Seit heute morgen um sieben Uhr sitze ich wie eine Braut am Hafen vor dem Fenster und starre auf den Platz hinunter. Und eigentlich kann kaum eine Braut sehnsüchtiger geschaut haben als ich. Ich habe nämlich gestern Abend um 18.33 Uhr (sic!) eine E-Mail bekommen, dass unser Gästesofa heute zwischen sieben und neun Uhr geliefert werden wird. Ich finde es recht sportlich, erst zwölf Stunden vorher eine solche Information zu erhalten, aber wir Deutschen sind halt auch recht verplant und nur wenig spontan. Stimmt schon. Nun ist es 11.19. Hinter mir liegen mehrere ratlose Gespräche mit meinem Mann, eines mit dem genervten Mann vom Relais Colis, was wohl die französische Verladestelle für alles Mögliche ist, der meinte, die Lieferung sollte zwischen sieben und neun zugestellt werden, habe sich aber wohl verzögert und eines mit Kris, dem Concierge, welcher meint, das sei gar nicht normal und läge bestimmt am Schnee der letzten Tage (sic!!!). Dadurch seien sehr viele Lieferungen verzögert worden. Was einem das Leben im Ausland also in jedem Fall abverlangt, ist eine muttertheresaartige Lang- und Demut. Und Sitzfleisch.
Eine Bekannte, die erstaunlicherweise ums Eck wohnt (und das im großen Paris!) meinte, sie käme dann am Nachmittag um das Sofa zu bewundern, aber fürchte, sie wird auch bis dahin mit mir alleine Vorlieb nehmen müssen….
So, es sind jetzt weitere viereinhalb Stunden vergangen. Ich habe alle Tricks versucht, bin sogar einkaufen gegangen, was normalerweise – allerdings ohne Vorsatz – immer funktioniert. Hat es jemand schon mal eilig gehabt und musste an jeder Ampel anhalten? Klar. Und wollte sich schon mal jemand an einer roten Ampel die Lippen nachziehen? Na, bitte, grüne Welle. Das Einkaufen hat nicht funktioniert, aber dafür was viel Tolleres. Der Metzger, bei dem ich mich langsam hocharbeite, hatte zu. Nun wollte ich aber meine hart erkämpfte Freiheit nicht untätig und vor allem ebenso erfolglos verstreichen lassen wie den übrigen Tag und habe im Handy eine andere gesucht. Auf dem kurzen Weg dorthin habe ich nicht nur ein sehr hübsches zugewachsenes Haus entdeckt, sondern gleich gar ein neues Viertelchen und – man höre und staune – einen Metzger, der ausschließlich glückliche freie Tiere verkauft. Dafür haben zwei Hühnerbrüstchen mit Fuß (oder Flügel?! dran) auch zwanzig Euro gekostet. Er hatte sie schon zerlegt, da wollte ich nicht schwierig werden. Und außerdem spricht er auch Englisch. Bin froh, wenn ich mal nicht muhend oder gackernd in einem Laden stehen muss, um zu erklären, was ich möchte.
Auf dem Rückweg bin ich dann doch im Obst- und Gemüsetempel vorbei, bei dem ich allerdings inzwischen auch schon gelernt habe, dass er versteckte Fallen beherbergt und man etwas achtsam sein muss. Vor allem mit den unterschiedlichen Preisen. Zu den Cashewkernen wollte ich noch Suppengrün kaufen, denn derart teure und glückliche Hühnerschenkelchen dürfen nicht ungenutzt bleiben und auf die Frage, ob ich eine Suppe draus machen wolle, habe ich natürlich eifrig genickt. Eine Rübe und ein Stängelchen hatte ich schon, fehlten also nur noch Zwiebeln, die ich eh kaufen wollte. Einzeln gab es die unterschiedlichsten, aber in einem praktischen Netz wie bei uns nur eine Sorte. Also dann die. An der Kasse musste ich mein Stängelchen Sellerie tatsächlich wiegen (muss ich in Rom NIEMALS und auch die Rübe nicht!!!) und dann war große Verwirrung, was wohl die Zwiebeln kosten. Als die Kasse 9,95 zeigte, dachte ich mir, naja, werden wohl die Cashewkerne sein, aber dann stand auf einmal 13,61 da und auf dem Kassenzettel durfte ich dann lesen, dass ich die wohl exklusivsten Zwiebeln der Welt gekauft habe: Oignon de Roscoff. Hmpf. Habe mir zur Sicherheit gleich mal das Rezept auf der Innenseite aufgehoben. Man will sie ja nicht vergeuden und nur das Beste damit anfangen. In den Kühlschrank dürfen sie übrigens auch nicht. Schade, den hätte ich. Dafür hat die Verpackung – wenn ich mich noch recht entsinne – eine ähnliche Farbe wie das Sofa, das ich leider immer noch nicht habe…
Das scheint ja wirklich spannend zu sein in Paris eine Wohnung einzurichten. Aber die liebe Bloggerin ist ja von Rom und auch vonAugsburg einiges gewohnt und durch ihre Yogaerfahrung (Om) kann sie das bestimmt alles weg atmen. Der teure Einkauf allerdings muss doch eine sparsame Schwäbin zur Verzweiflung gebracht haben. Oder wird man da in Paris demütiger weil es eben Paris ist und da eh alles teurer ist. Nun ja! Ich bin schon sehr gespannt auf das Gästesofa und hoffe das ich in den Genuss kommen es mal auszuprobieren.