#Oktoberfestung

Ich bin natürlich nicht auf Twitter, weil ich mich selten so kurz fassen kann und möchte, dass es in diese paar Zeichen passt. Dass dies auch für viele andere Nutzer eher eine Selbstüberschätzung als Fähigkeit ist, wird an Hashtags wie #Oktoberfestung deutlich. München wird – wie die meisten Klassenersten – darin beschimpft, dass ‚der Bayer‘ lediglich an seinen ungestörten Wiesnbesuch denkt und dort möglichst keine Flüchtlingsproblematik sehen möchte. Hier sind ein paar Bemerkungen (mit insgesamt 1056 Zeichen, statt der twitterbegrenzten 140) angebracht:

München wird seit jeher von Besuchern überrannt.
München ist daran gewöhnt, diese Besucher – egal, wie sie sich aufführen – zu schützen, auch vor sich selbst.
München leistet in den letzten Wochen einen anerkennenswerten Beitrag in der aktuellen Flüchtlingssituation.
München handelt proaktiv und denkt VORHER nach. Schadensbegrenzung ist ein Thema, das erst im zweiten Schritt als politisches Mittel eingesetzt wird.
Münchens Oktoberfest wird zu über 90% von Gästen von außerhalb besucht, für Münchner und nahe lebende Bayern wird in den Medien dafür geworben, ‚in Ruhe‘ auf die Mittagswiesn zu gehen und sich nicht in den Wahnsinn am Abend zu stürzen.
Münchens Sorge bezüglich des Oktoberfestes hängt sich nicht daran auf, dass Oktoberfestbesucher sich gestört fühlen könnten, sondern daran, dass Menschen, die mit einem Handkoffer nach strapaziösen Wochen oder Monaten der Reise hier ankommen, nicht als Erstes von zugezogenen Randalierern mit Bierkrughüten am Bahnhof (sic!) begrüßt werden.
München weiß aus der Erfahrung, dass die Wiesn aufgrund des schlecht vertragenen Bierkonsums mancher Gäste Stammtischparolen Vorschub leistet.
München ist an Neider gewöhnt und weiß, dass man sich diesen erarbeiten muss. Daran arbeitet momentan ganz Bayern.

Mein neuer Outdoor Hybrid

So, meine Damen (die Herren, die mitlesen, machen sich ja leider niemals bemerkbar!!!), ich habe seit heute einen klassischen Outdoor Hybriden. Keine Ahnung, was das ist?? Nun, das ist denkbar einfach: Ein mittellanges kleidartiges Teil, das aber an sich auch ein Mantel sein könnte, man kann es für alles Mögliche, sozusagen zu Wasser und zu Land, nutzen. Unten im Saum hat es übrigens eine Kordel. Alles in allem ist es so weit, dass ich tatsächlich einen Skianzug drunter brächte, falls es kalt wird oder eben gar nichts, so dass es in der Sommerhitze (draußen) schön luftig ist. Ich frage mich, was fange ich mit meinen restlichen Sachen an, jetzt, wo ich den Outdoor Hybrid habe?

Solche Hybriden bräuchte es auch andernorts, zum Beispiel im Schulbetrieb. Schenkt man – als Unbeteiligter – den verschiedenen (Live) Berichten über die Vorkommnisse in der Schule Gehör, so kommt man schnell zu dem Schluss, dass Lehrer heutzutage wirklich gar nichts mehr richtig machen können. Und dass gerade ich, die ich heute noch zusammenzucke, wenn jemand sagt, er sei Lehrer und dessen Alpträume immer noch darin bestehen, eine Woche vor dem Abitur zu merken, dass man gar nichts gelernt hat und auch keine Ahnung, was überhaupt zu lernen sei, dass also gerade ich mit großer Empathie diese Berichte verfolge, zeugt davon, dass die Situation wohl wirklich ernst ist.

Mal werden Lehrer verantwortlich gemacht, dass die Kinder noch nicht schwimmen können, dann dass das Leistungspaket zu stressig sei, dann dass die Kinder keine Manieren lernen oder im Sportunterricht tatsächlich Sport gemacht wird. Sie müssen sich mit Anwälten mittelständischer abstiegspanischer Eltern herumschlagen und dafür sorgen, dass das Kind nicht durch schlechte Noten einen Burnout erleidet, dann aber trotzdem im Gymnasium mitkommt. Der gemeine Lehrer, der ja nun wirklich alles wollte, aber keine Probleme und keinen Stress in der Berufsausübung steht vor nahezu unbewältigbaren Aufgaben, denn das It-Accessoire unserer Zeit, das Kind, muss leider auch heute Hybridfunktionen übernehmen und den Eltern beim Durchdringen und Überspringen von Gesellschaftschichten behilflich sein.

Totale Überwachung

Es gibt Grundsatzentscheidungen im Leben, die jeder für sich trifft: glaubt man, dass der Verzicht auf Pasta abends schlank im Schlaf macht? Dass es Weihnachten schon vor dem Coca Cola Weihnachtsmann gab? Oder glaubt man an die totale Überwachung durch geheime Kameras in Laptop, Fernseher und Telefon? Seit ein paar Tagen bin ich mir zumindest bei Letzterem nicht mehr ganz sicher. Klicke ich – was selten genug vorkommt, außer ich suche ein steinaltes Lied oder putzige Filme über Jack-Russells – Youtube an, kommt garantiert vor dem, was ich gerade suche ein Videoclip mit Qualitätskleidung für Mollige. Und ich finde das eine BODENLOSE FRECHHEIT!

Warum muss ich solch eine Werbung sehen? Ich kann ja verstehen, dass ich – kaum italienischen Boden betreten – Werbung zu deutschen Girokonten in Italien oder Online-Sprachkurse über mich ergehen lassen muss. Ich nehme es auch nicht krumm, dass mir oftmals die Freude am Stöbern bei Amazon grünlich vermiest wird, weil ich ab dem Moment, als ich mir ein einziges Mal Dampfstrahler angesehen habe, garantiert immer mit dem leistungsstärksten Modell an jeder unpassenden Stelle (zum Beispiel wenn ich reduzierte Kaschmirpullis anschaue) konfrontiert werde. Nein, ich habe mich damit abgefunden, dass es Querschaltungen und rasche Informationen zwischen allen möglichen Seiten und Stellen gibt und dass Westwing den Moment meiner ersten Internetbewegung abfängt und findet dieser nicht bis 8.15 Uhr statt, die normale Standardmail schickt. Alles kein Problem.

Was ich nicht akzeptiere ist, dass Youtube mir Mode für Mollige schickt. Denn die brauche und möchte ich nicht. Auch wenn ich gerne Pasta am Abend esse (nicht mal mehr viel seit ich diese Fisch-Orgien im Urlaub gefeiert habe – ach, der Capo, ach, das Meer! Hier ist es so kalt, die Heizung funktioniert nicht und ich werde mir morgen wieder sagen lassen müssen, dass 22 Grad eine ausreichende Raumtemperatur seien. Für wen oder was? Für Eisbären???). Vor ein paar Jahren, als diese neumodischen Computer mit den Kameras auf den Markt kamen, haben alle über mich gelacht, weil ich die Kamera, dieses schwarze Guckloch oben in der Mitte mit einem Stück Papier angeklebt hatte, aber so Unrecht hatte ich da wohl nicht. Und heute? Heute starrt einem jeder auf den Bauch. Oder den Teller. Ist doch eine Frechheit.

Lieferservice

Ebenso wie ich bei meiner Mutter, hat auch der Paketbote eine Lichtschranke an meiner Türe angebracht und stürmt zielsicher ca. fünf Minuten nachdem ich das Haus verlassen habe, zur Türe. Es sind in unseren bewegten Zeiten leider nicht mehr immer dieselben Paketboten, denen man früher auch mal einen Kaffee angeboten hat (ich nie, zu ängstlich) oder ein Schwätzchen mit ihnen gehalten hat (auch nie, konnte mich nicht verständigen). Deshalb auch der Verbleib des Paketes unterschiedlich: mal befindet es sich in meiner Wohnung, wenn es die Nachbarn angenommen haben, oder irgendwo im Haus oder – wie heute – kilometerweit weg in einer Poststation.

Nun wird das Praktische am Lieferservice durch eine derartige Abholung etwas konterkariert. Sowieso liegt der Nutzen rein in der Bestellung und der Vorfreude. Ab dann wird es unpraktisch. Gut, man kann alles daheim anprobieren, keiner sagt einem, dass man das Teil auch mal zu Jeans oder mit einem weißen T-Shirt tragen könnte oder gar mit einem Gürtel, was mein persönlicher Alptraum ist. Aber ab dem Moment des Anprobierens geht der Ärger dann weiter. Retourenzettel erstellen, zukleben, keine Klebeband mehr haben, Filiale suchen, erfahren, dass das neue Gerät einen Pin braucht, den man leider nicht hat, lernen, dass der Teeladen an der Ecke, der jetzt auch DHL annimmt, leider eine ausgiebige Mittagspause macht (wovon??) und so weiter und so fort. Mir ist es gar einmal passiert, dass mir ein Unternehmen gesagt hat, ich hätte noch nicht für ein Paar Stiefel bezahlt. Die waren aber im Paket und nur weil ich bei der Aufklärungssendung über die ausgebeuteten Amazon-Mitarbeiter gut aufgepasst hatte, denn ich bin indirekt ja auch ein großer Ausbeuter, konnte ich auf der Herausgabe der Gewichtsangaben beim Verlassen und beim Wiedereintreffen des Paketes bestehen und der Fall hat sich gelöst.

Heute nun wurde ich mit der gemeinsten aller Varianten konfrontiert: Ein nach Stückzahl bezahlter DHL-Fahrer hat mein Paket sozusagen verschleppt. Er hat es sage und schreibe 2,4 Kilometer weiter in einer Postfiliale abgegeben, extra noch händisch die viel nähere Filiale aufgekreuzt und die von ihm präferierte draufgeschrieben. Wenn ich mir jetzt vorstelle, ich bestelle im hohen Alter, gerade weil ich kein Auto habe, Schuhe oder sonst was Schweres und muss dann mit der Bahn dorthin und alles wieder heim wuchten, also das finde ich geradezu grotesk. Immerhin hatte ich diesbezüglich einen sehr innigen Plausch mit den Postdamen, die völlig meiner Meinung waren. Werde sicherheitshalber einen Schuhvorrat anlegen.

Verschwendung

Alles in einem italienischen Sommer scheint es im Überfluss zu geben. Die Sonne, die Wellen, der viele Sand, die vielen weißen Pfirsiche, die riesigen Wassermelonen, die aromatischen Tomaten, all die köstlichen Fische, die bunten Bikinis am Strand, einfach alles. Nichts scheint knapp, an allem kann man sich bis schier ins Unendliche erfreuen. Und bei den meisten Dingen ist das ja auch ganz herrlich. Und bestimmt stören sich nur schwäbische Kleingeister wie ich in einem solchen Paradies an einer Süßwasserdusche am Strand. Sie ist an sich etwas sehr Erfreuliches und macht Wellenhüpfen und Haarenassmachen erst so richtig unbeschwert schön.

Ja, was will sie uns jetzt sagen, die liebe Bloggerin, werden sich treue Leser vielleicht an dieser Stelle denken? Liegt in der ersten Reihe, isst täglich feinsten Fisch und zarteste knusprige Pizza, von Robertos Hand zurecht stolz serviert, plaudert abwechselnd mit dem Capo und anderen Strandgrößen, wird mit ehrfürchtigem Gruß morgens vom Strandwart Emilio begrüßt und hat die Dusche quasi hinter sich. Was kann sie da bitte stören? Nicht stören. Das wäre das falsche Wort. DIESE MISTIGEN KINDER MACHEN MICH STOCKNARRISCH MIT IHREN STUNDENLANGEN DUSCHEREI! So, jetzt ist es raus. Hat denn hier keiner mal in eine Zeitung geschaut und gelesen, was in Kalifornien los ist wegen dieser hirnlosen Wasserverschwenung? Ist es jedem Wurscht, dass Wasser eine knappe Ressource ist?

Es geht doch nicht darum, dass man Wasser bezahlt oder nicht bezahlt, es geht darum, dass es unsere wichtigste Überlebensgarantie ist. Reicht es nicht, dass diese Amerikaner von einer weltbedrohenden bornierten und fürchterlichen Ignoranz sind und über den Raubbau an Korallenriffen schwadronieren, während sie bei offenen Fenstern die Klimaanlage auf ‚high‘ laufen lassen? Ich würde niemals, weder daheim, noch im Hotel, noch am Strand, noch sonst irgendwo auf der Welt den Wasserhahn laufen lassen, wenn ich ihn nicht brauche. Kann man das seinen Kindern bitteschön mal beibringen? Denn hier hört die Freude am Überfluss einfach auf und die Verschwendung beginnt!

Hier kann das neue Wort bestimmt verwendet werden

Dieses morgendliche Streifen durchs Internet werde ich mir baldmöglichst abgewöhnen. Wie fast alle Gewohnheiten, die von den Basalganglien gesteuert werden und umhinterfragt nicht immer zu unserem Besten sind, bringt auch diese mehr Unbill als Freude. Zumindest in letzter Zeit. Werde ich nicht sofort mit toten Löwen oder Massentierhaltung konfrontiert, so sind es die Flüchtlinge und ihre Not in vielen Erlebnisstufen ihrer Odyssee. Und da auch solche Nachrichten leider zur Gewohnheit werden, braucht es – ähnlich wie bei anderen Kicks, Drogen oder Erlebnissen – auch hier offenbar besondere Ungeheuerlichkeiten, die aus der Glut ein Feuer machen.

David Cameron ist das heute Morgen mit seinem Gesetzesentwurf gelungen. Er möchte Haus- und Wohnungsbesitzern fünf Jahre Gefängnis aufbrummen, wenn sie an illegale Flüchtlinge vermieten. England sei kein Land, in dem Milch und Honig fließen. Als ob das schon mal jemand gedacht hätte. Einen solchen Eingriff in die Privatsphäre und Freiheit von allen beteiligten Parteien finde ich ungeheuerlich und dass die ‚Sun‘, marktschreierisches Aufpasserblatt Nummer eins, das meldet, wenn sich in Deutschland jemand die Haare schneiden oder gar rasieren lässt, dazu nichts sagt, sagt andererseits alles über diese doofe Insel aus.

Für mich steht fest: Inseln sind Inseln und seit Jahrtausenden an ihren beschränkten Inselstatus gewöhnt. Sie mussten nie mit Anderen klar kommen und sollten ‚Fremde‘ mal bei ihnen gelandet sein, in warmen oder kühlen Klimazonen, da dreh ich inzwischen die Hand nicht mehr um, haben sie sich über die putzigen und schrulligen Eingeborenen gewundert und dann wieder ihre Schiffe bestiegen. So sollte es auch heute noch gehandhabt werden.

Gerechtigkeit?

Hat man ein Thema erst mal präsent, fügt sich täglich ein neues Mosaiksteinchen hinzu. Angefangen hat alles mit der widerwärtigen Dressurreiterin, die ihre Pferde so misshandelt hat, dass sie von Gericht wegen Tierquälerei verurteilt wurde. Dabei muss klar sein: sie ist eine von Denen, die erwischt wurde. Einen plötzlichen Tod fand sie durch ein ausgesprochen seltenes Ereignis: sie wurde durch einen Kopftritt ihrer Stute getötet. Heute Morgen dann lese ich in der Zeitung, dass ein Mann, der ein Gürteltier in seinem Garten erschießen wollte – ich frage mich, was einem ein Gürteiltier tun kann? – durch einer der drei Schüsse, der am Panzer abgeprallt ist, ziemlich schmerzhaft getroffen wurde. Da flimmern Gedanken über Gerechtigkeit auf.

Andere Fälle sind metaphorischer: Eine hochbetagte Wanderin musste erfahren, dass Rinder eben nicht nur willige Milch- und Fleischlieferanten sind, sondern – sofern sie noch am Leben sind, was für die meisten von uns eine Daseinsform dieser Tiere ist, die weniger vertraut ist – durchaus wehrhafte Tiere, die normale Instinkte haben. Bei der Masse an Kalbsschnitzeln und Kalbsbraten ist es kein Wunder, dass die Mutterkühe ihre Kälbchen verteidigen. Und so haben sie sie totgetrampelt als sie über ihre Weide ging. Auf indirekte Art und Weise rächen sich die Hühner. Sie sind frecherweise mit Keimen belastet und man kann sie gar nicht mehr unbedenklich essen, wenn sie für 1,29 beim Discounter verkauft werden. Ärgerlich.

Lese ich dann aber die Meldungen über Großwildjäger, die ohne jegliche Not – nur aus Spaß am Töten – ihrer perversen Leidenschaft nachgehen, der nun auch noch der zweite Löwe zum Opfer gefallen ist, frage ich mich, was solchen Menschen karmisch gesehen passieren wird. Mir ist völlig klar, dass die Jagd in heimischen Wäldern – vom Grundprinzipg her – sinnvoll und nützlich ist und ich stelle das Leben eines Löwen auch nicht über das eines Lamms oder einer Kuh, allerdings rüttelt die Perversion dieses Tun mehr Menschen auf als andere Meldungen über Tierquälerei, denn sie ist weder mit dem Wunsch nach Essen noch der Verteidigung des eigenen Lebens verbunden, sondern eine reine Laune.

Vorbilder?

Heute Morgen war ich mit Freundinnen in einem Café verabredet. Es liegt an unserer Augsburger Prachtstraße und obwohl es recht frisch war, wollten wir draußen sitzen. Die Hitze der letzten Tage waberte noch durch den Innenraum und wir wollten schließlich auch etwas sehen vom vormittäglichen Leben in Augsburg. Nach Parkwächterinnen und Lieferwagen, kam dann auch der um diese Jahreszeit obligatorische Schulausflug angewalzt. Unter lautestem Getöse kamen sehr viele junge Menschen zwischen 12 und 14 angeschlurft. Sie strömten zur Eisdiele, andere warfen sich auf den Bürgersteig und mittendrin standen drei Gestalten, die sich nur durch ältere Gesichter vom Rest der Masse unterschieden.

Das, so meine erfahrenen Freundinnen, seien die Lehrer. Halb lange Hosen, T-Shirts, unsägliche Jacken, irgendwelche Haare, Socken und Turnschuhe, zwei männliche und ein weiblicher Lehrkörper waren es. Ich war so fassungslos, dass ich nur noch starren konnte. Meine Frau Kuntschak hätte sich niemals so angezogen. Sie war meine Klassenlehrerin und als solche respektiert. Dass das auch mit ihrer Kleidung zu tun haben konnte, darüber habe ich nicht nachgedacht, wüsste auch schwerlich, was sie anhatte, aber sie sah niemals und zu keiner Zeit aus wie wir in etwas älter. Sie war die Lehrerin, eine Erwachsene und das konnten wir erkennen.

Nun frage ich mich: wie unfassbar brillant muss ein heutiger Lehrer sein, um sich Respekt allein durch sein Wissen und Können bei der eher medienaffinen Schülermasse zu verschaffen? Kleidung, bzw. Habitus könnten ihm ja vielleicht zumindest ein abgegrenzteres Entrée verschaffen, aber so? Ich verstehe nicht, warum einerseits Benimmkurse an Schulen gefordert werden, damit Eltern das lästige ‚Sag schön Guten Tag!‘ oder ‚Sag bitte und danke‘ erspart bleibt, aber dann Lehrer die größte Respektlosigkeit vor ihrer ‚Kundschaft‘ demonstrieren dürfen. Auch wenn man es nicht für möglich hält, aber Lehrer ist ein BERUF. Kein Mensch würde so ins Büro gehen. Ich finde so eine Achtlosigkeit geradezu ein Verbrechen an den jeweiligen Schutzbefohlenen.

Weiiiil….?

Heute hat mir jemand gesagt, ich könnte schön mit Worten umgehen, Dinge gut ausdrücken, sie so sagen, dass sie zutreffen, aber nicht direkt weh tun, wenn der Inhalt es an sich erfordern würde. Das ist ein schönes Kompliment. Vor allem von Menschen, die einer ganz fürchterlichen Unsitte anheim gefallen sind. Dem ‚weil‘ mit Fragezeichen am Ende. Sie befinden ihr Gegenüber nicht mal mehr eines ganzen Satzes für wert, sondern erwarten schnörkellose Lieferung. Lieferung von Inhalten, Erklärungen, Begründungen. Ich bin das sehr satt und denke, ich werde demnächst unnachahmlich schön formuliert darlegen, dass ich mich nur mit Menschen unterhalte, die in ganzen Sätzen sprechen.

Haute cuisine, haute couture – ein Pamphlet

Wo wir grade so schön dabei sind, können wir auch gleich mal über die französische Küche parlieren. Also. Hierzulande bildet man sich unendlich viel darauf ein. Auf das Ohlàlà und das Chichi und was weiß ich nicht alles. Tatsache ist: Egal wo, egal wann und vor allem: egal zu welchem Preis – es ist hier kein gutes Essen zu bekommen. Vielleicht mal etwas Okayes in einem Bistro, aber nur, wenn es wochenlang gekochter Eintopf ist. Liegt das an den kleinen Küchen und dass Vieles vorgefertigt und aufgewärmt ist? Oder an der Erwartungshaltung der Franzosen? Man kann nur mutmaßen. Aber jeder, der auch nur einmal einen Teller dampfende Pasta mit der schlichtesten aller Tomatensoßen vor sich hatte, kann sich nur ratlos fragen: Woher kommt all die Begeisterung?? Woher der Ruhm?  Außer Fleisch mit Beilage ist nicht viel. Oder ein paar kühle grüne Bohnen adrett übereinander geschlichtet – neben einem Stück Fleisch. Gut, die Eintöpfe wie Coq au vin oder  Boeuf bourguignon sind l e g e n d ä r. Oder Quiche Lorraine. Meinetwegen auch Ratatouille. Aber davon abzuleiten, man sei die weltführende Essnation? Welch freche Anmaßung! Davon abgesehen gibt es die obigen Gerichte fast nirgends.

Das Standardgericht in Paris ist immer noch das ‚Steak frites‘. Die graduellen Unterschiede zwischen Restaurants kann man dann immerhin noch an der Sauce Béarnaise erkennen. Mein Mann hat sich angesichts dieser Zustände zu einem Experten in Sachen Tatar und Burger entwickelt. Ich kann inzwischen recht viel über Omelettes sagen. Was allerdings wirklich gut ist, sind die Fritten, aber darf man Reiseexperten glauben, gibt es die noch viel unvergleichlich besser in Belgien. Was also soll es sein, das die Überzeugung der Franzosen nährt, nicht nur die schönsten Frauen, sondern auch noch die beste Küche zu haben? Der Schokoladenkuchen mit dem flüssigen Kern? Gibt es in jeder Provinzstadt. Ah, jetzt weiß ich es: die Desserts. Ja, hier wird aufgetrumpft. Die Macarons sind in der Tat wahnsinnig gut und auch die kleinen Torten und Creme Brulées. Käse und Baguette sind auch nicht übel. Allerdings muss man Baguette zwei Mal am Tag kaufen, will man es sowohl morgens als auch abends kauen können. Über die Französinnen möchte ich nun nichts sagen, das könnte allzu leicht stutenbissig wirken und wer selten gewaschene Haare und ebensolche Schuhe mag, kommt hier sicherlich auf seine Kosten.

Ach, werden Sie sagen, das arme Ding muss halt mal in ein ordentliches Restaurant gehen und was Anständiges essen. Haben wir schon auch gedacht. Aber mal im Ernst: ebenso wenig wie sich der Chic der Pariserin auf der Straße erschließt, erschließt sich die Güte der französischen Küche im Alltagsleben. Und das finde ich, sollte sie. Denn wenn ein Land, bzw. eine Stadt sich so in die Brust wirft damit, sollten diese Eigenschaften doch auch außerhalb von Couturiers und Gourmettempeln erkennbar sein. N’est-ce pas??? Verärgerte und hungrige Grüße aus Paris.