Eng aber unterhaltsam

Heute lehne ich mich einmal ganz, ganz weit aus dem Fenster und merke an, dass ich zweiter Klasse nach Paris fahre. Und es nicht schön finde. Warum, kann ich selbst nicht mehr ganz nachvollziehen, es ist eben so. Es ist sehr voll, sehr eng und alle wollen dauernd schlafen und mein Tippen scheint zu stören. Derweil kann man eigentlich gar nicht gut tippen, weil es eben so eng ist. Und Tee und Croissants bringt einem auch keiner. Sitzt man noch dazu in einem Vierersitz mit zwei Gegenübern, ist es auch für die Beine eng. In Karlsruhe ist, weil es noch nicht reicht, ein Pulk junger, sehr großer und sehr breiter Männer eingestiegen. Angeblich sind sie ein Fußballverein. Und angeblich haben sie unsere Plätze reserviert. Mein Sitznachbar hat mich ratsuchend angesehen und ich habe ihm beruhigend zugeraunt, dass wir eins A mit denen fertig würden. Er müsse das Körperliche übernehmen, ich würde sie verbal in Schach halten, vermutlich wäre andersherum besser, aber das kann man einem Mann ja kaum sagen. Darüber kamen wir ins Gespräch. Er ist Kunsthistoriker und geht heute Abend im Jardin des Tuileries joggen. Wie beschämend. Das ist eine Touristenaktivität. Ich müsste nur aus dem Haus stolpern und mir käme es niemals in den Sinn. Sein Freund hat sein Geschäft an der Place Vendome und wie ich natürlich sofort gefolgert habe, als Juwelier. Wunderbar, da kenn ich mich aus. Schon viel besser.

Die süßen Buben mir gegenüber haben sich jetzt einen Eierkarton voll mit gekochten Eiern heraus geholt und spielen ein nettes Ratespiel auf ihrem Handy. Sie sind übrigens Rugbyspieler, die ganz wichtige Spiele in Frankreich mit Franzosen, Italienern und so weiter haben. Reizend. Ist eigentlich doch gar nicht so übel hier. Halt ein bisschen eng. Jetzt sind sie bei der Kategorie ‚Hochzeit‘. Was wollen die darüber wissen? In der Tat gar nichts. Das gesuchte Wort war ‚Liebe‘, das haben sie mit einem Joker herausgefunden, den man kaufen musste. Alle drei waren sich einig, da wären sie nie drauf gekommen. Wieso auch? Das erste Wort, das in dem Zusammenhang kam, war Torte. Denken nur ans Essen. Jetzt ist die Frage ‚Guter Ort für eine Party‘, Club, Scheune, Disco, Wiese, ist es alles nicht. Strand war’s. Grünes Gemüse haben wir jetzt. Bin voll im Fieber. Rosenkohl? Ist das nicht weiß??? Nein. Ach, die Jugend. So Erbsen sind auch grün. Ja, Grünkohl auch. Und Bohnen? Ja, gibt auch grüne. Äpfel? Nein, ist kein Gemüse. Jetzt denken sie an Teller in der Jugendherberge, ob da irgendwas Grünes drauf war? Meine Güte, was essen denn die jungen Sportler von heute? Ich sehe außer dem Eierkarton noch einen SuperEnergyRiegel vor mir liegen. Sie kommen nicht weiter. Soll ich Gurke sagen? Stangensellerie? Die sind so goldig, aber es kommt mir ethisch verwerflich vor, den Prozess weiter zu begleiten. Ich muss sie im Unklaren über die Lösung lassen. Nein. Ich konnte nicht anders und habe fast ohne Ton ‚Spinat‘ geflüstert. Das wars und hat mich ganz weit nach vorne gebracht. Ab jetzt darf ich mitspielen. Hurra. Mein feingeistiger Nachbar hat sinnig bemerkt: Sitzen da wie Popeye, aber Spinat fällt ihnen nicht ein. Zweiter Klasse fahren ist wunderbar. Man darf halt nichts außer Zugfahren im Sinn haben.

3 thoughts on “Eng aber unterhaltsam

  1. Etwas abgewandelt möchte ich das Lied anstimmen, holde Jugend, wohin bist du entschwunden, bringt mich aber leider nicht weiter. Das Thema ist viel zu traurig. Ich mag ja garnicht mit fremden Leuten im Zug und so reden, ich mag lieber still sein, weil die Leute sind oft so neugierig. Aber als ich jung war, das war etwas anderes, man hat geflirtet, geplaudert und sich gefreut. Nur ich kann mich nicht erinnern, jemals eine so interessante Begleitung gehabt zu haben, na ja, ich bin halt auch meistens vom römischen Feldlager nach München und zurück von Mainz ins römische Feldlager. Das war nie ergiebig und ich habe jedesmal beschlossen, nächstes Mal fahre ich dann wieder mit dem Auto! Und jetzt geht das alles nicht mehr und ich bin traurig, dass ein Lebensabschnitt nach dem Anderen wegbricht. Das ist schon komisch zu wissen, daß man verschiedene Dinge nie mir tun wird.
    Viel schlimmer ist es, dass meine Vorratshaltung mit Gummibärle beklagenswert schlecht ist. Habe nur diese arg sauren, Wahnsinn, meine Zunge ist ganz rauh und wund und ich kann nicht aufhören. Habe die falschen gekauft, so milchige und die mag ich ja überhaupt nicht. Ach, dann les ich halt jetzt und drücke die Zunge an den Gaumen damit sie heilen kann, bis der nächste stichsauere Gummibär kommt.

  2. Ja so ist das im Leben. Da denkt man, es endet nie, man kann alles erreichen, ist unverwundbar, ist neugierig und voller Ideen. Dann plötzlich wird man älter, merkt dass der Körper nicht der ist, den man nach vor kurzen gekannt hat, wird durchsichtig für die Welt. Ja dann ist mann traurig, dass man manche Dinge nicht mehr erleben wird. Das ist auch bei uns „jungen“ Biberln so, liebes Prunkschaf. Aber im Zug mit jungen Rugbyspielern zu reisen, Intelligente Sitznachbarn zu haben, das scheint mir doch abenteuerlich und aufregend! Ich glaub, ich muss auch mal wieder ein Abenteuer starten, jetzt nicht unbedingt im Zug, mag das nämlich auch nicht, mit Fremden im Zug zu sprechen, das ist mir unangenehm. Das mit den Gummibärler macht mich echt traurig, bin kurz davor zu Haribo zu fahren und einzukaufen für das Prunkschaf!

  3. Meine liebe Mare, lass Dich bitte durch nichts von diesem lobenswerten Vorhaben abbringen. Ich bezahle einschl. Porto, wenn ich nur welche bekomme. Rot, lila, orange, dunkelrot, das genügt, wenn es mehr als hundert Gramm sind. Heute habe ich den Fußballgott auf der Autobahn in eine große Raststätte gezwungen, um Gummibärle zu kaufen, Ach, die erste Tüte hab ich schon mal nicht aufgebracht, hätte sie auch besser zugelassen, heißen irgendwas mit Pasta, sind leicht sauer, schmecken aber wie Karton, die anderen sind mit 25% mehr Fruchtsaft gefüllt, naja, nichts kommt an die ran, die Ihr beiden Göttinnen bei Haribo besorgt habt! Und die dritte Tüte hebe ich für den späteren Abend auf um sie dann mit meinen Antibiotika zu nehmen. Wenn sie schmecken! Es ist unlustig alt zu werden! Du wirst sehen, wir werden durch Gummibärle genesen und dann publizieren wir das und bekommen jeden Monat mindestens ein Kilo umsonst! Jeder..Und wwir werden im Fersehen und so auftreten! Die sehr verehrte Bloggerin wird uns coachen und bei den Kleidungsfragen beraten! Ach, das wird toll.

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