Wir haben einen neuen Mitbewohner in Paris. Es ist ein Kobold. Und er treibt sehr selbständig sein Unwesen. Eigentlich sollte er saugen, aber er tut noch viel mehr. Er weckt in uns ungeahnte Gefühle. Von Rührung, wenn er vor brummend verschlossener Türe steht, weil er nach dem Auftanken wieder munter ist und wir ihn aber inzwischen vergessen haben über Schreck, weil er eben aufgewacht ist und wieder seinen Dienst aufnimmt und auf einmal röhrend vor uns steht bis hin zu Heiterkeit, wenn er sich in unseren Garderobenständer verliebt hat und gar nicht mehr von ihm runter möchte. Mein Mann ist technischen Neuerungen gegenüber sehr aufgeschlossen und verfährt stets nach dem Motto, dass es besser ist, ein anderer macht einfache Routineaufgaben. Er entwirrt derweil lieber internationale Verstrickungen, liest oder schläft ein wenig. Ich bin da einfacher gestrickt. Bevor ich mich mit so einem sauteuren Ding und all seinen Unzulänglichkeiten (davon gibt es eine Menge!!!!) aussetze, sauge ich lieber in zehn Minuten einmal durch. Ich muss auch keine melodramatische Pause nach 45 Minuten einlegen, sondern schaffe es wie gesagt in zehn Minuten.
In dieser Zeit kann ich über dieses und jenes nachgrübeln und habe anschließend ein gutes Gefühl. Und ja, ich gehöre zu den seltenen Menschen der Neuzeit, die ohne eine Haushaltshilfe leben können, ja sogar lieber ohne sie leben. Das hat viele Gründe. Einer davon heißt Gabriella. Gabriella war und ist vielleicht sogar noch die Schwiegermutter unseres ersten Pförtners in Rom, Claudio. Claudio war der Vorgänger von Massimo und machte seinem Beruf nicht viel Ehre. Er war etwas antriebslos, aber vielleicht wird man mit einer solchen Schwiegermutter ja automatisch so. Verstehen könnte ich es. Gabriella also kam in den ersten Wochen meiner Zeit in Rom. Ich war jung, frisch verheiratet, verängstigt und hatte keinerlei Erfahrung mit Haushaltshilfen (meine Mutter hatte jemanden, aber auch sie hat fluchtartig das Haus verlassen, wenn sie kam und der Tag vorher war ein Horror für uns, weil wir alles picobello aufräumen und saubermachen mussten!). Sie kam einmal die Woche und wenn ich es nicht schon von Anfang an getan hätte, hätte ich diese Tage fürchten gelernt. Irgendwo habe ich mal gelesen, den Umgang mit Personal müsse man mit der Muttermilch aufsaugen. Das habe ich definitiv nicht und ich fürchte, ich werde es auch nicht mehr. Gabriella sollte es mir nicht gerade einfacher machen. Sie kam mit lauter Stimme, nahm Maß, erkannte, dass sie mit mir prima Schlitten fahren konnte und versprühte Reinigungsmittel in rauen Mengen. Wasser und Muskelkraft spielten bei ihrer Putzroutine eine sehr untergeordnete Rolle. Dafür forderte sie wöchentlich mehr und speziellere Mittel, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld und einen Großteil meiner Kleidung.
Ich war ihr ausgeliefert und hatte fortan nur noch einen Gedanken: wie werde ich sie nur wieder los?? Man muss wissen, dass ich zu dieser Zeit ziemlich respektable Projekte mit ziemlich vielen freien Mitarbeitern durchgeführt, um nicht zu sagen: durchgezogen habe. Kein Vorstand, keine hundertseitige Datentabelle haben mich so in Angst und Schrecken versetzt wie die straßenkampferprobte und bauernschlaue Gabriella. Sie war frech wie ich es nicht kannte, anmaßend und unverschämt. Es war ihr mit meiner Höheren-Töchter-Schulausbildung einfach nicht beizukommen. Freundlichkeit war für sie Schwäche und Nachsicht die schiere Idiotie, die es auszunutzen galt. Nun haben wir in Paris auch wieder ein Concierge-Paar und hier versuche ich von Anfang an, neutral und herrschaftlich zu sein. Ganz ist mir das bisher noch nicht gelungen und Pretty, so heißt die Concierge-Gemahlin, schaut mich schon jetzt fragend-mitleidig an und gibt mir zu verstehen, dass wir nur Freundinnen werden, wenn ich mich ergebe und sie einstelle und ihr ganz viel Putzzeugs kaufe. Schon am ersten Tag teilte sie mir mit, dass ich eine Liste bekäme, was ich zu kaufen hätte. Ich sträube mich. Und trainiere stattdessen lieber unseren kleinen Kobold, der leider unter einer Art Staubsauger-ADHS leidet und sich – egal, wo ich ihn absetze und wir haben hier wirklich viel Platz und leider keine Möbel – bockig in einem Eck verkeilt. Wie schön war es, als ich noch selbst saugen durfte!!!
Das hört sich ja wirklich schrecklich an. Ich habe ja auch viel Platz und könnte so einen Kobold gut gebrauchen. Gott sei dank, so scheint mir, habe ich einen Hund und dem könnte ich das nicht antun. Mein Hund dreht schon durch wenn ich am anderen Ende des Staubsaugers hänge und er greift ihn dann auch immer mutig an. Mann möchte sich gar nicht vorstellen welche Kämpfe hier statt fänden. Ich finde saugen auch sehr meditativ und mein Mann klatscht immer laut in die Hände wenn er sich mir nähert, weil ich so dermaßen erschrecke wenn er hinter mir auftaucht. Also an alle Yogis und gestresste macht mehr Hausarbeit das entspannt. Aber ganz ehrlich ein bisschen dekadent wirkt das alles schon Paris, viel Platz, Saugroboter, Concierge !
Dazu kann ich von meiner „kuba libre“ berichten. Ich dachte immer, das sei ein Longdrink, aber nein, das ist meine Perle.
Sie ist Kubanerin und so freiheitlich eingestellt, dass sie bestimmt, wann sie bei mir arbeitet. Z.Z hat sie sich seit Januar Urlaub auf Kuba auf unbestimmte Zeit genehmigt und ich werde nun meinen Osterputz selbst in Angriff nehmen. Oh wenn ich noch so Jung wäre wie die verehrte Bloggerin, dann würde ich gerne auf meine promovierte Staubsaugerpilotin verzichten und müsste dann nicht wie unser unvergessenes
Prunkschaf das Haus für die Reinigung verlassen und ich
wuerde auch zu meiner Zufriedenheit arbeiten.