Impact Investing

Das Gehirn hat eine vorherrschende Arbeitsweise: Es versucht neue Anforderungen und Aufgaben so schnell wie möglich als Routinen und Standardprozesse zu definieren, weil alles, was standardisiert ist, weniger Energie kostet und somit Ressourcen geschont werden. Was dann allerdings mit all den geschonten Ressourcen geschieht, nutzt man sie nicht für irgendetwas anderes und studiert zum Beispiel in seiner Freizeit Philosophie oder trainiert zumindest mit fünf Orangenn das Jonglieren, wissen wir leider auch ganz genau. Die solchermaßen geschonten und nicht genutzten Ressourcen verkümmern, schauen sich noch einmal traurig um und ziehen dann leise die Türe hinter sich zu, um erst mal zu verschwinden. Bestes Beispiel sind unsere Muskeln. Wer schon einmal etwas gebrochen hatte, weiß, dass sich die Muskeln innerhalb weniger Tage zurückbilden. Zumindest können sie relativ schnell wieder aufgebaut werden. Bei vielen Teilen des Gehirns geht das zum Glück auch, wie ich jüngst erfahren durfte. Denn mein Hirn hatte in der letzten Woche wahrlich viel Möglichkeit, die Muskeln spielen zu lassen. Ich habe es sozusagen vertikal und horizontal gefordert.

Vertikal durch das Zusammentreffen mit Menschen aus völlig anderen Lebensbereichen. Die von ganz anderen Dingen umgetrieben oder eben auch nicht werden als ich. Die auf gänzlich anderes Wert legen und das, was ich ziemlich wichtig finde, total ignorieren. Die für eine dreitägige Reise genau ein Polohemd, ein Sweatshirt und eine Hose mitnehmen und das natürlich dann auch beim Wandern, beim Abendessen und in der Stadt tragen. Ich hätte schon Angst, dass mir das Frühstücksbrot mit der falschen Seite runter fällt (übrigens ist das nicht persönliches Pech, wenn das passiert, sondern reine Physik, weil die Seite mit der Butter und der Marmelade die schwerere ist, hab mich da mal informiert, weil es über Kassenschlangen, die immer bei mir am längsten sind, nichts Brauchbares gab). Die sich dafür stundenlang über Hamburger Ortsteile auslassen können. Oder wiederum Menschen wie ich sie im letzten Beitrag beschrieben habe. Die einfach aussteigen und dann aber im Aussteigen genauso weiterleben wie daheim und ihre Partner eben dann mit dem Material vor Ort betrügen, also gänzlich ortsungebunden. Aus sich selbst steigt man eben doch nicht ganz aus. Um es kurz zu machen: Menschen, deren Leben man nicht kennt und die allein schon dadurch neue Aspekte ins Gehirn bringen.

Gestern wiederum war ich beim Abendessen mit einem zauberhaften – nun erwachsenen – Mädchen, die mich schon vor zehn Jahren sehr beeindruckt hat, weil sie bereits damals recht klar wusste, was sie einmal tun möchte und ziemlich genau das heute auch tut. Und das nennt sich „Impact Investing“. Dabei geht es darum, Geld in Einrichtungen oder Unternehmen zu stecken, die nicht nur einen finanziellen Output bringen, sondern auch einen sozialen oder ökologischen. Unternehmen, die sich vereinfacht gesagt, um die Verbesserung der Welt kümmern. Wie auch immer die aussehen soll. Das sind erst mal ganz wunderbare Ideen und ich glaube, dass es diese zu jeder Zeit der Weltgeschichte schon gab. Das Mittelalter hat vermutlich neben vielen grausamen auch prozentual gesehen mindestens genauso viele geniale Philantrophen hervorgebracht wie unsere heutige Zeit. Leider krankte die Idee damals wie heute immer schon am Phänomen der Maslowschen Bedürfnispyramide und der Tatsache, dass 99% aller Menschen sich noch mit der ersten oder zweiten Ebene derselben herumschlagen und es ihnen relativ wurscht ist, ob die Pole schmelzen, Tiere leiden oder Wasser knapp wird. Sie wollen eine trockene Wohnung, jeden Tag Fleisch essen und einen Flachbildfernseher. Schöner ist es allerdings – unabhängig davon, ob man all das hat -, sich mit den beflügelnden Persepktiven des Machbaren zu befassen und damit vielleicht sogar selbst den Weg zu einem höher entwickelten Dasein zu beschreiten. Hinauf sozusagen. Dabei hilft satt sein. Zu satt allerdins nicht. Das hemmt dann eher.