Eichhörnchen wären die besseren Tauben

Ganz bestimmt fragen sich treue Leser schon seit geraumer Zeit, was eigentlich aus Karl und Gertrud geworden ist. Nur soviel dazu: während andere jubeln, weil Balkonwetter ist, knirsche ich mit den Zähnen. Mein Balkon ist immer noch verhüllt hätte ich auch nur einen Funken Vermarktungswillen in mir, hätte ich ihn im Sinne von Christo längst als Konezptkunst oder Fotokunst verkauft. So bleibt er in der Kategorie Lebenskunst.
Zu allem Überfluss kommt noch hinzu, dass Karl und Gertrud täglich, was sage ich, stündlich vorbei patrouillieren und nach dem Rechten sehen, nämlich ob ICH auch sicher nicht auf ihm sitze. Weitere Verluste haben wir auch schon zu beklagen: Beim Verscheuchen der beiden von der Markise (wie so fette Tauben darauf balancieren können, ist mir ein Rätsel), ist der Besen abgebrochen. Es wird zunehmend ein Kampf mit Verlusten – bislang nur auf meiner Seite. Vermutlich weil ich nicht fliegen kann.

Wie so häufig, wenn man sich mit etwas befasst, sich darauf konzentriert, häufen sich die Wahrnehmungen des Konzentrationsobjektes. Ich sehe nur noch Tauben, schlimmer noch, die Tauben sehen mich. Und zwar in keiner netten Weise. Sie werfen sich mir in schmalen Gassen vors Auto und zwingen mich zum Bremsen, sie fliegen gefährlich nahe in Bahnhofshallen an mir vorbei, sie flattern heimtückisch unter Kaffeehaustischen hoch und erschrecken mich bald zu Tode, kurzum, die Lage spitzt sich zu.

Wenn ich aus dem Fenster sehe, blicke ich auf große Bäume und in diesen tummelt sich ein eifriges Eichhörnchen. Es hüpft hübsch anzusehen von Ast zu Ast, kann nicht fliegen, legt keine Eier. Über so einen netten Mitbewohner würde ich mich glaub ich freuen. Vielleicht baue ich einen kleinen Steg. Vielleicht könnte es Karl und Gertrud auffressen? Fressen Eichhörnchen überhaupt Tauben?

Lächeln kann ich selber

Spätestens wieder seit heute Nachmittag. Wie durch Zauberhand haben sich die meisten Probleme gelöst und mein neues Telefon und ich sind wie Phönix aus der Asche entstiegen. Nachdem ich gestern vor lauter Empörung und Sorge, dass noch irgendwas passiert das Schlaueste von allem getan habe, nämlich gar nichts mehr, konnte ich heute Vormittag fast alle telekommunikativen Probleme lösen. Und nebenbei noch feststellen, dass es gar nicht so schlimm ist, nicht alles mit einer SMS klären zu können / müssen. Zum Beispiel war ich mit einer Freundin um viertel nach neun auf einen schnellen Kaffee verabredet. Ich leide unter zwanghafter Pünktlichkeit und musste daher schon so manches Mal bei Einladungen noch einige Male um den Block fahren, um die Gastgeber wenigstens angezogen vorfinden zu können, denn damit rechnet wirklich keiner. So auch heute. Nur da war es anders: selbst, wenn ich gewollt hätte (und das hätte ich bestimmt, weil man es einfach so gewohnt ist), hätte ich nicht anrufen oder texten können. Ich hatte schlichtweg die Nummer nicht und musste zeitnah wieder weg, weil ich ja irgendwie meine Daten wiederherstellen musste. Und siehe da, es hat sich eine noch viel nettere Lösung, nämlich ein Mittagessen ergeben, bei dem ich noch dazu nur fröhlich vor mich hin plappern konnte, weil alles wieder da war dank einer jungen, beherzten Freundin. Und sogar die Freisprechanlage hat mir der sehr schicke, sehr selbstbewusste junge Mann aus dem Autohaus wieder einrichten können.

Aber das Schönste kommt noch. Am Nachmittag habe ich meine angekündigte Überraschung (aus dem „Lächeln-im-Zug-Artikel“) bekommen. Damit ich nie mehr auf ein Gegenlächeln angewiesen bin, habe ich nun die weltschönsten Kopfhörer und kann bei herrlichen Schnulzen wann und wo ich möchte selig vor mich hin lächeln!

Natürlich, wenn Sie mich anstupsen und anstrahlen, werde ich selbstverständlich zurücklächeln. Oder wenn ich diese hübschen weißen Kopfhörer anschaue. Vielleicht verwende ich sie auch bei kleinen Plaudereien mit meiner englischen Freundin. Sie müsste ja längst wieder aus der Normandie zurück sein. Hat sich aber noch nicht gemeldet. Ist vielleicht ein wenig vergrämt, weil es immer noch nicht geklappt hat mit einem Treffen. Vielleicht sollte man ihr auch solche Kopfhörer schicken?

Verhältnismäßigkeiten

To make a (very) long story short: ich habe heute mein neues Tauschhandy von Vodafone bekommen. Nach unglaublich vielen Falschaussagen aus dem Laden und Paketbenachrichtigungen, die von GLS eingeworfen wurden, als ich definitiv zu hause war und einer Fahrt ins kilometerweit entfernte Gersthofen, habe ich das Telefon nun in der Hand. Gestern war ich noch im Vodafonegeschäft, um mir die Kontakte vom Telefon auf die Simkarte speichern zu lassen und nun ist alles komplett weg. Ich kann also nicht mehr telefonieren, das heißt, ich könnte schon, aber außer meinen Eltern würde ich niemanden mehr erreichen, denn ich kenne keine Nummer auswendig außer dieser. Ich kann natürlich auch keine Emails verschicken und auch nicht mehr im Auto telefonieren. Die Backups wurden gegen den Leer-Status des neuen Handys ausgetauscht. Was tut man nun mit dieser Malaise?

Woanders hungern Menschen? Ja, ich weiß. Und es ist mir auch vollkommen bewusst, dass das alles gar nicht schlimm ist und einem Zweck dient. Aber es darf auch mal gesagt sein, dass die neue Welt der Telekommunikation eine fürchterliche ist. Ähnlich wie der schiefe Turm von Pisa ist sie nur in der Schieflage stabil. Man darf nichts ändern, nichts berühren, schon bricht das Chaos aus. Und es wird einem Himmelangst vor dem Alter. Definitiv. Man kann sich nur wünschen, dass es später bezahlte Dienste für Kommunikation gibt. Ich halte mich beileibe nicht für ein Dummerle – gut, manchmal schon. Aber nicht so dumm. Aber was einem da offenbar abverlangt wird, ist mit einem schlichten Hochschulexamen nicht zu bewältigen. Vielleicht werde ich Karl und Gertrud zähmen. Sie scheinen mir perfekt für die Kommunikation der Zukunft.

All diese karierten Hosen mit Tunnelzug – ein Pamphlet

Ist es nicht herrlich, dass es pünktlich zu Pfingsten so warm geworden ist? Ich finde es einfach wunderbar und der einzige Wehmutstropfen sind die ganzen karierten Shorts und Flipflops an Männern. Das ist wirklich ein viel zu weit verbreiteter Graus. Warum muss es immer kariert sein? Und wieso glauben so viele Menschen, dass ihre Füße sandalentauglich sind, wo sogar ein Skistiefel, könnte er sprechen, aufheulen würde wegen all der Hornhaut, die ihn drückt?

Warmes Wetter wird oft mit Freibadkleidung gleich gesetzt und das ist mir vor allem deshalb unverständlich, weil die meisten Menschen – vermutlich aus Vorfreude – viel mehr Geld in ihre Sommergarderobe investieren, als in ihre Winterkleidung (zieht man Daunenmäntel, etc. einmal ab). Wo geht das Geld hin??? Bei den Damen verzweifelt das Auge an all den 7/8-Längen, die mit praktischen Schlappern oder auch hier wieder mit Flipflops getragen werden. Was ist denn um Himmels Willen gegen ein Sommerkleid einzuwenden? Das ist doch viel luftiger als diese Hosen mit Tunnelzug!

Ich bin Jahr für Jahr betrübt über eine derartige Verhohnepiepelung des Sommers und man muss sich auch überhaupt nicht wundern, dass er sich unter solchen Umständen nur spärlich zeigt. Zum Thema Männer und kurze Hosen wurde schon (fast) alles geschrieben, da muss ich nicht mehr reinhacken, aber dass gerade im Sommer das Thema Kleidung auf seine rudimentärste Funktion der Körperbedeckung reduziert wird, finde ich sehr bedauerlich. Es muss doch nicht wirklich immer alles nur dem Gesetz der Bequemlichkeit untergeordnet werden. Bei der Kleidung, beim Essen, beim Wohnen, beim Einkaufen, einfach bei allem. Am bequemsten wäre es doch, das Leben leben zu lassen und es 24/7 vor Reality-TV-Serien auf RTL und Konsorten zu verbringen. Was für eine Schande. Bin empört. Habe jetzt fertig (die WM kommt, ich stimme uns ein).

Tauben, Aale, Unerwünschte

Ja, ich bin wieder zurück auf meinem Hochzeitsbalkon und nein, ich kann das Netz noch nicht abnehmen. Karl und Gertrud ist nicht zu trauen, sie fliegen immer noch Patrouille und in ihren vorbeiflatternden Augen kann ich hämische Schadenfreude erkennen. Wenn wir ihn nicht nutzen können, dann Du aber auch nicht. Fühl Dich bloß nicht sicher. Schon recht, ich habe verstanden. Freitagabend haben wir uns dann aber doch getraut, haben eine Schleife des Netzes gelockert und ein schnelles Abendessen auf dem Balkon hinuntergeschlungen. Der Schleier hat mich anmutig umwabert und wenn man es recht bedenkt, gibt es doch oftmals Anlässe und Umstände, bei denen man sich fragt, warum man sie sich antut. Bei sehr hohen, spitzen Schuhen zum Beispiel oder Hochzeitseinladungen an den entlegensten Orten im Hochsommer. Hier hat der Umstand ja zumindest einen Grund und Zweck. Andere Menschen in anderen Ländern verbringen ihr halbes Leben unter Moskitonetzen, das kann ja auch kein Spaß sein. Oder wie früher auf der Flucht vor Säbelzahntigern oder Wölfen.

Das schönste Paradies hat eben seine Tücken und unerwünschte Gäste gibt es überall. Auch an einem wunderschönen See mit Bootsteg und Bootshaus ist man dagegen nicht gefeit. Da schleicht sich dann ein echt langer Aal ein, der sehr stur auf seinem Bleiberecht beharrt und erst nach massiven Anstupsen mit einer sehr, sehr langen Stange (kein Mensch weiß, wie gefährlich so ein Aal ist, oder?) saubeleidigt wegschlängelt. Gemächlich genug, um zu zeigen, dass er beileibe keine Angst hat, sich aber als den wesentlich Klügeren der Situation erachtet und deshalb geht. Man hätte sich bei seinem Wegschlendern durchaus noch einen Spazierstock vorstellen können, den er durch die Luft schwenkt.

Soviel zu den Tieren. Von Unkraut brauche ich nicht anfangen, das ist ja noch viel komplizierter, denn hier ist der Kampf des Menschen um die Durchsetzung seiner eigenen Ideen noch aussichtsloser als bei Tieren. Was allerdings zum Nachdenken anregt, sind die Maßnahmen der Städte und Gemeinden gegen Obdachlose. Da werden Stacheln in den Asphalt eingelassen oder Bänke in Parks rund und glatt konstruiert, so dass ein Daraufliegen unmöglich wird. Angesichts des sinnlosen Vandalismus, der immer wieder und allerorten stattfindet, wenn kleine Parks zerstört werden, liebevoll bepflanzte Beete zertrampelt werden oder gar Steine aus Mauern gebrochen und mit Gewalt auf dem Boden zertrümmert werden, sind diese Maßnahmen nachvollziehbar. Aber für sich betrachtet und in Bezug auf Menschen, die wirklich in Not sind, wirken sie kalt und verachtend. Karl, Gertrud und der Aal haben zum Glück viele andere Lebensmöglichkeiten, bei Menschen muss man da viel genauer hinsehen, finde ich.

Die Normandie hat’s in sich

Kennen Sie das? Sie sitzen jemandem gegenüber, im Wartezimmer oder im Zug wie bei mir und lächeln, einfach so, um eine Verbindung, zumindest aber keine negative Verbindung herzustellen und Ihr Gegenüber schaut einfach zurück, bzw. zögert genau die Sekunde, in der sich ein Machtungleichgewicht einstellt. Sie lächeln, das Gegenüber nicht. Und Sie wissen, dass Sie sich noch genau 3.29 Stunden gegenüber sitzen werden. Der Zug ist nämlich rammelvoll.

Das ist mir heute passiert und es hat mich erbost. Weil es an so einem schönen Tag eigentlich überhaupt keinen Grund gibt, nicht zu lächeln und wenn man schwanger und nur am Bauch kugelrund ist und sonst alles dünn, dann doch erst recht nicht. Aber die Zugfahrt war lange und ich hatte das falsche Buch dabei, da kommt man ins Grübeln. Und vielleicht dachte ich mir, hat sie ja trotzdem Sorgen, auch wenn man von außen gar nicht meinen möchte, dass das so ist. Vielleicht war der glatzköpfige Mann neben ihr ein Arbeitskollege, der sie wie eine Antilope hetzt und genau die Zeit im Kreissaal dafür hernehmen wird, sie auszubooten bei diesem riesigen Projekt, über das sie die ganze Zeit gesprochen haben. Zuzutrauen wäre es ihm. Er hat mir ja auch nicht mit dem Koffer geholfen. Flegel. Französischer. Is doch wahr. Aber vielleicht ist sie einfach miesmuschelig. Das kann ja auch sein.

In so einer Situation würde man sich doch einen beherzten älteren Herren als Gegenüber wünschen. Gerade so einen wie den, der heute aus seinem Pflegeheim in England ausgebüchst ist. Denn der D-Day, den ich bislang aus völlig unverständlichen Gründen nicht so recht beachtet hatte, bringt offenbar nicht nur bei mir und meiner englischen Freundin das Reisefieber hervor, sondern auch bei einem echten Kriegsveteranen. Der ist, nachdem man es ihm offiziell nicht ermöglichen konnte und es ihm dann verboten hatte, kurzerhand mit seinen Kumpels in den Bus gestiegen. Ziel: Normandie.

Er wollte dort seiner gefallenen Kameraden gedenken. Das finde ich so eine schöne Geschichte, so eine mutige und energische Geste, dass ich mich frage: warum sitzt so jemand in einem Pflegeheim und muss sich Dinge verbieten lassen, die seine ureigensten Wünsche betreffen? Kann das richtig sein? Natürlich muss man in einem solchen Heim schon schauen, dass nicht dauernd Party und Ponyhof ist, geht ja nicht allen gleich gut, aber warum gibt es um Himmels Willen niemanden, der mit ihm da hin fährt? So langsam frage ich mich, ob ich nicht wirklich besser dorthin gefahren wäre. Der Veteran und ich hätten uns angelächelt, er hätte sich über meinen Badeanzug gefreut und meine englische Freundin hätte mich vermutlich mit einer kleinen Medaille ausgezeichnet. Nächstes Jahr bin ich bereit.

Wie machen die das bloß?

Ist das nicht einfach sensationell toll? Dass sich jemand so etwas ausdenkt und dann auch noch durchzieht. Und Leute findet, die das für ihn machen. Ich frage mich bei solchen Darbietungen ja meist die albernsten Dinge:

  1. Wann wird das aufgebaut? Das Gestänge, all das? Im Morgengrauen? Das wäre schön blöd, denn es ist sicher kein reiner Spaß, auf so einer Stange zu sitzen und sie auch noch zu halten. Mir schläft ja der Arm schon im Zug ein, wenn ich länger die Hände im Schoß habe. Es ist also keine Sitzposition, in der man länger unnötig verharrt und im Morgengrauen findet man noch wenig zahlendes Publikum.
  2. Wann tauschen sie mal? Man muss ja mal oder hat Hunger oder Durst (ich alles drei recht häufig).Der Witz der Darstellung liegt ja darin, sie an belebten Orten zu machen und dann kommen wir wieder zu Punkt eins. Wann kann man tauschen oder runterhüpfen.
  3. Daran schließt sich automatisch Frage drei an: Wann bauen sie es ab? Und die wichtigste Frage von allen:
  4. WARUM BIN ICH NIE DABEI, WENN SIE ES AUF- ODER ABBAUEN?

Fakt ist allerdings, dass auch wenn ein Trick ist, jeder Euro härtest verdient ist. Ich fahre morgen nach Paris und dann werde ich wieder wunderbare neue Tricks kennenlernen und natürlich auch drüber schreiben.

P.S. Letzter aktueller Stand von Gertrud und Karl bevor ich fahre: Sie fliegen mit muffelig verzogenen Schnäbel immer wieder hier vorbei. Ich bleibe hart. Der Balkon bleibt verschleiert.

Wenn ich um 17.23 nicht da bin, warum sollte ich es um 17.24 sein?

Ich möchte diesen Blog (ja, ja, ich weiß! Es heißt „das Blog“, ich finde das aber nerdmäßig belehrend und bin schon älter, ich werde also „der Blog“ sagen) nutzen, um auch generelle Fragen des zeitgemäßen Zusammenlebens zu besprechen. Zum Beispiel die erstaunliche Angewohnheit selbst schlecht erreichbarer Menschen, wenn sie denn zurückrufen, dieses immer gleich zwei- oder gar dreimal hintereinander zu tun. Man lauscht, vielleicht aus der Dusche oder einem anderen Raum zunächst erstaunt darüber, dass der Zufall gleich kurz hintereinander zwei Menschen einen suchen lässt. Nur um dann festzustellen, dass es ein und derselbe Mensch im Abstand von einer Minute war. Natürlich kann das fast nur jemandem wie mir ohne Mailbox (ja, ja, ich weiß!! Das geht GAR NICHT) passieren. Aber jetzt frage ich mich, oder am besten diese Menschen: warum sollte ich um 17.24 erreichbar sein, wenn ich es um 17.23 NICHT war? Ich hätte ja in der Zeit nicht mal zurückrufen können. Also was soll das?

Meine ganz persönliche Interpretation ist unsere grassierende Rechtfertigungs-ich-bin-fein-raus-Politik. Ähnlich wie das Kleingedruckte im Vertrag. Man wollte gar nicht wirklich mit Demjenigen sprechen, oder wenn doch, dann ist man verärgert, ihn nicht erreicht zu haben, um die „Schuldigkeit“ des Rückrufes zu tilgen. Denn meist passiert so was bei Rückrufen. Sieht man solche Menschen wieder, ist das Erste, was sie einem sagen: Du, ich hab fei zurückgerufen, aber Du warst ja nicht erreichbar und Mailbox hast Du ja auch keine! (Und Deinen Mann betrügst Du, und Deine Kinder schlägst Du und Deine alte Mutter lässt Du von Schäferhunden in der Etagenwohnung anknabbern….). Der Zorn darüber, dass man sich selbst jetzt die Zeit genommen hat und der Andere saufrech in der Zwischenzeit sein Leben weitergelebt hat, lässt den Übertrumpfungsgedanken siegen und das geht nur mit einem verpassten Anruf mehr auf dem Display. Dass dieser Blogbeitrag nun wichtiger war als die beiden verpassten Anrufe – also das kann wohl jeder verstehen. Hat auch länger als eine Minute gedauert, ihn zu schreiben!

All diese Wasserflaschen und Kaffeebecher

Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, wenn Sie – oder vielleicht tun Sie das gar nicht – Klatschzeitschriften durchblättern, ich frage mich dann jedenfalls immer, ob all die Stars vielleicht keine Kaffeemaschinen zuhause haben? Oder keine Wasserhähne? Oder solche Rauschkugeln sind, dass sie sich entweder mit Koffein hochputschen müssen oder den Restalkohol verdünnen müssen? Also ich trinke nicht dauernd auf der Strasse aus Pappbechern oder Plastikflaschen. Im Gegenteil, mir hat man noch beigebracht, dass Essen und Trinken, geschweige denn Rauchen auf der Straße etwas ist, was man nicht tut. Schluzeis bei 35 Grad ist gerade noch ok. Aber dann auch nur, wenn die Kleidung nicht in die Reinigung muss, sondern in die Waschmaschine kann. Erst letzte Woche ist mir ein herrliches, wunderschönes Lieblingssorteneis in Rom vor der Eisdiele von der Waffel abgefallen. Schrecklich. War wohl eine Warnung von meiner inneren Figuruhr….

Aber die Stars! In den feinsten Designerfummeln wuchten sie riesige Becher mit sich herum. Eine reisende Berühmtheit ohne doppelhaushälftengroße Handtasche und Wasserflasche am Flughafen sehen? No way! Also ich fliege ja nicht sooo oft, dann meist auch nicht first class, aber selbst in der Holzklasse bekomme ich innereuropäisch ununterbrochen Wasser angeboten. Wozu muss man dann bitte welches mit sich führen und dann gleich nach dem Aussteigen schon wieder trinken?

Es dient vermutlich zur Untermauerung dieser saufrechen Behauptung, die Size Zero käme nur von gesunder Ernährung, Sport und viel Schlaf und Wasser….Die Franzosen werden bei so durchschaubaren Schwindeleien immer ganz grob und sagen was, wofür andere ihnen den Kopf in den Bauch rammen (bei Fußballspielen). Verstehen kann man sie in dem Fall schon.

Die Tauben und ich

Es geschehen Dinge, bei denen glaubt man dann wirklich, dass alles auf der Welt energetisch verbunden ist und rumschwingt und sich berührt und spiegelt und all so ein Zeugs eben. Gestern zum Ende des Yogaunterrichts, nur wenige Stunden nachdem ich über die Ataraxie philosophiert habe und deswegen auch schon erstaunt angeblickt wurde – warum eigentlich? Traut man mir nicht zu, dass ich quasi tagtäglich mit solchen Begrifflichkeiten jongliere? – versüßte unser Yogalehrer die hart erarbeitete Schussmeditation mit einer kurzen Lesung über das „innere Wesen“, das unberührte Selbst. Es sei unbeeinflusst von positiven oder negativen Ereignissen, es sei einfach nur. Bitte, was hab ich am Samstag erst geschrieben? Wahnsinn oder? Wie weit ich davon noch entfernt bin, weiß ich a) seit Samstag Abend, als ich bei Freunden versucht habe, den Beitrag online zu stellen und Probleme mit dem WLAN hatte und b) seit ich dieses Taubenpärchen auf meinem Innenstadtbalkon habe!

Treue Leser konnten bislang durchaus davon ausgehen, dass ich a) ein Tierfreund bin und b) Tiere sogar füttere – auch wenn sie nicht meine sind. Dafür erwarte ich allerdings auch gewisse Gegenleistungen, bzw. Unterlassungen. Ich erwarte absolut, dass man sein schwer zu beseitigendes Geschäft NICHT AUF MEINEM BALKON verrichtet. Und mich nicht auf den Hebel nimmt. Gerne – auch von mir – werden Tauben ja als Boten der Ahnen gesehen. Und in manch nostalgischer Stunde habe ich einzelne Tauben, die sich auf meinen Balkonsims verirrt hatten, auch mit Oma angesprochen und ein paar Worte mit ihnen gewechselt. Nun habe ich sozusagen Oma und Opa als Dauergäste. Nur, dass meine Oma sich im Leben nicht so aufgeführt hätte. Mein Opa, gut, das ist was Anderes. Der hat sich schon mal auf der teuren und revolutionär gelben Auslegware breitbeinig hingestellt, wenn er in einen saftigen Pfirsich gebissen hat. Oma hatte ihm schließlich immer eingebläut, Gustl, jetzt hast Du das Hemd schon wieder versuckelt. Das wollte er vermeiden, nicht bedenkend, dass man einen riesigen Teppich weniger gut in die Waschmaschine bekommt als ein Hemd. Nun ja.

Diese beiden Tauben haben sich also eine Gewohnheit draus gemacht, wenn die Sonne auf den Balkon fällt, anzulanden. Er auf dem Geländer, sie unter dem Tisch (gendermäßig von mir interpretiert). Er erklärt ihr von oben aus die Welt, sie lauscht unter dem Tisch. Beide erleichtern sich ununterbrochen. Man kriegt das Zeug nur noch mit Urinsteinentferner weg und dann ist man irgendwann auch beim Nachbarn drunter, weil das Zeugs die Fugen durchätzt. Ich habe dann von einer Bekannten Aufklebestacheln bekommen. Mein Mann hat sie fachmännisch angebracht. Der Balkon sieht aus wie ein böser Igel. Oder ein Hochsicherheitstrakt. Das hat einen Tag geholfen und dann sind die blöden Tauben, weil sie ja eins A fliegen können, direkt auf dem Balkon angelandet und sitzen seitdem in der hintersten Ecke unter einem Schemel (so dass man sich auch noch wie ein Schwein fühlt, weil man ihnen den Lebensraum madig macht). Dort steht jetzt ein Bewegungsmeldervogel, der zwitschert, wenn sie davor landen. Noch ärgern sie sich darüber, aber lange wird sie das auch nicht stören und so bekomme ich jetzt ein orangenes Gerüst-Plastiknetz. Dann kann ich zwar auch nicht mehr auf den Balkon, aber dadurch trainiere ich meine Ataraxie. Ich versuche einfach, mein inneres Wesen nicht von dieser Pleite berühren zu lassen.