Neben vielen tiefschürfenden Gedanken und Überlegungen, die sich wellen-, witterungs- und zeitbedingt eingestellt haben in diesen Sommerwochen, hat sich auch eine Erkenntnis – gerade gestern am letzten Ferienabend – verfestigt: Man muss sich wirklich überall und immer benehmen als säße die Queen am Nebentisch. Oder halt jemand, von dem man nicht möchte, dass er sagt: Da schau her, daheim macht sie immer einen auf Dame und im Urlaub benimmt sie sich wie ein Wildschwein. Was selbstredend bei mir der Fall wäre. Weder das Eine noch das Andere. Auch aus dieser relativen Sicherheit heraus rüttelt es doch am Urlaubsgefühl oder sollen wir besser sagen am Gefühl, einfach mal woanders zu sein und sich ganz neu zu erfinden oder einfach ganz frei zu bewegen, was ja nicht zwangsläufig heißen muss, dass man sich schlecht benehmen möchte, nur eben ohne Zuschauer, wenn man dort dann Bekannte trifft.
Menschen, die unter dem Jahr vielleicht niemals Zeit für ihre Freunde haben, verreisen gerne mit ihnen oder auch solche, die unter dem sogenannten „Horror Vacui“, der Angst vor der Leere leiden oder ihren Partner generell entsetzlich langweilig finden, verreisen gerne in Gruppen oder an Orte, an denen sie auch ihre Freunde wähnen. Aber solche, die sich freuen, mal Zeit zu zweit zu verbringen an einem fremden Ort mit fremdem Menschen und fremdem Essen, trifft der Schlag, wenn sie unvermutet auf einen Bekannten aus dem Berufs- oder Freundeskreis stoßen. Uns ist das in der letzten Woche in mehrfacher Variation passiert. Ein Freund von uns, den wir gemeinsam zum Geburtstag überrascht hatten, durfte gleich bei seiner Ankunft im Hotel als wir hinter dem Vorhang zugeschaut hatten, wie er sein Gepäck aus dem Auto geräumt hat, diese Erfahrung machen. Wer wähnt sich in solchen Momenten schon beobachtet?
Gleiches geschah uns vor ein paar Jahren am Ocean Drive in Miami. Wer muss damit rechnen, dort auf einen Kommilitonen zu stoßen? Morgens um halb neun? Da stellt sich dann die Frage: Wie können Menschen Verhältnisse haben? Wie ihre Partner betrügen? Das ist doch absurd, dass das klappt. Gestern am Strand wurde also eine Freundin von mir offenbar von einer Bekannten beobachtet und gleich zweimal am Sonnenschirm aufgesucht, wie sie am Abend per Nachricht mitteilte und als wir dann abends gemeinsam beim Essen saßen in einem recht kleinen und durchaus auch nicht sehr gastlichen Restaurant am Meer, steht mein Mann plötzlich auf und klopft einem anderen Mann auf die Schulter und schon hatten sich zwei getroffen, die seit langem zusammen an einem Projekt arbeiten und sich gerade in einer der vielen „heißen“ Phasen befinden. Ich kann hochzufrieden sein, ich hatte ein hübsches Kleid an und war zauberhaft wie meistens. Alles gut. Lesson learned. Vielleicht mal ein Eiland mit nur einer Palme? Zumindest werde ich auf dem Rückflug nicht randalieren. Soviel ist sicher.