Grüße aus der Küche

Südtirol ist ein wunderschönes Zwitterland, aus dessen – gerade für deutsche Gäste – komfortabler Vielfalt ein unverwechselbarer Charakter entstanden ist. Hier bin ich seit ein paar Tagen und das auch noch in einem Hotel, das das Wunder vollbringt, seit über dreißig Jahren ein und denselben Koch zu haben. Eine familiäre Symbiose hat hier stattgefunden und davon profitieren vor allem die Gäste. Werner, der Koch, erfüllt seine Aufgabe mit Liebe und Leidenschaft. Bespricht man ein umfangreiches Menü mit ihm, merkt er sich jede Nuance, jede Vorliebe, einfach alles. Hin- und Herspringen zwischen seinen vielen Vorschlägen ist gar kein Problem, zum Schluss kann er sich exakt erinnern, was der Gast an sich wollte. Ich habe davon besonders profitiert. Vielleicht weil ich sein Kochherz dort getroffen habe, wo es am empfänglichsten ist. Am Versorgerinstinkt.

Die ersten beiden Abende gab es viele kleine Köstlichkeiten, liebevollst angerichtet. Mir war gar nicht bewusst, dass man von etwas so minikleine Portionen zubereiten kann. Persönlich koche ich meist nach dem Motto „viel von einem“, während mein Vater gerne in üppigen Variationen kleinster Köstlichkeiten schwelgt – ein veritabler Interessenkonflikt. Bis zu dem Moment, als ich morgens in meiner Mußestunde an der Rezeption den Koch getroffen habe und ihm gestanden habe, dass es zwar köstlich, aber für einen ausgewachsenen Menschen, der tagsüber nichts essen kann, doch ein wenig wenig ist. Das hat ihm ein Leuchten in die sanften Augen gezaubert und als ich ihm gestanden habe, dass ich am liebsten in seinem Radiccio-Risotto mit Taleggio (ein bis zwei Esslöffel!) gebadet hätte, war es um ihn geschehen. Mir geht das ja ähnlich. Kaum eine größere Freude kann man mir machen, als sich ein Essen zu wünschen.

Gestern Abend nun habe ich von Werner eine Liebeserklärung an der anderen aus der Küche erhalten. Mein Hummer war größer, mein Risotto mit einem feinsten Filet bestückt und von dem sowieso riesigen Rombo habe ich noch ein Extrastück bekommen. Es war herrlich, mein Vater war fassungslos und ich hochzufrieden. Leider werde ich die nächste Woche noch oft an Werner denken, spätestens dann, wenn ich mir Abend für Abend eine Gemüsepfanne mache. Hat eben alles seinen Preis.

2 Gedanken zu „Grüße aus der Küche“

  1. Ja, leider führen solche Exzesse ja zu leichten Gewichtsschwankungen, also tapfer sein, liebe Bloggerin, beim ersten Gang auf die Waage. Ich komme noch einmal kurz auf die Lerche und die Nachtigall zurück. Ich weiß jetzt, dass es wohl vererbbar ist. Meine Tochter und ich saßen heute morgen um halb acht am Tisch und waren voller Tatendrang, sind also fröhlich mit unserem sehr dankbaren Hund eine Runde um den Ölberg gelaufen, haben in einer kleinen Bäckerei gefrühstückt und die Leute beim Kirchgang beobachtet. Lauter kleine Bräute, die sich heute zu Gott bekannt haben. Zuhause gleich Käsekuchen gebacken, Kinokarten reserviert, usw.! Mei, und was soll ich sagen? Die Jungs, denen wir einen Zettel geschrieben haben, damit sie sich keinen Sorgen machen (Ha), kamen dann erst aus ihren Löchern gekrochen. Ich verstehe das nicht!

  2. Offenbar gehöre auch ich zu der Spezies „Vielfraß“. Mit so kleinen Portionen kann ich rein garnichts anfangen, denn ich esse nur dann, wenn ich wirklich Hunger habe und nicht wenn ich Appetit verspüre. Das kenne ich fast nicht. Wenn mein geliebter Fußballgott und ich in der Küche stehen und beginnen unser Essen vorzubereiten, sind die Abläufe mittlerweile derart routiniert, ich schnippsle die Zwiebel – meistens – und halt die groben Sachen, für die Feinarbeit habe ich mir einen Spezialisten herangezogen. Mittlerweile kann ich ihn selbstständig arbeiten lassen, denn er hat eine schnelle Auffassungsgabe und lernt gerne und gut. Also bei uns gibt es in längstens dreissig Minuten ein sehr gutes, anspruchsvolles Essen, egal ob mit Fleisch oder Fisch, Beilagen jeglicher Couleur und, was immens wichtig ist, in ausreichender Menge. Jahrelang haben wir zwei immer für vier Personen gekocht, jetzt, seit der Fußballgott auf Diät ist, haben wir auf zwei bis drei reduziert. Es ist schon noch immer viel. Und manchmal, so wie heute, verweigern wir. Weil der Fußballgott wollte ausprobieren, wie das schmeckt wenn wir Rumpsteak auf Niedrigtemperatur machen. Wir haben heute auf das Essen verzichtet, ich habe Quark gegessen, mein Küchenchef Leberkäse. Man stelle sich vor, so ein lächerliches Rumpsteak brauch ca. 1 – 1 1/2 Stunden bei 80 Grad. Da müssten wir ja kurz nach dem Frühstück anfangen zu kochen, da habe ich noch keinen Hunger und ohne Hunger koche ich nicht.

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