Tütenknallen

Bei einem MRT meines Kopfes (ich habe einen leicht hypochondrischen Hang, was bei meiner Familie nachvollziehbar und verzeihlich ist, weil sie erst im letzten Moment zum Arzt gehen, dafür dann aber immer was Entsetzliches haben) wurde festgestellt, dass ich noch beachtliche embryonale Teile übrig habe. Sowas fällt mir ein, wenn ich – wie gerade eben – eine braune Papiertüte, in der der Parmesan vom Campo dei Fiori eingepackt war, aufpuste und platzen, respektive knallen lasse. Oder beim Kaugummiknallen. Über 13 glückliche Jahre konnte ich das nicht, weil unser geliebter kleiner Hund nicht schussfest war und auch heute zucke ich zusammen, wenn ich den Knall nicht selbst verursacht habe. Embryonale Anteile verspüre ich auch, wenn ich manchmal – auf dem Heimweg von einem Restaurant zum Beispiel – urplötzlich das unbezwingbare Verlangen habe, zu rennen. Nur auf den vorderen Ballen, so wie früher, wenn man am Strand jemanden gejagt hat und die Füße so wunderbar in den Sand rammen konnte. Sind das ganz normale, altersunabhängige Leidenschaften und machen wir sie nur zu altersabhängigen? Ich vermute, man gewöhnt sich ganz normale Dinge mit zunehmendem Alter (ab 10?) einfach ab.

So wie das intuitive Essen zum Beispiel. Davon habe ich durch Zufall gehört und wie viele treue Leser wissen, habe ich ein sehr kritisches Verhältnis zur Lebensmittelindustrie, weil ich sie sogar noch für gefährlicher halte als Assad und Donald Trump zusammen. Nach meiner heutigen Erfahrung am Pool ist es sehr kühn von mir, diese beiden im Internet in einem Satz zu nennen. Da habe ich nämlich – in unserem WLAN-Netz, das über die ganze Distanz funktioniert!!! – ein Restaurant eingegeben (wir haben uns mal wieder vorgenommen, auszugehen und sind im letzten Moment eingeknickt, weil es einfach so wunderschön ist auf unserer Terrasse, wir brauchen deutlich mehr Disziplin!!!) und weil es auf dem Rechner dann doch nicht ging, wollte ich es ins Handy eintippen, musste aber nur die ersten beiden Buchstaben von „Eno…..teca……“ tippen und schon war das Gesuchte vorgeschlagen. Gruselig. Enotecas gibt es ja nun wirklich viele in Rom und auch auf der ganzen Welt. Also jedenfalls die Nahrungsmittelindustrie und ihre zahlreichen Verbrechen. Beziehungsweise das Buch, von dem ich gelesen habe. Es heißt: Intuitiv essen. Und darin geht es – oh Wunder – darum, dass kaum ein Mensch mehr nicht diätgeschädigt in irgendeiner Form ist, man aber tipptoppi ausgestattet zur Welt kommt.

Kaum eine Frau, die einfach ein Jägertöpfle mit Spätzle oder ein Wiener Schnitzel mit Pommes bestellt. Selbst die Gegrillten-Fisch-Esserinnen müssen sich schräg anschauen lassen, wenn sie nicht explizit die Kartoffeln abbestellen und kaum ein Kellner in einem sophisticated Restaurant würde nicht nachfragen, ob der Fisch nur mit Gemüse oder auch mit – huch!!! – Kartoffeln serviert werden soll. Das intuitive Essen nunmehr soll die völlig verschütteten, von der Natur so klug angelegten Hungerimpulse wieder hör- und spürbar machen. Die, die wir mit zunehmendem Alter so brillant unterdrückt und durch Diäten ersetzt haben. Kann man daraus schließen, dass wir tatsächlich weise zur Welt gekommen sind und es uns nur sukzessive versauen? Da mag was dran sein. Ich zum Beispiel komme mit zunehmendem Alter immer wieder auf bahnbrechende Weisheiten und muss mich dann erstaunt erinnern, dass ich Dasselbe, nur viel prägnanter, schon mit 18, 20 gesagt hatte. So falsch kann es also nicht sein, am Tütenknallen allergrößten Gefallen zu finden.

2 Gedanken zu „Tütenknallen“

  1. Intuitiv essen? Hm zur Zeit kann ich ganz ohne Essen auskommen. Ich denke nicht mal dran, Hunger habe ich auch keinen, es fehlt mir nichts. Ich esse, weil alle mit mir schimpfen und behaupten, daß es so nicht weitergehen kann. Kann schon, aber man ist dann halt so schlapp. Was ich gerne mache, in jungen Jahren öfter gemacht habe, nach irgendwelchen Festen die Schuhe ausziehen und barfuß heimlaufen. Das darf man auch nur, wenn man vorher richtig gegessen und getrunken hat. Also derzeit nie. Bei manchen Leuten frage ich mich des Öfteren, warum sie zum Essen gehen. Wenn ich so wählerisch wäre, würde ich daheim ein Steak in die Pfanne werfen und fertig. Die tauschen bei der Bestellung alles aus und nehmen dann auch noch eine halbe Portion. Mein Fußballgott würde sich für mich in Grund und Boden schämen. Das darf man nicht! Rein intuitiv.

  2. Also das mit der römischen Terasse verstehe ich wobei ich mich an kein einziges mal erinnern kann, dass die liebe Bloggerin und ich ausgehen wollten. Zu schön ist es auch in Ihrer Küche zu sitzen zu ratschen, so zu tun als ob man helfen wollte und dann zuschauen wie alles husch husch weggeräumt wird. Man selber aber vor lauter Wein trinken gar nicht mehr in der Lage dazu wäre und nur Bewunderung äußert. Ja so einfach kann das sein mit dem Essen ein paar gute Zutaten jemand der es exzellent zubereiten kann, da brauch ich keine Intuition und esse intuitiv einfach was mir vorgesetzt wird. Aber wie schon meine weise Freundin zu sagen pflegt jeden Tag treiben sie eine andere Sau durchs Dorf. Mittlerweile wird dir schon im Schuhgeschäft mitgeteilt das dies vegane Schuhe seien ! Ja sag mal was soll das denn ! Ich denke immer übers essen nach leider sagt mir das meine Waage jeden Tag aber ganz ehrlich intuitiv hau ich mir halt gerne ne basische Leberkäsesemmel rein wenn mir danach ist was solls man lebt nur einmal alles in Maßen ist ok finde ich.

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