What goes around, comes around

Was für ein aufregender Tag! So viele Erlebnisse. Ich muss der Reihe nach beginnen. Der Tag begann mit einem Anruf der lieben Mare, die mich auf die fürchterlichen Erdbeben in Rom aufmerksam gemacht hat und eine Verschiebung meiner Reise dringend angeraten hat. Nach einigem strategischem Geplauder haben wir uns verabschiedet und ich habe mich dran gemacht, meine kleine Handtasche von gestern Abend umzuräumen, weil sonst wieder Lippenstifte, Puder und sonstiger Kram auf Nimmerwiedersehen darin verschwinden. Auch das Geld aus dem kleinen Ausgehbeutel (ich weiß, ich bin ein Spießer, aber wer jemals mein normales Portemonnaie gesehen und gehoben hat, weiß, dass es durchaus sinnvol ist, abends mit leichtem Gepäck zu reisen. Vor allem, wenn man zu Fuß unterwegs ist.) wollte ich wieder umschichten (naja, drei Scheine….klingt recht erhaben dieses „Umschichten“, aber „Umräumen“ hab ich schon verbraucht und naja, egal). Trotz heftiger Suche war kein rosa Beutelchen zu finden. Da dieses kleine Biest von Tasche trotz ihrer relativen Kleinheit schon einmal über Monate mein französisches Iphone in Geiselhaft verborgen hatte, habe ich misstrauisch nochmal gründlich geschaut, mir dabei eine Nadel aus dem Nähset unter den Mittelfingernagel gerammt (deshalb nähe ich nicht, keine Ahnung, warum ich den verletzungslastigen Kram dann überhaupt mitschleppe??!!) und schließlich aufgegeben. Draußen lag auch nichts. Und dann dämmerte es mir:

Das kleine leichte Beutelchen muss auf der Straße beim Handschuherausziehen die Chance zur Flucht ergriffen haben und hat sich hinausgestürzt. Oder anders gesagt, es wurde in die eisigen Tiefen der Straße geschleudert. Zusammen mit meinen Visitenkarten und einem anonymen Anruf um 21.43 Uhr bei mir zuhause ergab das in meiner Fantasie eine ungute Kombination und ich war verstört. Außerdem traurig, weil ich – bis auf die blöden 150 Euro vom letzten Jahr, die mir aus der Hosentasche gerutscht waren – noch nie was verloren hatte. Es war nicht das Geld, es war nicht das Beutelchen, es war einfach die Tatsache, die mich betrübt hat. Bin dann meinem Tagwerk nachgegangen, hab ein bisschen vor mich hingejammert und dann am Nachmittag auf dem Weg zum Flughafen nochmal den Weg abgefahren und habe natürlich nichts gefunden. Vom Auto aus hab ich meine Mutter angerufen und wie es fast immer so ist, hat just in diesem Moment meine Mailbox geklingelt und ich aus einem Impuls habe ich das Gespräch unterbrochen und die unbekannte Nummer zurückgerufen.

Dran war eine zauberhafte junge Frau mit einer lachenden Stimme, die mich gefragt hat, ob ich vielleicht etwas verloren hatte. Ich hätte fast geweint vor Freude und sie hat sich erst gefreut. Das war so eine Freudenspirale, denn sie hatte auf dem Heimweg mit einem Kollegen das Beutelchen gefunden und sich gefreut, dass eine Karte drin war (was mir am meisten Sorge bereitet hatte!) und als ich sie gebeten habe, zwanzig Euro zu nehmen, hat sie so vehement abgelehnt und gesagt, sie bringt mir das Beutelchen, weil sie im Kino neben meiner Wohnung arbeitet und das für sie überhaupt kein Umstand ist. Kann man das glauben? So wahnsinnig nette Menschen gibt es und sie hat sich immer wieder genau wie ich einfach nur darüber gefreut, nett sein zu können, helfen zu können und dass sie jemanden froh gemacht hat. Wir waren in einem Perpetuum Mobile der Freude und ich habe die Geschichte gleich ganz vielen Menschen erzählt und jeder hat sich gefreut und damit sind wir wieder bei meiner Ausgangsüberzeugung, auf die ich immer wieder zurück komme: 1. Die meisten Menschen möchten gut sein und handeln, 2. Mit solchen Handlungen löst man eine Kettenreaktion, ein Schneeballsystem aus. Es kommt nicht immer an der gleichen Stelle zurück, aber es kommt. Ich hatte übrigens zu Beginn des Abends einem jungen Mann, der mich auf der Straße angesprochen hatte, Geld gegeben und zwar auch noch etwas mehr, als das, um das er mich gebeten hatte. Cool, oder?