weintrauben aus Italien mehr kostet als ein Mittagsmenü in der benachbarten Markthalle mit Fleisch, Gemüse und Sättigungsbeilage und Salat und Wasser? Das ist doch krank. Wie sollen Menschen sich denn da gesund ernähren? Wo führt das denn hin? In Rom zahle ich für ein Kilo Trauben (vermutlich dieselben) 2 Euro 50. Der Transport kann doch nicht so teuer sein. Und darf es dann weiter sein, dass ein Brathähnchen 2,99 kostet? Ich weiß, da regen sich alle drüber auf, aber man kann sich auch gar nicht oft genug mit dieser Absurdität beschäftigen. Was ist nun also falsch? Der Preis für tote Lebewesen oder der Preis für Obst und Gemüse? Was geschieht auf unseren Anbauflächen? In vielen Ländern, in denen Obst und Gemüse gut wachsen und einst zur normalen täglichen Nahrung und Kultur gezählt haben, nimmt die Hungersnot und die Erosion und überhaupt alles angeblich zu, weil dort nur noch für uns reiche Europäer angebaut wird. Und dieses Obst und Gemüse ist dann auch noch günstiger. Und ist dann alles, was teurer ist, wirklich so bio und menschen- und umweltfreundlich??

Ich beginne Menschen zu verstehen, denen das ein oder andere in ihrem Leben egal ist, woher es kommt, wie es produziert wird, welche Folgen es für die Umwelt hat. Sie haben einfach weder die Zeit, noch das Geld, noch die Kapazität, sich darüber Gedanken zu machen. Zum Beispiel wollte ich heute eine Fusselbürste kaufen. So eine altmodische, die aus samtähnlichem Stoff besteht und die man so umdrehen kann, damit man mit und gegen den Strich oder mit links und rechts bürsten kann. Ich finde zwar die Kleberollen auch praktisch, aber sie haben halt immer einen Plastikstil und produzieren Müll. Und was soll ich sagen? Es gibt sie im größten Drogeriemarkt unserer Stadt schlichtweg nicht mehr. Sie werden nicht mehr nachgefragt oder nicht mehr angeboten. Was soll das? Ich hatte schon mal über all die blöden Plastikspiele, Becher und so weiter geschrieben, Stammleser können es vermutlich nicht mehr hören/lesen, aber ich finde wirklich, dass die Verbraucher in Extremwerte getrieben werden und einige wenige sich alleine dagegen stemmen – und verzweifeln und ihr Leben dann damit vergeuden. Ich leider nicht mehr. Das waren garantiert meine letzten Trauben dieser Art. Sooooooo wahnsinnig gut waren sie auch nicht und ich hab einen ganz entzündeten Gaumen. Sooooooo bio können sie also auch nicht gewesen sein. Ich weiß schon, warum ich sie verarbeitet lieber mag. Werde mich jetzt einem Glas davon widmen.

Zustellung

Vor einiger Zeit wurde mal eine zauberhafte Kolumne zum Thema „Online-Bestellung“ veröffentlicht. Von einem Mann zwar, aber nicht minder zutreffend. Was natürlich nicht heißen soll, dass Männer grundsätzlich keine Ahnung haben, wenngleich beim Thema „Einkaufen“ durchaus noch Luft nach oben ist. Zumindest bei den meisten. In dieser Kolumne wurde mit spitzer Feder darauf hingewiesen, dass das Online-Shoppen durchaus auch mit mehr Aufwand verbunden sein kann, als das klassische Bummeln und in ein Geschäft gehen, sehen, probieren, bezahlen und vielleicht auch noch beraten werden. Das, meine Herren, ist ein seltener idealer Ausnahmefall und natürlich würde ich über so etwas auch gleich eine Kolumne schreiben. Die Realität sieht hingegen wesentlich betrüblicher aus und nicht immer findet man genau das, was man sucht, weil man ja oft noch gar nicht weiß, dass man etwas sucht, geschweige denn wie genau es aussehen soll. Man weiß nur, welches Gefühl man haben möchte, wenn man es trägt. Oder dass man jetzt ganz genau das Konzept der Frau neulich auf der Rue Saint Honoré getroffen hat, der man ja schwerlich nachlaufen und sie nach allen Details fragen könnte. Davon abgesehen, dass man so etwas niemals tun würde, weil man es schon hasst, wenn einen andere kopieren. Egal.

Dann jedenfalls kommt das Online-Shopping gerade recht. Man sitzt auf dem Sofa, schaut einen Film, von dem man sich deutlich mehr versprochen hat und schnobert so durch die Online-Gazetten. Auf einmal poppt eines dieser unglaublich listigen und einfühlsamen Werbebanner auf und zeigt einen fantastischen Fellmantel. Natürlich weiß man, dass das zugeschnitzte Werbung und damit sehr böse ist, aber der Film ist noch viel böser, weil langweilig und ein Konto hat man ja eh bei dieser Firma. Kann man ja mal schauen. Und dann nimmt das Schicksal seinen Lauf, man bestellt noch ein schwarzes Kaschmirjäckchen der Lieblingsfirma und fertig ist die Laube. Zustellung in drei Tagen. Man freut sich, weil man es – gemäß Wettervorhersage – bereits Mitte September tragen kann….Irgendwann in diesen drei Tagen verlässt man dann selbst als homeofficeschaffender Freiberufler mal die Wohnung und schwupps wird das Paket geliefert. Die Abholkarte grinst einen hämisch an und zum hundertsten Mal fragt man sich, nach welchem Prinzip diese unergründlichen und geheimnisvollen Paketboten ticken? Mal legen sie es vor die Türe, mal geben sie es dem Nachbarn, mal in eine Abholbox und mal bringen sie es in eine Postfiliale, die sage und schreibe 2,4 Kilometer entfernt ist.

Wäre ich nun eine alte gebrechliche Frau und hätte mir eine Büchersendung für meine einsamen Abende bestellt, weil ich die Bücher nicht mehr nach Hause wuchten kann und hätte dann meinen Enkel (so ich einen hätte!!!) gebeten, mich dorthin zu fahren und die schweren Bücher zu schleppen, dann wäre ich gestern genauso wie wie viele andere vor dem Schild „Heute wegen Betriebsversammlung geschlossen“ gestanden. Und was dann? Dann müsste ich ihn entweder am nächsten Tag wieder bitten oder mit der Straßenbahn dorthin fahren, das schwere Paket holen und es nicht nur aus der Stadt, sondern auch noch diese ganze Strecke heimtragen. In diesem Punkt hat der kluge Kolumnist vollkommen Recht. Face-To-Face-Einkaufen hat auch Vorteile. Die sind jedoch eher im spontanen und eher zufälligen Jagderfolg begründet. Alles geplante und vernünftige Einkaufen, wie wir Frauen es eben schätzen, findet im Internet statt. Heute jedenfalls war die Filiale wieder offen und ich konnte ein RIESIGES Paket in Empfang nehmen, das kaum in mein Stadtfahrzeug gepasst hätte. Und was soll ich sagen? Den Mantel hätte ich im Geschäft in der Tat nicht gekauft. Und so auch nicht. Aber das Jäckchen, das ist ein süßes Dingelchen und darf bleiben. Es bleibt also unentschieden.

Brotkörbe und andere Versuchungen

Also ich muss schon sagen: habe ich vor einer Woche noch fürchterlich heiß gehabt, ist es inzwischen empfindlich kühl morgens in Bayern. Ging das immer schon so schnell? Kommt es mir nur so vor? Auch habe ich den Eindruck, dass sich mein Essverhalten einem gesunden Winterspeck-Anfutter-Modus annähert, ich könnte den gesamten Tag über reichhaltigste Kohlehydrate zu mir nehmen. Gestern zum Beispiel war ich auf dem Stadtmarkt eine Fischsuppe essen, die macht der Mann von meinem Yogalehrer und sie ist wahrlich köstlich. Man hat zudem so ein gutes Gefühl, wenn man sie bestellt, weil es handelt sich ja lediglich um Fischfilets….und beließe man es dabei, wäre ja auch alles tipptoppi. Dazu allerdings bekommt man einen herrlichen Brotkorb und damit nimmt das Elend dann seinen Lauf – wie eigentlich fast immer. Ich kann mich noch erinnern, als ich vor über 25 Jahren (jaja, so lange gehe ich schon essen…) mit einer Freundin beim Italiener war und sie sagte: tu bloß das Brot weg von mir! Ich war so verwundert. Böse ist doch nur Schokolade, aber sicher niemals Brot. Oder Wein. Oder gar Nudeln.

Hach, das waren noch Zeiten. Beata Ignoranza! Heute weiß man ja leider von so ziemlich allem, wofür und vor allem wogegen es ist. Gegen flache Bäuche, schmale Hüften, muskulöse Oberarme, für festes Bindegewebe, mehr Hirnleistung und eine bessere Darmkultur. Es ist alles so kompliziert geworden und ich finde auch, dass die Restaurants es einem auch immer schwerer machen. Gestern zum Beispiel war ich abends (ja, ich weiß: zwei Mal am Tag ist auch schändlich!) wirklich erleichtert, dass kein Brot auf dem Tisch stand. Das ging so lange gut, bis Antonio entsetzt sein Auge über den Tisch schweifen ließ und meinte: Meine Güte, man hat euch noch gar kein Brot gebracht. Meine zugegebenermaßen leisen Protestrufe gingen unerhört in seinem schnellen Sprint zur Theke unter und im Nu hatten wir ein überquellendes Körbchen voll mit warmer, weicher Focaccia, hausgemachten Crissinis und noch irgendso einem Teufelszeug. Muss das sein?? Kann man da widerstehen? Ich verstehe jeden Mann, der bei hübschen Frauen schwach wird. Ich werde es garantiert bei Brot. Und die Folgen sind ähnlich schlimm wie ich finde.

Antonio jedenfalls war hochzufrieden und hat mit gütigem Lächeln meine Bestellung aufgenommen, die wie fast immer eine Tagliata war, weil ich mir da zumindest noch ein paar blöde Kohlehydrate spare (ähnlich wie bei der Fischsuppe….). Es ist ja mit vielen Dingen so. Man kauft sich ein günstiges Hemdchen und stellt dann fest, dass es haargenau die Farbe dieser genialen Hose im Schaufenster hat und schwupps landet man bei einer ganz miesen Mischkalkulation. Oder man bringt sein Auto extra zu einer vertrauten und ehrlichen Werkstatt, die einem mal statt ganz viel auszutauschen einfach das Kontrolllichtchen abgeklemmt haben und die wollen dann beim Smart die höhenverstellbaren Scheinwerfer austauschen?! Was ich sagen möchte ist ganz einfach: Es ist immer und überall ein Nullsummenspiel. Die allerbesten Vorsätze werden fast immer untergraben und so kann man sein Geld und die Kalorien auch gleich von Anfang an raus- bzw. reinhauen! Guten Appetit und Horrido beim Herbstshopping!

Fruchtfliegen, Tauben, Bären

Es ist mal wieder so weit, über mein Leben mit Tieren zu sprechen, respektive schreiben. Ich habe zwar keine bewusst angeschafften mehr, dafür umso mehr mehr oder weniger uneingeladene Gäste. Zum Beispiel die Fruchtfliegen. Wenn man, wie ich, Wert auf basische Ernährung legt, wird einem das momentan wahrlich schwer gemacht. Da liegen dann ein paar herrliche Weinbergpfirsiche (ist es nicht toll, dass die Supermärkte sich jeder noch so kleinen Vorliebe anpassen? Wo hätte man früher eine Mango bekommen – ja, ich weiß, böse, garstige Flugmango müsste es heißen, oder eben einen weichen, weißen, saftigen Weinbergpfirsich? Einfach toll!) in der Küche und warten auf ihren morgendlichen Verzehr. Damit ich nicht jeden Tag losrasen muss, wartet der Vorrat für zwei, drei Tage darauf und ich kann die Uhr danach stellen, dass spätestens nach einer Stunde ein Pulk von Fruchtfliegen empört aufschwärmt, kaum, dass ich die Küche betrete. Vom Mülleimer wollen wir jetzt mal gar nicht sprechen. Fürchterlich. Man fühlt sich gleich ein wenig schmuddelig, finde ich.

Bedenkt man jedoch, wie kurz das Leben besagter Fruchtfliegen ist und was sie alles in diesen paar Stunden erledigen (müssen), könnten sie einem bald leid tun. Tauben leben da ja viel länger. Man fragt sich – vor allem angesichts von Karl und Gertrud (jaaaaaa, die gibt es noch!) -, wie lange sie eigentlich leben oder ob sie an ihre Nachfahren ein Büchlein weitergeben mit ihren „schönsten Schlaf- und Ruheplätzchen“? Denn viel anders kann es nicht sein auf meinem Balkon. Diese Dreckstauben sind immer noch da und gerade eben habe ich sie verscheucht, sozusagen kurz bevor sie in die Wohnung hineingeflogen kamen. Blöde Biester. Nun sind aber auch diese Probleme mit Tieren vernachlässigbar, liest man, was einem jungen Mann mit den besten Absichten in den USA widerfahren ist. Der war auf einem kirchlichen Ausflug mit lauter Kindern und war so ausgepowert von den lieben Kleinen und der Natur, dass er von einem Knarzen und Krachen erwacht ist und siehe da, eiderdaus, das Knarzen und Krachen waren die Bärenzähne um seinen Schädel. Angesichts solcher Tier- und Schlaferlebnisse kann sich unsereins glücklich schätzen, wenn er von einer Amsel gegen halb fünf wach geträllert wird. Und zwar aus vielerlei Gründen: erstens weil man so einen leichten Schlaf hat und es keinen Bären und Geräusche braucht, bis man merkt, dass sein Kopf im Maul desselben steckt und zweitens dass es eben doch nur Fruchtfliegen und Vögel sind. Wie so oft im Leben sind es eben die Verhältnismäßigkeiten, die die Zufriedenheit ausmachen.

Mit einem sehr klugen und hoch weideerfahrenen Schaf habe ich das heute auch besprochen: Es gibt Menschen, denen gesteht man einfach nicht so gerne schlechte Laune zu, weil sie einfach keinen Grund dazu haben. Das ist bestimmt manchmal unfair, aber oft hilft es eben bei Missmutigkeiten den Kopf ein wenig nach links und rechts zu wenden. Sozusagen weg von den Fruchtfliegen und Tauben hin zu den Bären, die es ja auch gibt. Zum Glück weit weg.

Das verlorene Wort

Vor einigen Jahren habe ich in einem Artikel ein Wort gelesen, das mir sehr gefallen hat und es leider fast augenblicklich wieder vergessen. Warum? Wieso? Ich wusste um die Bedeutung und habe sie hoffnungsfroh meinem italienischsprachigen Mann dargelegt. Er hat ein paar Vorschläge gemacht, aber obwohl es sich um ein italienisches Wort und eine zutiefst italienische Eigenschaft handelte, kam er nicht mit dem richtigen Begriff um die Ecke, was mich sehr verdross. Über Jahre habe ich diesem Wort nachgejagt wie ein Jäger einem flüchtigen Reh oder Hasen. Mal hab ich das Schwänzle gesehen, dann wieder die plüschigen Ohren und huschwusch war es wieder im Nebel des Waldes verschwunden. Es hat mich geneckt und getriezt. Bis ich es aufgegeben habe. Vor einigen Jahren habe ich es durch übermenschliche Anstrengung erhascht, niedergerungen für einen Moment, aber es war zu schlau und hat sich wieder frei gemacht. Und ist erneut für Jahre verschwunden.

Vor zwei Tagen dann, beim flüchtigen Blättern in einem Klatschblatt, das gerne ein People-Magazin sein möchte, war es auf einmal da. Stellte sich mir direkt vor die Flinte. Breitbeinig und selbstverständlich lächelte es mich an wie um zu sagen: Ok, Du willst mich wirklich. Hier bin ich. Und jetzt haben wir uns – hoffentlich für immer und ewig. Darum schreibe ich auch darüber in unserem Blog, der ja bekanntlich nichts vergisst wie das ganze Internet eben. Das Wort lautet übrigens „Sprezzatura“ und ist an sich ein Neologismus, wobei mir der Begriff Neuschöpfung doch etwas übertrieben vorkommt für ein Wort, das immerhin vor über 500 Jahren „erfunden“ wurde. Forscht man ihm ein wenig nach, treten Informationen zutage, die nicht nur spannend, sondern auch hochaktuell sind. Im Buch über den idealen Mann am Hofe von Castiglione, dem die Schöpfung dieses Wortes zugeschrieben wird, ist genau beschrieben, was einen guten Höfling, meinen Mann der Gesellschaft ausmacht:

„Grazia (Anmut), misura (Ausgewogenheit), ingenio (Geist) und arte (Kunst) sind immer wieder auftauchende Kernbegriffe. Leitmotivisch werden dabei folgende Merkmale des idealen Hofmannes gefordert:
Sprezzatura, mit der man ohne sichtbare Anstrengung seine Aufgaben bewältigt,
eine humorvolle Gesinnung und schlagfertige Konversation,
eine elegante, urbane Lebenshaltung,
unbedingte Aufrichtigkeit in der Konversation mit dem Prinzen,
Gewandtheit im Umgang mit Frauen und Bildung in den schönen Künsten.
Castigliones Hofmann ist universell gebildet und hat vielseitige Fähigkeiten. Der Hofmann Castigliones sollte harmonisch und ausgewogen sein. So wird zugleich kriegerische Tüchtigkeit und kulturelle Bildung gefordert, höfische Anmut und Schlagfertigkeit, Kühnheit und edle Gesinnung werden beim cortegiano vorausgesetzt. Der Hofmann findet seinen Schwerpunkt in der goldenen Mitte, der positiv verstandenen mediocrità. Prinzipiell träfen diese Tugenden auch auf die Frau zu, die jedoch noch durch typisch weiblichen Eigenschaften, wie Umgänglichkeit und Herzensgüte zu ergänzen seien.“

Sehr schade, dass wir keine echten Höfe mehr haben. Aber sehr wunderbar, dass ich mein Wort endlich (wieder) habe!

Würdevolle Meerschweinchen

Frauen oder Mädchen, die gerne Männer sein oder werden wollen, konnte ich noch nie verstehen. Bei jedem Ball gleich aussehen? Bei eigentlich fast jeder Gelegenheit? Kaum eine Mode mitmachen können, ohne als hirnloser Geck zu gelten? Bei Schuhen höchstens zwischen schwarz, braun und – ganz flippig – dunkelblau wählen können? Nein, das ist wahrlich wenig verlockend. Die paar Vorteile, dass man mehr verdient und kürzer bei öffentlichen Toiletten oder auf der Wiesn ansteht, können all die Nachteile sicher nicht wett machen. Und – ich muss es leider so deutlich sagen: ich wollte mich als Mann echt nicht mit Frauen rumschlagen. Ich finde Frauen prima, aber ich bin auch froh, dass die Natur mir mitgegeben hat, sie lediglich als Freundinnen haben zu wollen und nicht als Partner. Nun halte ich mich, wie die meisten Menschen es ja generell tun, für ein Paradebeispiel, dass ein Mann wirklich fast alles in einer Frau finden kann. Ich möchte die einzelnen Rollen und Funktionen hier gar nicht aufführen, aber ebenso wie ich ihn ganz wunderbar finde, gelingt es meinem Mann zum Glück auch, kleine Schrullen liebevoll in mein Gesamtbild zu integrieren.

Immer wieder wird gefragt: was will ein Mann von einer Frau? Wie soll sie sein? Was soll sie mögen? Wirklich nur blond, vollbusig und willig? Vor vielen, vielen Jahren, nach einem kleinen bisschen Wein und mit dieser situativ-typischen Weisheit konnte ich mal fließend auf jene entnervt gestellte Frage antworten: Sie wollen am liebsten eine Frau, die ihnen zu essen gibt wenn sie Hunger haben, lieb ist, wenn gewünscht und einen schlafen lässt, wenn man müde ist. Ich glaube, das kommt weitgehend hin. Wenn sie noch hübsch ist, auch gut. Die schwäbische Erklärung dazu lautet: eine Hübsche isst auch nicht mehr wie eine Hässliche. Klar, wenn sie eine reiche Erbin ist, die ihren Mann im mittleren Management dennoch haltlos bewundern kann, umso besser. Aber ansonsten sind Männer, denke ich, etwas toleranter als Frauen. Die wollen nämlich ordentlich viel. Zurzeit zum Beispiel einen Alpha Softie, was kurz und bündig heißt: draußen ein Wildschwein, drinnen ein Meerschweinchen. Aber bitte ein würdevolles.

Ich frage mich, wie lange Männer das noch mitmachen möchten? Zwar bin ich weit davon entfernt, eine Männerfrau zu sein, schon alleine, weil ich Frauen, die sagen, dass sie sich lieber mit Männern als mit Frauen unterhalten, weil das immer so schön unzickig und direkt ist, nicht mag und sie für sozial inkompetente Nestbeschmutzer halte, die in einer Unterhaltung grundlos Bewunderung suchen und das bei matten Männern leichter geht, aber die ganze Entwicklung mit dem Männerbild nimmt doch inzwischen groteske Züge an. Das ist ähnlich wie in einer Ehe. Ewig lang kann man rumnörgeln, quengeln, stänkern. Der andere hört sich alles immer geduldig an. Bis er es sich eines Tages eben nicht mehr geduldig anhört, genauso ruhig aufsteht und verschwindet. Ich als Mann (und ich wäre bereits mit Mitte zwanzig bei meinen dritten Zähnen angelangt, weil ich ein übler Raufbold gewesen wäre, dem man seine Kommentare eben leider nicht so verziehen hätte wie man es bei einer Frau tut) würde mir das ganze Gfrett nicht antun und schon dreimal nicht gefallen lassen. Weder wäre ich ein Wild- noch ein Meerschwein und schon tausend Mal kein Alpha Softie. Mir wurde beigebracht, dass der- oder diejenige, die Ansprüche stellen, auch im Gegenzug etwas parat haben sollten. Oder es handelt sich schlichtweg um Liebe. Dann ist all dieser Anspruchskram sowieso Makulatur.

P.S. Natürlich ist mir vollkommen klar, dass das abgebildete Tier KEIN Meerschweinchen ist. Dafür eines, wenn nicht gar: mein Lieblingstier.