Körpersprache

Es heißt, der Körper würde quasi unabhängig von dem, der ihn gemeinhin steuert, kommunizieren. Ganze Fernsehserien beschäftigen sich mit Augenbewegungen, Handhaltungen und anderen vegetativen Reaktionen. Bei Verhören oder in Verkaufstrainings sind Körpersignale schon längst der totale Renner. Wir haben also gelernt, auf Blinzeln, Erröten, Hand- und Fußhaltung etc. zu schauen. Um daraus einen Vorteil zu ziehen. Was wir manchmal noch nicht gelernt haben, ist auf die Signale aus dem eigenen Körper zu hören. Müdigkeit, Blasssein, Übelkeit oder Schmerzen. Glaubt man seinem Körper, ist er dann an einem Punkt, an dem er Erholung braucht. Einen Spaziergang, ein Schläfchen oder einfach nur eine Tasse Tee mit Plätzchen. Er freut sich in der Regel darüber, wahrgenommen zu werden und arbeitet im Anschluss munter mit einem weiter. Ignoriert man die Zeichen zu lange, kann es sein, dass er ruppig und grantig wird und einen niederstreckt. Das endet im schlimmsten Fall tödlich. Warum hört man nicht auf ihn?

Ich kenne ganz viele Leute, die sind superstolz drauf, dass sie trotz Fieber, Schicksalsschlag oder gerade überstandener Krankheit schon wieder joggen gehen, arbeiten oder Weltreisen antreten. Dann haut’s ihnen irgendwann das Gestell zusammen, wie man in Bayern so lapidar sagt und sie sind völlig fassungslos und empört. Wo ist die Grenze? Was ist die richtige Balance? Denn immer nur rumliegen ist ja sicherlich auch keine Option. Wer keine Grenzen antestet, wird sie auch nicht erweitern, aber auf der anderen Seite – muss man das? Vermutlich schon, wenn es doch immer heißt, das Glück läge auch darin, seine Grenzen zu erforschen und dann zu erweitern und in der Erweiterung zu bestehen? Ach, es ist eine schwierige Gratwanderung. Ich habe noch nie davon gehört, dass Menschen, die immer auf dem Sofa liegen und RTL2 schauen, superglücklich sind. Manager in Hamsterrädern natürlich auch nicht. Bauern vielleicht? Die, denen die Natur den Rhythmus vorgibt? Aber dann nur solche, die ihr Land und ihre Kühe nicht vergewaltigen müssen, um EU-Richtlinien zu genügen. Und schwupps sind wir in einer umfassenden Gesellschafts- und Wirtschaftskritik. Und schwupps schon wieder zurück auf der Ebene, die jedem von uns zur Veränderung zur Verfügung steht: Das eigene Selbst.

Und das ist anerkanntermaßen der schwierigste Bereich. Weil er Taten verlangt, statt Worte. Aushalten, dass man in Frage gestellt wird. Denn lebt man nicht auf einer einsamen Insel, wird jede Veränderung – auch die an sich selbst – Fragen und Unsicherheiten im Umfeld aufwerfen. Und Versuche, die Person, die man zu kennen meinte, wieder zurück in die bekannten und sicher vertrauten Bahnen zu schubsen. Einen neuen anderen Weg mit ihm zu gehen, würde ihn auf den Kern seines Wesens reduzieren, der ja trotz aller Änderungen gleich geblieben ist, aber den nur die Allerwenigsten kennen, weil sie gar nicht zu ihm durchkommen möchten oder können. Weil meistens nur die jeweiligen Kerne der Menschen miteinander sprechen können. Hülle und Kern finden nicht zueinander und weil so viele Menschen nicht durch ihre eigene Hülle hindurch zum eigenen Kern kommen, bleibt es oft bei Hülle zu Hülle. Und dann verstehen diese sich nicht mehr. Logisch. Die Menschwerdung jedoch – so habe ich erst neulich wieder gelesen – sollte uns das wichtigste Lebensziel sein. Warum? Was tun wir damit? Ich denke da jetzt einfach noch weiter drüber nach. Und ihr müsst mitdenken, weil ich meine jeweiligen Fortschritte sicher immer wieder aufschreiben werde. Vor allem jetzt in der staden Zeit. Aber für wen ist die eigentlich stad? Auch diese Pause wird von den Wenigsten genutzt.