Welcome to real life

Da wir mit dem großen Glück gesegnet sind, seit nunmehr zwanzig Jahren Babies und Kleinkinder und Kinder überhaupt um uns zu haben, geht ein bissen – auch in unserem Selbstbild – unter, dass wir an sich auch schon Leute kennen, die sich anschicken, ihre Kinder aus dem Haus zu schicken (von alleine gehen die wenigsten, warum auch?). Aber, es gibt sie. Und es ist ein erstaunliches Phänomen bei ihnen zu beobachten: zuerst können sie es gar nicht abwarten, alleine in den Urlaub zu fahren, mit Freunden, mit der Freundin, mit einer Clique – was auch immer – nur weg von den spießigen Urlauben mit den spießigen Eltern. Dann kommt das eine Jahr, das wir auch mal alleine mit unseren Freunden im Urlaub verbringen durften, das Jahr, auf das wir hingearbeitet haben, auf das wir uns gefreut haben, das wir als Lohn unserer Treue betrachtet haben und das einfach schön war. Und dann? Dann sind sie auch schon wieder dabei.

Sie fanden es zwar ganz chillig mit ihren Freunden, aber es ist halt schon ein Unterschied, ob man in einer Villa am Meer ist, einem schönen Hotel mitten in Stadt oder in einer Pension (Jugendherbergen oder Campingplätze kennen diese Rotzlöffel ja schon gar nicht). Und ob man sich im Restaurant einen Wagyū-Burger bestellt und frisch gepressten Orangensaft oder beim Bordeaux mittrinkt oder eben alles selbst zahlen muss oder gar Freunde hat, die es selbst zahlen müssen und deshalb eben Pizza essen gehen. Auch blöde, wenn man ein Schlauchboot mieten oder gar gar keines mieten kann, statt auf Papis Boot mitzufahren oder ob man in einem japanischen Kleinwagen zum Strand gondelt oder in einem flotten Audi. Ach, einfach alles doof. Langer Rede, kurzer Sinn: Sie sind wieder dabei. Und mir wird schon ganz flau, wenn ich dran denke, dass sie das durchziehen, bis oder auch darüberhinaus, wenn sie eigene Kinder haben. Zum Glück verstehen mein Mann und ich uns gut und werden viele, viele Reisen alleine planen.

Aber mal ganz im Ernst: Was erwarten Eltern, deren Kinder im Restaurant mit acht Jahren nur Orangensaft („but only freshly squeezed!“) bestellt haben und sich Massagen und Zimmerservice mit einer Selbstverständlichkeit geordert haben, die ich mir erst ca. zehn Jahre nach dem Studium angeeignet hatte? Die bei schwarzen Trüffeln angewidert das Gesicht verziehen und ein falsch gebratenes Filetsteak mokiert zurückgehen lassen? Die Eltern sind stolz, dass sie ihre Kinder am Lifestyle teilhaben lassen und denken, das sei sicherlich auch ein Ansporn. Gleichzeitig höre ich heute im Radio, dass 40% aller Schulkinder Depressionen, Stresssymptome und Ängste wegen dem hohen Leistungsdruck haben. Ja logisch! Wie sollen sie denn jemals gleich ziehen? Gar besser werden? Klar, ist das ein Wahnsinnsdruck. Und ich muss sagen: zwar habe ich mich geärgert, dass die Limo, der Schinken und die Schokolade nur für meinen Papa waren, aber ich hab es ziemlich klaglos akzeptiert und ich glaube, das wäre für viele kleinen Würmer auch heute noch besser: zu verstehen und erleben, dass man sich Gutes auch mal erwarten und erarbeiten muss.

Liebe ohne Leiden

Ein fulminantes Ende, sozusagen einen Paukenschlag haben unsere Ferien in Berlin gefunden. Wir waren zu einem Konzert des mir bis dato vollkommen unbekannten Schlagerbarden Dieter Thomas Kuhn. Die singende Föhnwelle wird er wenig charmant genannt, aber er macht beidem – dem Singen und der Föhnwelle – alle Ehre. Was dieses Konzert allerdings so gänzlich einzigartig gemacht hat, waren die Zuschauer, die sich hingerissen und voller Vorfreude verkleidet, vorbereitet und einfach nur wahnsinnig gefreut haben. Flower Power vom Feinsten, bunte Farben und ganz viel Peace haben an diesem Abend die Berliner Waldbühne dominiert. Schwer vorstellbar, dass nur wenige Tage zuvor das Grauen in Barcelona in einer ebenso lebensfreudigen Atmosphäre Einzug gehalten hat. Es hat zwar keiner darüber gesprochen, aber ich denke schon, dass außer mir noch der ein oder andere sich gedacht hat, das wäre jetzt wirklich ein prima Ort, um Entsetzliches anzurichten. Schlimm eigentlich, dass einem diese Gedanken auch und gerade in fröhlichen unbeschwerten Momenten kommen.

Aber das ist eben der Terror. Der Schrecken. Die Angst und der Schrecken, den diese missgünstigen bösartigen Menschen weltweit verbreiten möchten. Weil sie selbst nichts Schönes empfinden können und wollen. Weil sie zu wenig auf solchen Veranstaltungen waren, zu selten die bunten Drachen über dem Meer gesehen haben, zu wenig gegrillte Fische gegessen haben und zu wenig angelacht worden sind. Ich kann es mir nicht anders erklären, dass man sonst so wird. Bei den allerwenigsten spielen inzwischen politische Motive eine Rolle. Sie Miesepeter zu nennen wäre ein Euphemismus. Aber auch schon Miesepeter. Wieso ist man so? Ist die Gabe, Schönes zu empfinden wirklich eine Gabe? Ein Geschenk? Oder kann man sie erlernen wie das Geige spielen? Sie trainieren wie das Gedächtnis? Steh mit einem Lächeln auf und der Tag wird schön – lautet eine alte Weisheit. Aber reicht das wirklich schon aus? Es gibt ja in der Tat Schicksalsschläge, Krankheiten – ob physisch oder psychisch -, die eben das erschweren. Aber sie werden, wie meine Mutter sagt, dadurch nicht besser, dass man andere mit rein zieht und ihnen auch das Leben schwer macht. Mögen einen die Leute dann lieber und sind sie lieber bei ihnen?

Ich kann schon ein rechter Gwaltnickl sein, sagt man mir nach, aber in meinen schlimmsten Momenten ziehe ich mich zurück. Und etwas, das ich irgendwo gelesen habe oder hat es mir gar die kluge Mare gesagt, hat mich in seiner Einfachheit schon durch den ein oder anderen düsteren Moment gebracht: für jedes weniger schöne Erlebnis soll man sich selbst drei schöne bereiten. Und weil das manchmal leichter gesagt als getan ist, bin ich schon essen gegangen – mitten unterm Tag und alleine – und habe dann eben die Pasta als ein Gutes, das Glas Wein als das zweite Gute und den Espresso als das dritte Gute vermerkt. Und irgendwann konnte und musste ich weder die weniger guten noch die besonders guten Erlebnisse mehr besonders zählen und bin unversehens durch diese blöde oder schlimme Zeit geglitten. Das klappt natürlich nicht immer und manchmal ist einfach alles großer Mist, aber es kann sehr helfen. Man wird dadurch kein besserer Mensch, aber sicher auch kein Terrorist. Oder Miesepeter.

Flughafenhotels (und ihre Folgen)

Mehr oder weniger durch Zufall bin ich letzte Woche in einen der letzten romantischen und mythenumwitterten Orte unserer Reisewelt vorgedrungen: Das Flughafenhotel. In einem Flughafenhotel geschieht bestimmt wesentlich mehr Romantisches, Verruchtes und auch Tragisches als im luxuriösesten Hotel in Paris. Superhipp, supergroß und superanonym hat so ein Flughafenhotel die allerbesten Voraussetzungen für Affären, Stop-over oder gar windige Geschäfte. Ich muss zugeben, dass meine Phantasie sofort mit mir durchgeht, wenn ich so einen Ort sehe. Bestimmt stecken ganz viele Geschichten in den einzelnen Zimmern. Wie eigentlich in allem, was einem so im täglichen Leben begegnet. Meine Mutter, ein listiges erfahrenes Weideschaf, das schon fast alles gesehen und gehört hat, erzählt mir immer, wenn ich im Römischen Verkehr bleich vor Zorn werde, weil einer mich mit dem Smart auf’s Übelste abdrängt, Geschichten über die unverschämten Fahrer.

War es ein Mann, so erzählte sie mir beispielsweise Folgendes: Weißt Du, Du hast ihn die ganze Zeit an seine Frau erinnert, mit der er meinte, total glücklich zu sein, für die er gearbeitet hat und die er geliebt hat. Bis zu dem Tag, als er herausfand, dass sie ihn mit seinem Chef betrügt. Oder wenn der Fahrer ganz besonders frech und dreist war, mich gar geschnitten hat, konnte die Geschichte auch so sein: Gerade heute Morgen hat dieser arme Mann seinen Job verloren, seine Frau hat ihn darauf hin verlassen und jetzt ist er auf dem Weg vom Büro nach Hause, in dem es sich gerade sein junger, dynamischer Nachfolger bequem macht. Wie konnte ich da noch ärgerlich sein? Manchmal wäre ich den Leuten am liebsten nachgefahren, um sie zu trösten. Reframing nennt man diese brillante Technik, bei der es letztlich um nichts anderes geht, als eine Tatsache oder ein Ereignis aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, ihm eine andere Bedeutung zu geben. Oder einfach die ganze Geschichte zu erfahren.

Ich denk mir das manchmal auch bei mir selbst, wenn ich etwas drumselig vor mich hinschaue, weil ich mir Sorgen mache oder mit meinen Gedanken meilenweit entfernt bin. Woher sollen die anderen das wissen? Wenn sie wüssten, was mich gerade bewegt, würden sie es sicherlich besser verstehen. Sind dafür vielleicht sogar die Höflichkeits- und Gesellschaftsregeln erfunden worden? Damit das Zusammensein trotz unterschiedlichster Erfahrungen und Charaktere und Temperamente dennoch funktioniert, weil diese eben auf Situationen und Funktionen abgestimmt sind und nicht nur auf das Einzelwesen? Dann wird das gesellschaftliche Zusammenleben vermutlich künftig eher schwieriger als leichter, weil so wenige Menschen es heute noch Face-to-Face trainieren. Vor dem Computer ist es fast egal, wie man sich benimmt, zumindest auf vielen Gebieten. Und wirklich raus gehen muss man auch nicht mehr. Da ist es doch gut, dass es so zentrale Begegnungsstätten wie dieses Flughafenhotel gibt. Da treffen noch echte Menschen aufeinander und vielleicht hält einem am nächsten Morgen einer von diesen unerwartet die Türe auf, weil er ein ganz wunderbares Erlebnis in ebendiesem hatte. Oder ein Mann rüpelt einen an der Kreuzung an. Kann natürlich auch sein…

Fruchtfliegen, Tauben, Bären

Es ist mal wieder so weit, über mein Leben mit Tieren zu sprechen, respektive schreiben. Ich habe zwar keine bewusst angeschafften mehr, dafür umso mehr mehr oder weniger uneingeladene Gäste. Zum Beispiel die Fruchtfliegen. Wenn man, wie ich, Wert auf basische Ernährung legt, wird einem das momentan wahrlich schwer gemacht. Da liegen dann ein paar herrliche Weinbergpfirsiche (ist es nicht toll, dass die Supermärkte sich jeder noch so kleinen Vorliebe anpassen? Wo hätte man früher eine Mango bekommen – ja, ich weiß, böse, garstige Flugmango müsste es heißen, oder eben einen weichen, weißen, saftigen Weinbergpfirsich? Einfach toll!) in der Küche und warten auf ihren morgendlichen Verzehr. Damit ich nicht jeden Tag losrasen muss, wartet der Vorrat für zwei, drei Tage darauf und ich kann die Uhr danach stellen, dass spätestens nach einer Stunde ein Pulk von Fruchtfliegen empört aufschwärmt, kaum, dass ich die Küche betrete. Vom Mülleimer wollen wir jetzt mal gar nicht sprechen. Fürchterlich. Man fühlt sich gleich ein wenig schmuddelig, finde ich.

Bedenkt man jedoch, wie kurz das Leben besagter Fruchtfliegen ist und was sie alles in diesen paar Stunden erledigen (müssen), könnten sie einem bald leid tun. Tauben leben da ja viel länger. Man fragt sich – vor allem angesichts von Karl und Gertrud (jaaaaaa, die gibt es noch!) -, wie lange sie eigentlich leben oder ob sie an ihre Nachfahren ein Büchlein weitergeben mit ihren „schönsten Schlaf- und Ruheplätzchen“? Denn viel anders kann es nicht sein auf meinem Balkon. Diese Dreckstauben sind immer noch da und gerade eben habe ich sie verscheucht, sozusagen kurz bevor sie in die Wohnung hineingeflogen kamen. Blöde Biester. Nun sind aber auch diese Probleme mit Tieren vernachlässigbar, liest man, was einem jungen Mann mit den besten Absichten in den USA widerfahren ist. Der war auf einem kirchlichen Ausflug mit lauter Kindern und war so ausgepowert von den lieben Kleinen und der Natur, dass er von einem Knarzen und Krachen erwacht ist und siehe da, eiderdaus, das Knarzen und Krachen waren die Bärenzähne um seinen Schädel. Angesichts solcher Tier- und Schlaferlebnisse kann sich unsereins glücklich schätzen, wenn er von einer Amsel gegen halb fünf wach geträllert wird. Und zwar aus vielerlei Gründen: erstens weil man so einen leichten Schlaf hat und es keinen Bären und Geräusche braucht, bis man merkt, dass sein Kopf im Maul desselben steckt und zweitens dass es eben doch nur Fruchtfliegen und Vögel sind. Wie so oft im Leben sind es eben die Verhältnismäßigkeiten, die die Zufriedenheit ausmachen.

Mit einem sehr klugen und hoch weideerfahrenen Schaf habe ich das heute auch besprochen: Es gibt Menschen, denen gesteht man einfach nicht so gerne schlechte Laune zu, weil sie einfach keinen Grund dazu haben. Das ist bestimmt manchmal unfair, aber oft hilft es eben bei Missmutigkeiten den Kopf ein wenig nach links und rechts zu wenden. Sozusagen weg von den Fruchtfliegen und Tauben hin zu den Bären, die es ja auch gibt. Zum Glück weit weg.

Tütenknallen

Bei einem MRT meines Kopfes (ich habe einen leicht hypochondrischen Hang, was bei meiner Familie nachvollziehbar und verzeihlich ist, weil sie erst im letzten Moment zum Arzt gehen, dafür dann aber immer was Entsetzliches haben) wurde festgestellt, dass ich noch beachtliche embryonale Teile übrig habe. Sowas fällt mir ein, wenn ich – wie gerade eben – eine braune Papiertüte, in der der Parmesan vom Campo dei Fiori eingepackt war, aufpuste und platzen, respektive knallen lasse. Oder beim Kaugummiknallen. Über 13 glückliche Jahre konnte ich das nicht, weil unser geliebter kleiner Hund nicht schussfest war und auch heute zucke ich zusammen, wenn ich den Knall nicht selbst verursacht habe. Embryonale Anteile verspüre ich auch, wenn ich manchmal – auf dem Heimweg von einem Restaurant zum Beispiel – urplötzlich das unbezwingbare Verlangen habe, zu rennen. Nur auf den vorderen Ballen, so wie früher, wenn man am Strand jemanden gejagt hat und die Füße so wunderbar in den Sand rammen konnte. Sind das ganz normale, altersunabhängige Leidenschaften und machen wir sie nur zu altersabhängigen? Ich vermute, man gewöhnt sich ganz normale Dinge mit zunehmendem Alter (ab 10?) einfach ab.

So wie das intuitive Essen zum Beispiel. Davon habe ich durch Zufall gehört und wie viele treue Leser wissen, habe ich ein sehr kritisches Verhältnis zur Lebensmittelindustrie, weil ich sie sogar noch für gefährlicher halte als Assad und Donald Trump zusammen. Nach meiner heutigen Erfahrung am Pool ist es sehr kühn von mir, diese beiden im Internet in einem Satz zu nennen. Da habe ich nämlich – in unserem WLAN-Netz, das über die ganze Distanz funktioniert!!! – ein Restaurant eingegeben (wir haben uns mal wieder vorgenommen, auszugehen und sind im letzten Moment eingeknickt, weil es einfach so wunderschön ist auf unserer Terrasse, wir brauchen deutlich mehr Disziplin!!!) und weil es auf dem Rechner dann doch nicht ging, wollte ich es ins Handy eintippen, musste aber nur die ersten beiden Buchstaben von „Eno…..teca……“ tippen und schon war das Gesuchte vorgeschlagen. Gruselig. Enotecas gibt es ja nun wirklich viele in Rom und auch auf der ganzen Welt. Also jedenfalls die Nahrungsmittelindustrie und ihre zahlreichen Verbrechen. Beziehungsweise das Buch, von dem ich gelesen habe. Es heißt: Intuitiv essen. Und darin geht es – oh Wunder – darum, dass kaum ein Mensch mehr nicht diätgeschädigt in irgendeiner Form ist, man aber tipptoppi ausgestattet zur Welt kommt.

Kaum eine Frau, die einfach ein Jägertöpfle mit Spätzle oder ein Wiener Schnitzel mit Pommes bestellt. Selbst die Gegrillten-Fisch-Esserinnen müssen sich schräg anschauen lassen, wenn sie nicht explizit die Kartoffeln abbestellen und kaum ein Kellner in einem sophisticated Restaurant würde nicht nachfragen, ob der Fisch nur mit Gemüse oder auch mit – huch!!! – Kartoffeln serviert werden soll. Das intuitive Essen nunmehr soll die völlig verschütteten, von der Natur so klug angelegten Hungerimpulse wieder hör- und spürbar machen. Die, die wir mit zunehmendem Alter so brillant unterdrückt und durch Diäten ersetzt haben. Kann man daraus schließen, dass wir tatsächlich weise zur Welt gekommen sind und es uns nur sukzessive versauen? Da mag was dran sein. Ich zum Beispiel komme mit zunehmendem Alter immer wieder auf bahnbrechende Weisheiten und muss mich dann erstaunt erinnern, dass ich Dasselbe, nur viel prägnanter, schon mit 18, 20 gesagt hatte. So falsch kann es also nicht sein, am Tütenknallen allergrößten Gefallen zu finden.

Was täte ich nur ohne die Medien

Ja, was täte ich nur ohne die Medien? Was täten alle Menschen nur ohne sie? Zum Beispiel gestern im Flugzeug die junge Dame neben mir? Bis zur allerletzten Sekunde war sie mit dem Tippen und Lesen und Kichern über Nachrichten beschäftigt. Dann eineinhalb Stunden recht nervös und völlig tatenlos. Ein normales Buch konnte ihre Neigung zur Kommunikation nicht befriedigen. Denn das Lesen an sich scheint es nicht zu sein, das sie reizt. Im Landeanflug hat es uns ziemlich gebeutelt und sie war sichtlich verängstigt. Kaum hat das Flugzeug Boden berührt (man hat leider sehr deutlich gemerkt, wann das war!!!), hat sie ihr Telefon endlich wieder anschalten und weiter kommunizieren können. Ich nehme an, sie hat alle Details des Anflugs geschildert. Nun will ich mich beileibe nicht ausnehmen von der Medienabhängigkeit. Schließlich haben wir hier gemeinsam einen Blog laufen, den es ohne all die wunderbaren Möglichkeiten, miteinander in Verbindung zu bleiben, gar nicht gäbe. Zwar hat er nicht den Stellenwert eines Briefwechsels zwischen Goethe und Brentano, aber vielleicht ist das auch der fehlenden Einzigartigkeit geschuldet und nicht nur dem Inhalt. Der Illusion kann man sich ja mal hingeben.

Tagsüber habe ich mit den Medien so ziemlich dasselbe getan wie immer. Hatte das Handy dabei, habe geschaut, wer mir schreibt, habe ein Wort gegoogelt und bin mit Menschen in Kontakt geblieben. Am Abend habe ich über ein Medium erfahren, dass jemand mir gerne Blumen zukommen lassen würde, ich aber nicht da war und dann kam mein persönliches Highlight im ehemaligen Medium Nummer eins, dem Fernsehen: das Traumschiff. Da muss ich so alt werden, um dieses Urgestein der deutschen Reise-PR einmal mit eigenen Augen zu sehen. Und dann muss ich auch noch beschämt zugeben, dass ich es nicht aus Interesse geschaut habe, sondern, weil sonst überhaupt nichts anderes zu sehen war und das ausgerechnet an einem der wenigen Tage, an denen ich überhaupt fernsehe. Ärgerlich und gleichzeitig bereichernd. Was da in 105 Minuten alles an kleinen und größeren Tragödien geschieht, gibt’s – so würde meine Mutter sagen – auf keinem Schiff. Zum Glück genügt eine Fahrt nach Singapur und zurück, um alles zur Zufriedenheit aller zu lösen. Denn, das lernen wir, im Grunde sind alle Menschen gut und wenn sie es noch nicht sein sollten, werden sie es zumindest auf diesem Schiff.

Sie mögen gut sein und nichts Böses wollen, aber der Drang zur lebensbestimmenden Mediennutzung, man könnte sagen Verwischung der Grenzen zwischen Leben und Medien, kann auch entsetzliche Folgen haben. Lese ich doch nicht kurz nach dem Aufwachen, dass da eine zwanzigjährige Frau ihren einundzwanzigjährigen Mann vor laufender Kamera erschießt, weil sie letztlich und fatalerweise doch an die Macht des gedruckten Wortes glaubt. Sie und ihr Mann, beide Eltern eines dreijährigen Kindes und in Erwartung eines weiteren, wollten ihren YouTube-Kanal befeuern indem sie vor laufender Kamera auf ihren Mann schießt. Er hält sich zum Schutz lediglich ein dickes Buch vor die Brust. Aber hier wie in der realen Welt gewinnen die digitalen Medien und der Schuss geht durch die Seiten. Der junge Mann ist tot. Ein tragischer Unfall. War das Buch nicht dick genug? War der Inhalt zu soft? Oder war es die Rache der Bücher? Weil sie so lange vernachlässigt worden sind und nicht für so einen unwürdigen Schmarrn missbraucht werden wollen?

Body Shaming

Ich habe erst vor ein paar Tagen – wie leider bei so manchen lebenswichtigen Aktualitäten – vom Film-in-aller-Munde „Embrace“ gehört. Und den Begriff Body Shaming habe ich eher unter der Hand, bzw. im Unterbewusstsein aufgenommen. Egal. Jetzt spiel ich wieder mit und äußere mich natürlich dazu. Denn natürlich shame auch ich meinen Body. Zum Beispiel meinen Bauch oder meine leider recht großen Füße. Jüngst kamen auch meinen Waden dazu. Ich gebe zu, ich jammere – wie die meisten – auf hohem Niveau. Es ist wie mit den Yachten oder Gulfstreams: eine ist immer größer (oder eben kleiner….). Das stimmt. Aber warum tun wir Frauen das? Weil wir Kritik vorgreifen wollen? Uns damit unangreifbar, niedlich, klein, ungefährlich machen wollen? Wie „Hurricane“ in dem wunderbaren gleichnamigen Film? Der seine Gefängniszelle niemals verließ, weil er sich dann frei fühlen konnte. Frei zu bleiben. Frei zu entscheiden, ob er raus wollte oder nicht? Auch wenn diese Wahlfreiheit nur eine Stunde war am Tag war, ihm aber auch die restlichen 23 Stunden die Gewissheit seiner freien Entscheidung gegeben hat?

Frauen und ihre Körper sind eine unergründliche Geschichte. So richtig zufrieden scheinen nur diejenigen Frauen zu sein, die es in den Augen der anderen, der vom Medienideal gegeißelten, am allerwenigsten sein dürften. Diese Glücklichen sind meist die Kräftigeren, die in fuchsiafarbenen Leinenhosen, T-Shirts und dunkelblauen Birkenstocks, wahlweise Treckingsandalen. Oft schieben sie noch zufrieden ein oder zwei Kinder vor sich her und bossen ihre schmalen Männer in furchteinflößender Manier herum. Man merkt, aus mir spricht der pure Neid. Gerne hätte ich – allerdings in fast jeder Beziehung – ein solches Selbstvertrauen, das unabhängig von Spiegel und Medien fest in meinem Selbst verankert ist. Das Selbstbewusstsein, das mich über alles stellt und die Welt als Diener meiner inneren Werte betrachtet. Ist aber nicht so. Ist bei den wenigsten meiner Freundinnen so. Und das ist – um einen längst vergessenen Bürgermeister zu zitieren – auch gut so.

Denn gerade diese neckende Unzufriedenheit, das leichte Rumkritteln an sich kann auch der Beginn oder der Kitt von Beziehungen sein. Nichts ist ärgerlicher als solch wahnsinnig selbstbewusste Personen, denen nie etwas misslingt, die großartig aussehen und alles prima hinkriegen. Außer unzulänglich kann sich in ihrer Gegenwart nur schwer jemand fühlen. Klar, Selbstliebe. Superwichtig! Elementar geradezu. Aber in gesteigertem Ausmaß nicht direkt sympathisch. Sich ein bisschen kleiner machen, um anderen zu gefallen ist natürlich saudumm und nicht nett sich selbst gegenüber, aber liest man sich eine der vielen Definitionen eines Gentlemans mal genauer durch, dass es nämlich solch einer ist, der dafür sorgt, dass andere sich in seiner Gegenwart wohl fühlen, dann gehört manchmal gar nicht so viel dazu, das zu bewerkstelligen. Protzerei und pure Selbstzufriedenheit tragen sicher nicht dazu bei. Übertriebene Selbstkritik auch nicht, denn die zwingt andere dazu, das Gegenteil zu beteuern und wird leicht zum manipulativen Fishing for compliments. Aber Dinge oder Fähigkeiten, die andere einschüchtern auch mal zu relativeren und dem Mitmenschen klar machen, dass hinter der ein oder anderen scheinbar mühelosen Erscheinung oder Fähigkeit harte Arbeit oder ein Gottesgeschenk steckt oder man das selbst leider noch nicht so positiv sehen kann, ist sicherlich eine freundliche und gute Basis. Für sich selbst und andere. Ich glaube, es ist nicht immer gleich alles Body Shaming, sondern Vieles auch eine Angewohnheit, denn wenn so viele Frauen mit ihrem Körper unzufrieden sein sollten, würden sie es doch ändern, oder? Wir sind doch nicht blöde.

Bericht aus der Hauptstadt

Gerade in Bayern wird ja sehr gerne über unsere teure halbfertige Hauptstadt geschimpft, gelächelt, gelästert. Völlig zu Recht übrigens. Es ist geradezu lachhaft, was hier an Geld versenkt wird. Kaum sagt einer mit dem Wort „Kultur“ im Titel, es wäre doch ganz supi, wenn die Museen auf der Museumsinsel unterirdisch verbunden wären und Besucher sich somit die Highlights in einem Aufwasch anschauen könnten, so bekommt er es. Flughäfen, Bahnhöfe, bei denen der Taxistand quasi nicht vorhanden ist, ein ganzes Schloss wird wiederaufgebaut, alles ist möglich. Die Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten. Ähnlich den berühmt-berüchtigten Kindern vom Prenzlauer Berg, denen offenbar nichts verwehrt wird, immer in der Hoffnung, dass sie sich dafür prächtig entwickeln. Berlin hat natürlich auch ganz wunderbare Ecken und mit ein bisschen Geduld hätte es sich vielleicht auch von alleine prächtig entwickelt. Mit so vielen Retortenbauten, die sich als Rechtfertigung für wahnsinnige Kosten „Kultur und Kunst“ auf die Fahne geschrieben haben, wird das eher schwieriger als einfacher. Finde ich zumindest.

Dafür waren wir einem wirklich goldigen Hotel und konnten Zeuge der erfrischendesten Jugendkultur überhaupt werden. In einem ehemals grässlichen Durchschnittshotel wurde von einer Hotelkette ein hippes Hotel eröffnet mit DEM Frühstückscafé der Stadt. Rund um die Uhr ist das Mümmeln von unfassbaren Mengen an Eiern und Toast und Pancakes hier möglich. Mindestens zehn Nationalitäten arbeiten in Restaurant und Hotel, alle sehr, sehr freundlich, hilfsbereit und kompetent. Was kostet die Welt? ist nicht mal die richtige Beschreibung für die vorherrschende Einstellung. Es ist eher die Gewissheit, dass Vieles möglich ist, einem Vieles zusteht und mit Freundlichkeit alles leichter geht. Die Butter vom Brot lassen sie sich allerdings auch nicht nehmen. Diese Überzeugung spricht für mich als Kleinstadtkind auch aus vielen Geschäften, die mit unendlichem Optimismus eröffnet werden. Man kann förmlich erahnen, wie fröhliche junge Menschen bei irgendso einem veganen Getränk zusammen sitzen und sich ausdenken, dass ein Geschäft, in dem es nur Wasser zu kaufen gibt, doch wunderbar ankommen müsste und die Marktlücke schlechthin schließt?!

Oder eines mit dem bezeichnenden Namen „Brust 24“, das Brustvergrößerungen für 24 Stunden anbietet. Nun muss man kein Poet sein, um da ins Grübeln zu kommen? Wofür braucht man das? Für ein ganz spezielles Date? Für das Vorsprechen für Pornofilme? Für eine Gala? Um es nur einmal zu sehen? Alles ganz erstaunlich. Bei einem Bummel mit einer Bekannten, die seit vielen Jahren in Berlin lebt, konnte ich dann auch noch erleben, wie das Miteinander so ist. Ganz verständnisvoll, einfühlsam, nett. Jeder glaubt hier an seine Einzigartigkeit und die Brillanz seiner Ideen. Schön ist das. Solange es bezahlt wird. Und dass dieses Klima durchaus auch fruchtbar ist, zeigen die supercoolen Startups, die in Berlin und kaum woanders aus dem Boden sprießen. Erfolg braucht Kreativität. Und ein Ambiente, in dem Querdenken und Rumspinnen zum Alltag gehört. Von der Größe und der Vielfalt finde ich, dass Berlin Paris ähnelt. Nur in etwas netter und ja – kreativer und nicht so hart. Kein Wunder, dass die jungen gequälten Pariser so gerne hierher kommen. Und für uns aus der Provinz ist es auch schön, mal zu sehen, wo unsere Steuergelder hingehen (Entschuldigung, das ist ein Gemeinplatz, den ich auch mal verwenden wollte!!!).

Würdevolle Meerschweinchen

Frauen oder Mädchen, die gerne Männer sein oder werden wollen, konnte ich noch nie verstehen. Bei jedem Ball gleich aussehen? Bei eigentlich fast jeder Gelegenheit? Kaum eine Mode mitmachen können, ohne als hirnloser Geck zu gelten? Bei Schuhen höchstens zwischen schwarz, braun und – ganz flippig – dunkelblau wählen können? Nein, das ist wahrlich wenig verlockend. Die paar Vorteile, dass man mehr verdient und kürzer bei öffentlichen Toiletten oder auf der Wiesn ansteht, können all die Nachteile sicher nicht wett machen. Und – ich muss es leider so deutlich sagen: ich wollte mich als Mann echt nicht mit Frauen rumschlagen. Ich finde Frauen prima, aber ich bin auch froh, dass die Natur mir mitgegeben hat, sie lediglich als Freundinnen haben zu wollen und nicht als Partner. Nun halte ich mich, wie die meisten Menschen es ja generell tun, für ein Paradebeispiel, dass ein Mann wirklich fast alles in einer Frau finden kann. Ich möchte die einzelnen Rollen und Funktionen hier gar nicht aufführen, aber ebenso wie ich ihn ganz wunderbar finde, gelingt es meinem Mann zum Glück auch, kleine Schrullen liebevoll in mein Gesamtbild zu integrieren.

Immer wieder wird gefragt: was will ein Mann von einer Frau? Wie soll sie sein? Was soll sie mögen? Wirklich nur blond, vollbusig und willig? Vor vielen, vielen Jahren, nach einem kleinen bisschen Wein und mit dieser situativ-typischen Weisheit konnte ich mal fließend auf jene entnervt gestellte Frage antworten: Sie wollen am liebsten eine Frau, die ihnen zu essen gibt wenn sie Hunger haben, lieb ist, wenn gewünscht und einen schlafen lässt, wenn man müde ist. Ich glaube, das kommt weitgehend hin. Wenn sie noch hübsch ist, auch gut. Die schwäbische Erklärung dazu lautet: eine Hübsche isst auch nicht mehr wie eine Hässliche. Klar, wenn sie eine reiche Erbin ist, die ihren Mann im mittleren Management dennoch haltlos bewundern kann, umso besser. Aber ansonsten sind Männer, denke ich, etwas toleranter als Frauen. Die wollen nämlich ordentlich viel. Zurzeit zum Beispiel einen Alpha Softie, was kurz und bündig heißt: draußen ein Wildschwein, drinnen ein Meerschweinchen. Aber bitte ein würdevolles.

Ich frage mich, wie lange Männer das noch mitmachen möchten? Zwar bin ich weit davon entfernt, eine Männerfrau zu sein, schon alleine, weil ich Frauen, die sagen, dass sie sich lieber mit Männern als mit Frauen unterhalten, weil das immer so schön unzickig und direkt ist, nicht mag und sie für sozial inkompetente Nestbeschmutzer halte, die in einer Unterhaltung grundlos Bewunderung suchen und das bei matten Männern leichter geht, aber die ganze Entwicklung mit dem Männerbild nimmt doch inzwischen groteske Züge an. Das ist ähnlich wie in einer Ehe. Ewig lang kann man rumnörgeln, quengeln, stänkern. Der andere hört sich alles immer geduldig an. Bis er es sich eines Tages eben nicht mehr geduldig anhört, genauso ruhig aufsteht und verschwindet. Ich als Mann (und ich wäre bereits mit Mitte zwanzig bei meinen dritten Zähnen angelangt, weil ich ein übler Raufbold gewesen wäre, dem man seine Kommentare eben leider nicht so verziehen hätte wie man es bei einer Frau tut) würde mir das ganze Gfrett nicht antun und schon dreimal nicht gefallen lassen. Weder wäre ich ein Wild- noch ein Meerschwein und schon tausend Mal kein Alpha Softie. Mir wurde beigebracht, dass der- oder diejenige, die Ansprüche stellen, auch im Gegenzug etwas parat haben sollten. Oder es handelt sich schlichtweg um Liebe. Dann ist all dieser Anspruchskram sowieso Makulatur.

P.S. Natürlich ist mir vollkommen klar, dass das abgebildete Tier KEIN Meerschweinchen ist. Dafür eines, wenn nicht gar: mein Lieblingstier.

Es soll den Kindern ja schmecken

Wie herrlich unaufgeregt die Obama-Zeit war, wissen wir vermutlich erst jetzt zu schätzen, wo wir täglich mit #-Nachrichten des erdbeerblonden Derwischs konfrontiert sind. Dafür wird diese Nostalgie stetig und sehnsüchtig wachsen. Leider ist die ruhige, ja fast langweilige Zeit – um eines meiner Lieblingsworte zu benutzen – unwiederbringlich. Abgesehen von außenpolitischen, wirtschaftlichen und sozialen Einschlägen, wird nun eine der, wie ich finde, entscheidendsten und richtungsweisendsten und, ja, auch menschenliebensden Maßnamen der Obamaregierung aufgehoben: die Neukonzipierung des Schulessens. Michelle Obama hat sich angesichts der zunehmenden Verfettung und Verblödung der amerikanischen (und nicht nur dieser) Kinder dafür stark gemacht, dass sie weg vom reinen Komfortfood hin zu gesundem Essen kommen. Was die Nahrungsmittelindustrie, die Verpackungs- und Vermarktungsindustrie alles anstellen, damit keine unverarbeiteten Lebensmittel in den Handel gelangen (außer im hochpreisigen Biosektor, aber der deckt keinesfalls die breite Masse ab), ist unvorstellbar in seiner Perfidie und List.

Da wird zum Beispiel zuckerhaltiger Ketchup als Gemüse (Tomaten) deklariert, damit der Gemüseanteil am Essen stimmt. Gleichzeitig können viele Kinder eine Tomate schon gar nicht mehr erkennen. Weder in Echt noch auf Fotos. Um die Machenschaften der Nahrungsindustrie zu verstehen, muss man wirklich ziemlich tief hinein tauchen in deren Tun. Da ist zum Einen die Strategie, funktionale Lebensmittel zu schaffen, die sich fast gar nicht von anderen unterscheiden, aber mit einem minimalen Zusatz Volkskrankheiten wie Bluthochdruck und Fettleibigkeit lindern oder verhindern sollen. Krankheiten, die primär von anderen Produkten aus demselben Konzern verursacht sind. Dem Verbraucher soll suggeriert werden, dass er auf die anderen Lebensmittel aus dem Konzern nicht verzichten muss, gar weniger essen, nur diesen einen Joghurt, Trinkjoghurt (am besten mit ergonomischer Schnabeltassen/Nippelform) zu sich nehmen muss und alles ist wieder gut. Kauen gilt inzwischen als Anstrengung, gar als Sport, der kaum einem Kind (und Erwachsenen in Dreiviertel-Kargo-Hosen und T-Shirt) mehr zugemutet werden darf.

In Ländern mit hoher Armutsrate und hoher Kochtradition werden seit einigen Jahren zum Beispiel Kleinstpackungen von Brühwürfeln, Erdnussbutter oder anderen Fertigprodukten direkt in den Slums angeboten, die für ein, zwei Cent zu kaufen sind. Ein, zwei Cent deshalb, weil es die Beträge sind, die die Frauen im Laufe des Tages zwischen den Mahlzeiten durch Kleinstverkäufe oder Betteln auf der Straße zusammen bekommen. Damit werden geschmacksneutrale Lebensmittel wie Toastbrot oder Kohl „verfeinert“. Die meisten anderen Gemüsesorten sind inzwischen zu teuer, weil die Anbauflächen für den reichen Westen (und die weiterverarbeitenden Konzerne) gebraucht werden. Dadurch dass auch hier Zucker und Geschmacksverstärker enthalten sind, schmeckt es den Kindern und side verlangen in der Folge danach. Damit ist ein wahnsinnig wichtiges kulturelles Element beim Teufel, Familienbindungen, Traditionen, Werte, alles geht den Bach runter. In anderen Ländern passen sich die Konzerne den Einkaufsgewohnheiten der Hausfrauen an und bieten vorwiegend Tiefkühlgerichte im Tür-zu-Tür-Verkauf durch andere Hausfrauen an. Was ich damit sagen will?

Die ganze Welt schaut auf Kriegsgebiete und Krisenherde. Dabei übersehen wir die schrecklichsten weil schleichenden direkt unter unserer Nase. Auf unserem Teller. Ich könnte da verzweifeln.