Ich bin sozusagen die Heldin der letzten Nacht. Am Pool beglückwünscht man mich zur Pulverisierung der Brasilianer, der Metzger fragt ehrfürchtig nach meiner Meinung zum Finale und unser Pförtner scheint die Leistung der deutschen Mannschaft eins zu eins auf mich zu übertragen und betrachtet mich mit völlig anderen Augen. Nun muss ich zugeben, dass ich nur durch Zufall nach einer recht netten Schnulze (wir sprachen bereits darüber, wie herrlich das Fernsehprogramm während der WM ist) gegen viertel nach zehn in das Spiel hineingeschaltet habe und etwas betrübt war, das einzige Tor verpasst zu haben. Sowieso war ich verwundert, warum so rasch? Warum in der ersten Halbzeit und nicht in der Nachspielzeit? Aber was versteh ich schon von Fußball?
Das sollte sich in den nächsten fünfzehn Minuten bewahrheiten, als ich mich gewundert habe, warum bei der Wiederholung immer ein anderer Winkel gezeigt wurde. Erst als der Torzähler sich wie ein Pariser Taxameter bewegt hat, habe ich verstanden. Es waren wirklich so viele Tore. Einfach unglaublich.
Bis Sonntag hätte ich jedenfalls eine recht kommunikative und glorreiche Zeit hier in Italien, das nun völlig frei und unbeschwert diese WM verfolgen kann. Der Groll ist verflogen, die Schmach fast schon Geschichte und jetzt kommt wieder der ganz normale Sportsgeist und die Leidenschaft für Fußball durch. Bei meinen Expertentips (sic!) muss ich mich vage halten, was ich aber gelernt habe, ist, dass man am besten fährt, wenn man alle potenziellen Gegner als „molto forti“ bezeichnet und auf eine gehörige Portion „fortuna“ hofft. Das macht sympathisch und schließlich will ich ja den Sommer hier verbringen.