Alles gleich, alles neu, alles Luxus

Es ist schön und traurig zugleich, wie so viele Dinge so oft. Schon vor ein paar Wochen haben wir die Bauarbeiten auf der Via del Babuino beobachtet und ich habe mir gedacht, endlich, war ja klar. Im Laufe der 15 Jahre, die ich in Abständen hier lebe, habe ich Gelegenheit gehabt, einen Wandel zum internationalen Kommerz zu beobachten. Die Hauptstraßen wie Via Condotti und Via Frattina sind natürlich von jeher die Luxusmeilen, beflaggt von Traditionscouturiers und Luxusjuwelieren, die Via del Babuino hin zur Piazza del Popolo war jedoch immer noch so eine kleine, ruffelige Straße, bei der man sich wundern konnte, dass ausgerechnet Tiffany und später auch Chanel ihre Lager aufschlagen.
Wundern deshalb, weil es an sich als Rennstrecke vom Pincio über dei Piazza del Popolo ins Centro galt. Parken konnte man auch durchaus nicht schlecht. Dafür waren die Bürgersteige sehr übersichtlich. Zu zweit konnte man nicht nebeneinander herlaufen, Ausweichen war wegen der parkenden Autos fast unmöglich und so musste man den Pariser Gang praktizieren. Nur leider verstand den in Rom kein Mensch. Immer mehr hochpreisige Geschäfte haben sich seitdem angesiedelt und so war es nur eine Frage der Zeit, bis sich die Ladeninhaber zusammentun würden, um etwas gegen diese bummel- und kaufopposite Situation zu unternehmen. Das ist, wie gesagt, in diesem Sommer geschehen.
Nun sind die Bürgersteige breit, die Straße schmal und quasi gesperrt und alles sollte an sich ganz prachtvoll und toll sein. Allein es ist ein Graus, denn wenn man die Straße entlang läuft, hindern auch die Bars und Pizzerien nicht daran, dass man sich wie in jeder anderen x-beliebigen Großstadt fühlt. Ähnliches haben wir kurz zuvor auf dem Großmarkt in Testaccio erlebt. Auch dort wurde modernisiert und umstrukturiert nach bestem Willen und Vorsatz. Irgendwie fehlt jetzt das Leben. Andererseits, in zwanzig Jahren findet man es wieder romantisch. Wir sind halt einfach zu früh dran jetzt.

2 thoughts on “Alles gleich, alles neu, alles Luxus

  1. Unsere spießige, bürgerliche, zu 50 % in Ausländerhand befindliche Kleinstadt baut seit den Tagen der Römer um! Nicht immer zur Freude der zahlenden Bürger. Im Gegenteil, vor mindestems 40 Jahren hat man die Prager Bevölkerung händeringend um ihre alten Kopfsteinplaster gebeten, sicher auch noch viel Geld dafür bezahlt und diese entsetzlichen Stolperfallen in der Fußgängerzone unserer Stadt ausgelegt. Wahnsinn, mörderisch für Schuhe und Beine, die Augsburgerin hat sich im Laufe der Jahre angewöhnt nur noch mit flachen, bequemen und nicht schönen Schuhen in die Stadt zu gehen.
    Jetzt ist die Stadt – wie Rom auch – eine Baustelle, das Pflaster kommt wieder raus zugunsten eines glatten, schönen, hellen und sehr empfindlichen Belages. Mal sehen, wie dieser Belag sich auf Dauer bewährt. Um zum Ende zu kommen, seit die Stadt eine einzige Baustelle ist, haben sich die Leute offenbar ins Umland bewegt, nach München, wo man wirklich voll Freude sein Geld los werden kann und die Fußgängerzone, zwar noch nicht ganz fertig, liegt verwaist da und wird geschont! Ist ja auch was. Blöde in jedem Fall. Diese Stadt hier hat kein Problem, sie ist es.

    • Donnerwetter, das ist schön gesagt! Augsburg ist auch sicherlich die einzige Stadt, in der das Damengeschenk beim stadtwichtigsten Ball, Gummistöpsel zum über die Absätze Stülpen sind. Praktisch, aber bitte, wer nimmt so was?

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