Wenn ich um 17.23 nicht da bin, warum sollte ich es um 17.24 sein?

Ich möchte diesen Blog (ja, ja, ich weiß! Es heißt „das Blog“, ich finde das aber nerdmäßig belehrend und bin schon älter, ich werde also „der Blog“ sagen) nutzen, um auch generelle Fragen des zeitgemäßen Zusammenlebens zu besprechen. Zum Beispiel die erstaunliche Angewohnheit selbst schlecht erreichbarer Menschen, wenn sie denn zurückrufen, dieses immer gleich zwei- oder gar dreimal hintereinander zu tun. Man lauscht, vielleicht aus der Dusche oder einem anderen Raum zunächst erstaunt darüber, dass der Zufall gleich kurz hintereinander zwei Menschen einen suchen lässt. Nur um dann festzustellen, dass es ein und derselbe Mensch im Abstand von einer Minute war. Natürlich kann das fast nur jemandem wie mir ohne Mailbox (ja, ja, ich weiß!! Das geht GAR NICHT) passieren. Aber jetzt frage ich mich, oder am besten diese Menschen: warum sollte ich um 17.24 erreichbar sein, wenn ich es um 17.23 NICHT war? Ich hätte ja in der Zeit nicht mal zurückrufen können. Also was soll das?

Meine ganz persönliche Interpretation ist unsere grassierende Rechtfertigungs-ich-bin-fein-raus-Politik. Ähnlich wie das Kleingedruckte im Vertrag. Man wollte gar nicht wirklich mit Demjenigen sprechen, oder wenn doch, dann ist man verärgert, ihn nicht erreicht zu haben, um die „Schuldigkeit“ des Rückrufes zu tilgen. Denn meist passiert so was bei Rückrufen. Sieht man solche Menschen wieder, ist das Erste, was sie einem sagen: Du, ich hab fei zurückgerufen, aber Du warst ja nicht erreichbar und Mailbox hast Du ja auch keine! (Und Deinen Mann betrügst Du, und Deine Kinder schlägst Du und Deine alte Mutter lässt Du von Schäferhunden in der Etagenwohnung anknabbern….). Der Zorn darüber, dass man sich selbst jetzt die Zeit genommen hat und der Andere saufrech in der Zwischenzeit sein Leben weitergelebt hat, lässt den Übertrumpfungsgedanken siegen und das geht nur mit einem verpassten Anruf mehr auf dem Display. Dass dieser Blogbeitrag nun wichtiger war als die beiden verpassten Anrufe – also das kann wohl jeder verstehen. Hat auch länger als eine Minute gedauert, ihn zu schreiben!

All diese Wasserflaschen und Kaffeebecher

Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, wenn Sie – oder vielleicht tun Sie das gar nicht – Klatschzeitschriften durchblättern, ich frage mich dann jedenfalls immer, ob all die Stars vielleicht keine Kaffeemaschinen zuhause haben? Oder keine Wasserhähne? Oder solche Rauschkugeln sind, dass sie sich entweder mit Koffein hochputschen müssen oder den Restalkohol verdünnen müssen? Also ich trinke nicht dauernd auf der Strasse aus Pappbechern oder Plastikflaschen. Im Gegenteil, mir hat man noch beigebracht, dass Essen und Trinken, geschweige denn Rauchen auf der Straße etwas ist, was man nicht tut. Schluzeis bei 35 Grad ist gerade noch ok. Aber dann auch nur, wenn die Kleidung nicht in die Reinigung muss, sondern in die Waschmaschine kann. Erst letzte Woche ist mir ein herrliches, wunderschönes Lieblingssorteneis in Rom vor der Eisdiele von der Waffel abgefallen. Schrecklich. War wohl eine Warnung von meiner inneren Figuruhr….

Aber die Stars! In den feinsten Designerfummeln wuchten sie riesige Becher mit sich herum. Eine reisende Berühmtheit ohne doppelhaushälftengroße Handtasche und Wasserflasche am Flughafen sehen? No way! Also ich fliege ja nicht sooo oft, dann meist auch nicht first class, aber selbst in der Holzklasse bekomme ich innereuropäisch ununterbrochen Wasser angeboten. Wozu muss man dann bitte welches mit sich führen und dann gleich nach dem Aussteigen schon wieder trinken?

Es dient vermutlich zur Untermauerung dieser saufrechen Behauptung, die Size Zero käme nur von gesunder Ernährung, Sport und viel Schlaf und Wasser….Die Franzosen werden bei so durchschaubaren Schwindeleien immer ganz grob und sagen was, wofür andere ihnen den Kopf in den Bauch rammen (bei Fußballspielen). Verstehen kann man sie in dem Fall schon.

Immer heiter, immer gelassen? Wenn man nur schlafen könnte!

Heute so, morgen wieder ganz anders, das kann bei versprochenen täglichen (sic!) Blogeinträgen schon passieren. Tagebuchcharakter eben. Und wer ist schon immer gleich? Welcher Tag gleicht dem anderen? Mal geht’s um die Beschwerdenotwendigkeit, dann werden die Freuden der Meditation gepriesen und heute reden wir mal über den berechtigten Ärger mit der Schlaflosigkeit.

Damit hängt nämlich so Manches zusammen. Nicht umsonst beschrieben Schriftsteller um die vorletzte Jahrhundertwende (da kamen sie durch die Buchdruckkunst erst richtig groß raus, denn ab da hat man sich auch über scheinbar Belangloses schreiben trauen, mit dem Internet sind glücklicherweise dann Albernheiten wie dieser Blog möglich geworden), einen zufriedenen Menschen als einen mit gutem Schlaf und guter Verdauung. Hartleibig war die blumige Umschreibung für – nun, man kann es sich denken. Es hängt beim nicht perfekten Menschen eben viel von den einfachsten Körperfunktionen ab.

Umso erstaunlicher ist es, wie der Begriff der Ataraxie, der heiteren Gelassenheit Einlass in die westliche Welt gefunden hat. Die Unabhängigkeit von Impulsen und Leidenschaften, positiv oder negativ wird da gepriesen als Ideal des menschlichen Daseins. Bitte, so hab ich das immer verstanden, aber inzwischen dürfte jedem (halbwegs regelmäßigem) Leser klar sein, dass ich weit von einem umfassend philosophisch gebildeten Menschen entfernt bin. Mein Leben wird immer noch durch ein fröhliches, impulsgebundenes Auf und Ab bestimmt. Kann ich genug schlafen, sieht die Welt rosig aus, wache ich zu früh auf und es sind bis dahin erst vier, fünf Stunden gewesen, ist alles, was vorher farbig war, grau und trist. Vielleicht wird’s mit dem Alter besser? Das Alter (welches eigentlich) wedelt mit der Hoffnung auf Klug- und Weisheit. Wenn man nur lange genug gelebt hat, hat man fast alles schon einmal gesehen, überlebt, gelöst. Und kann es mit dementsprechender Gelassenheit hinnehmen. In Bezug auf den ersten Liebeskummer, der tödlich schien, mag das stimmen. Dieses Wunder, dass man obwohl der Stefan jetzt lieber mit der Andra geht als mit einem selbst, noch lebt, gibt es. Und auch bei anderen traumatisierenden Ereignissen (Stimme weg beim Vortrag, falsche Zahlen in einer wichtigen Präsentation, Essen total versalzen wenn der Chef kommt) weiß man, das geht vorbei, die Erde dreht sich weiter, am nächsten Tag kräht kaum ein Hahn mehr danach. Es gibt aber auch die Menschen, die von Haus aus eher apathisch auf jegliche Ereignisse reagieren. Die sind dann gleichgültig gegenüber allen positiven oder negativen Ereignissen in ihrem Leben. Sie werten sie einfach nicht und nehmen sie hin. Vielleicht wie Hirsche auf der Lichtung? Oder die Frösche im Teich? Momentan sind meine Impulse noch zu dominant. Denn jetzt, ich muss es zugeben, wartet ein Apple Crumble im Ofen auf mich und das DFB-Finale mit seinen Kollateralfolgen in Form von Männerkommentaren hemmen meinen Gedankenfluss. Da bin ich noch nicht atarax genug. Aber ich bleib dran.

Meditation leicht gemacht

Manchmal gerät man ja einfach so über Alltäglichkeiten ins Schwärmen. Vor allem, wenn man sie länger entbehrt hat und sie dadurch viel aufmerksamer sieht. Ich war heute im Wald – und es hat NICHT geregnet. Und da musste ich feststellen: Die Natur macht tolle Dinge mit einem. Sie ist einfach. Und tut rein gar nichts. Und doch kann man sich so aufgehoben in ihr fühlen. Durch den Wald gehen, die Bäume rauschen hören, den Boden riechen, all die Farben auf der Wiese sehen. Der Wald ist einfach so da. Und lässt sich anschauen. Heute beim Yoga haben wir gelernt, dass Meditation jede einzelne Sekunde möglich ist und nicht viel mehr erfordert als Aufmerksamkeit und die Bereitschaft, sich auf die Gegenwart einzulassen. Sich auf einen Wald einzulassen ist einfach und schön. Er verlangt nichts, gibt aber. Das ist wie bei manchen Menschen. Zu denen kann man immer gehen, sie hören zu, kochen einem Kaffee und lassen einen wieder gehen. Da stellt man sich  die Frage, ob das in Ordnung für sie ist, aber wenn sie so sein können, ist es das wohl. Sie sind mit sich so eins wie der Wald mit sich. Und das ist gibt uns Meditier-Anfängern ein wirklich schönes Gefühl.

Das Eine kommt, das Andere geht

Man denkt immer, die Dinge, die man sich erträumt, kommen zu dem jetzigen Glück dazu und dann müsste es perfekt sein. Aber oft scheint es, als würde für jedes „neue Glück“ ein altes aufgegeben werden. Das versteht man aber erst im Nachhinein. Wenn man Karriere gemacht und alle Stufen in jahrelanger Schinderei, Nachtarbeit und Vernachlässigung des Partners erklommen hat oder wenn man als „Geliebte gesiegt“, aus einer Beziehung aus Leidenschaft eine ganz normale Beziehung gemacht hat. Oder wenn man nach x Versuchen und künstlichen Befruchtungen ein Kind bekommen hat und der Partner einfach nicht mehr kann und einen verlässt. Oder viel lapidarer, man ist einfach nur ein wenig unzufrieden mit dem Leben, hat zu wenig Geld (meint man) oder zu wenig Zeit (meint man) oder ein eintöniges Leben (meint man) und dann wünscht man sich so lange etwas, bis mit dem Wunsch ein scheinbar sicherer Bestandteil des bisher scheinbar unglücklichen Lebens verloren geht und man merkt, dass das neu dazu Gewonnene verdammt noch mal gar nicht so unglaublich fantastisch ist. Weil es nicht noch on top wie die Kirsche auf der Torte gekommen ist, sondern „als Ersatz“. Da beginnt das Bedauern. Und das Bedauern kann ein Leben lang dauern, wenn man aus dieser Situation nicht endlich lernt, sich an dem zu freuen, was man hat.