Non ti preoccupare! Unser Faktotum Massimo

Schon der Name sagt alles: Massimo, der Größte, der Inbegriff, das Maximum. Massimiliano heißt der Portiere unseres Condominios, das – ich erwähnte das bereits – in keiner schicken, gar trendigen Gegend von Rom liegt. Unser Condominio am Ziegenberg wurde in den Siebziger Jahren von findigen Projektentwicklern auf die legendären grünen Wiesen am Rande der sich ausbreitenden Großstadt Rom gepflanzt. Zahlreiche Ziegen haben, wie der Name nahe legt, dabei ihre Heimat verloren. Die Lage war es, die diesen Ort mit der gefährlichen Nähe zur Magliana so attraktiv gemacht hat. Ziemlich genau auf der Hälfte zwischen Centro und Flughafen, ausgestattet mit einem riesigen Park und einem großen Schwimmbad war die Zielgruppe der ersten Stunde der gut verdienende Pilot. Viele Wasserschäden später sollten wir unseren höchstpersönlichen Piloten, der mit seiner Frau unter uns wohnt, nicht mehr als reine Bereicherung empfinden können. Aber das ist einen eigenen Blogbeitrag wert.

Zurück zum Condominio. Um die unschätzbare Bedeutung von Massimo verstehen zu können, muss man wissen, dass der Beruf des Hausverwalters in Italien kein sehr angenehmer ist. Führen sich Hausverwalter in Deutschland gerne wie Eigentümer der Wohnblöcke, die sie lediglich verwalten sollen, auf, hat der italienische Hausverwalter mit wesensimmanenten Widrigkeiten der zu Verwaltenden von ganz substanzieller Art zu kämpfen. Der italienische Bürger wohnt nicht umsonst fast ausschließlich im Eigentum, würde am liebsten alles, was er isst noch selbst anbauen und lässt seinen Pass nur bei der Freundin des Cousins verlängern. Das alles hat einen einfachen Grund: völlig zurecht misstraut er allem, was über die erweiterte Familie hinaus geht. Diese Unmöglichkeit, Italiener für das Gemeinwohl zu begeistern, nimmt auch dem engagiertesten Hausverwalter nach ein paar Jahren den Schwung. Er resigniert und lässt zur Strafe seine im Zuge der vergeblichen Verwaltungsversuche vernachlässigte Brut auf die Hausgemeinschaft los. Denen obliegt es nun jeden Sommer, den Poolwart von seiner Aufsichtspflicht durch endlose Kartenspiele abzuhalten oder Hundebesitzer mit Plastikrevolvern in Atem zu halten.

Praktisches und menschliches Bindeglied zwischen den so entstandenen Fronten ist der Portiere. Und unserer im Besonderen. Ich weiß es nicht, wie es ging, auch wieder eine solche Beziehung, bei der man den Anfang nicht genau kennt, aber ohne Massimo wäre unser Leben, vor allem unser Nicht-Leben hier, unvorstellbar. Sind wir nicht da, kümmert er sich mit seiner etwas bulligen Art darum, dass keiner auf dumme Gedanken kommt, die Bewässerungsanlage auf volle Pulle läuft und alles seinen geregelten Gang geht.

Und obwohl er den Großteil der materiellen und immateriellen Segnungen meiner Initiative verdankt, ist es mein Mann, an dem einen Narren gefressen hat. Liegt vermutlich an dessen gleichmäßig freundlicher Art. Mich kann Massimo durchaus hoch auf die Palme bringen. Das ist bei meiner Terrasse einfach. Sind ein paar Blätter welk oder gelb, bekomme ich legendäre Tobsuchtsanfälle, die sich aber sehr rasch auch wieder legen. Mein Mann schüttet dann noch Öl ins Feuer, indem er Massimo wie einen Heiligen verteidigt und schon sind wir mitten in einem Drama epischen Ausmaßes, weil ihm Massimo wichtiger ist als meine Pflanzen und mein Seelenheil. Jede Ehe braucht ihre standardisierten Schaukämpfe.

Da Massimo aus den rauen Abbruzzen kommt, trägt er das alles mit stoischer Ruhe. Manchmal sagt er meinem Mann, dass er sich ein wenig vor mir fürchtet, aber ganz ehrlich, das muss ich als Kompliment für meine Anpassungsfähigkeit ans italienische Leben auffassen, denn ich kenne keinen Italiener, der nicht eine tief verwurzelte Furcht vor der Mamma oder der Ehefrau hat.

Und ganz so schlimm kann ich gar nicht sein, immerhin sind wir heute als quasi Einzige zur Kommunion seiner Tochter eingeladen. Mehr davon in Kürze.

Ein Gedanke zu „Non ti preoccupare! Unser Faktotum Massimo“

  1. Also dazu nur Folgendes: fürchten tut Massimo sich nicht. Er vergöttert die Donna della casa und ich bin sicher, er führt eine Strichliste bis „seine donna“ wieder da ist und er genaue Anweisungen für seine Tätigkeiten rund um die 4. Etage bekommt. Sobald das Taxi mit der Tedesca wieder Richtung Flughafen fährt, atmet die gesamte Wohnanlage auf, denn Massimo hat plötzlich wieder Zeit, wenn auch übel gelaunt! So geht es wirklich auf dem Ziegenberg zu, der eigentlich Schafsberg heißen müßte wegen der Bewohner, die sich nun dort tummeln.

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