Eigentlich sollte ich hier bleiben

Ich bin sozusagen die Heldin der letzten Nacht. Am Pool beglückwünscht man mich zur Pulverisierung der Brasilianer, der Metzger fragt ehrfürchtig nach meiner Meinung zum Finale und unser Pförtner scheint die Leistung der deutschen Mannschaft eins zu eins auf mich zu übertragen und betrachtet mich mit völlig anderen Augen. Nun muss ich zugeben, dass ich nur durch Zufall nach einer recht netten Schnulze (wir sprachen bereits darüber, wie herrlich das Fernsehprogramm während der WM ist) gegen viertel nach zehn in das Spiel hineingeschaltet habe und etwas betrübt war, das einzige Tor verpasst zu haben. Sowieso war ich verwundert, warum so rasch? Warum in der ersten Halbzeit und nicht in der Nachspielzeit? Aber was versteh ich schon von Fußball?

Das sollte sich in den nächsten fünfzehn Minuten bewahrheiten, als ich mich gewundert habe, warum bei der Wiederholung immer ein anderer Winkel gezeigt wurde. Erst als der Torzähler sich wie ein Pariser Taxameter bewegt hat, habe ich verstanden. Es waren wirklich so viele Tore. Einfach unglaublich.

Bis Sonntag hätte ich jedenfalls eine recht kommunikative und glorreiche Zeit hier in Italien, das nun völlig frei und unbeschwert diese WM verfolgen kann. Der Groll ist verflogen, die Schmach fast schon Geschichte und jetzt kommt wieder der ganz normale Sportsgeist und die Leidenschaft für Fußball durch. Bei meinen Expertentips (sic!) muss ich mich vage halten, was ich aber gelernt habe, ist, dass man am besten fährt, wenn man alle potenziellen Gegner als „molto forti“ bezeichnet und auf eine gehörige Portion „fortuna“ hofft. Das macht sympathisch und schließlich will ich ja den Sommer hier verbringen.

4 Gedanken zu „Eigentlich sollte ich hier bleiben“

  1. Die Brasilianer haben das auch mit dem Wünschen probiert und wahrscheinlich noch einen saftigen Voodoozauber hintangehängt und schon ist der Schuß nach hinten losgegangen. Also im Hinblick auf den letzten Artikel werde auch ich es nochmals mit richtigen festen Wünschen versuchen. Für heute Abend z.B.: Lieber Gott, bitte lass die Holländer NICHT gewinnen. Weil, sonst muß mein Robbelchen gegen uns spielen und dann fallen wieder alle, einschl. meinem Fußballgott über mich her, wenn die aus Versehen auch noch gewinnen. Lieber gegen Argentinien im Endspiel als gegen die Niederländer. Wie Voodoo geht weiß ich nicht, aber wollen tue ich den Sieg unserer Manschaft schon.

  2. Das ist ein wunderbarer Blog. Ihr lese ihn gerne. Viele Grüße an Gertrud und Karl, die ich hoffentlich morgen persönlich kennen lernen werde. Helmut.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert