Darmbakterien und Kofferrollen

Nachrichten verändern die Welt. Bücher auch. Eine besonders ungute Kombination – zumindest auf Reisen – ist das Lesen eines Buches über die Geheimnisse von Bakterien, Viren und co (zauberhaft geschrieben, sonst würde ich so etwas niemals lesen) und die Nachrichten aus dem madrilenischen Krankenhaus, in dem völlig unerlaubt und unvorhersehbar eine Krankenschwester an Ebola erkrankt ist. Steigt dann in Straßburg eine betagte Dame zu, die bis Stuttgart ein gefühltes Kilo Schleim hustet (tut mir leid, es ist so und ich kann an dieser Stelle versichern, schräg gegenüber zu sitzen ist noch viel weniger angenehm als es zu lesen), kommt man ins Grübeln und schlingt den Schal enger.
Und da ist es auch schon wieder dieses Phänomen des zuviel Wissens. Weiß man weniger um Risiken und Gefahren, lebt es sich deutlich besser. Man benutzt zwangloser Plastiktüten, freut sich über halbe Hendl zu 1,49 (schon gegrillt) und über die immer wärmer werdenden Sommer (gut, also dieser jetzt noch nicht, soll aber so kommen). Was ist also die Lösung? Nichts mehr lesen, nur noch genießen, hoffen, dass die Welt sich noch genau fünfzig Jahre dreht?
Im Verbindungszug ab Stuttgart konnte ich dafür ein anderes, kühnes wie ich finde, Phänomen betrachten. Ein Baby krabbelt fröhlich den ausgesprochen dreckigen Gang (eine eklige Schande ist das, das muss mal gesagt werden) entlang und verliebt sich auf den ersten Blick in meine Kofferrollen. Nun ging es mir fast ähnlich und deshalb habe ich den Koffer ja auch, allerdings kann ich es mit so viel sabbernder Hingabe keineswegs aufnehmen. Die Mutter des Babys hat vermutlich dasselbe Buch gelesen wie ich, dass bis drei Jahre der Darm mit seinen Zilliarden Keimen, Bakterien und was weiß ich noch alles immer schön gefordert werden muss. Sie hat es offenbar auch verstanden, wohingegen es mich viel gekostet hat, nichts zu unternehmen, denn ICH weiß, wo diese wunderschönen Rollen schon überall waren. Ich hab mich dann ein wenig geschämt für mein zickiges Schalumlegen und werde bei nächster Gelegenheit mal ordentlich an den kleinen Klapptischchen schlabbern, denn die waren als nächstes dran – allerdings nicht mit soviel Leidenschaft wie meine Kofferrollen.

One thought on “Darmbakterien und Kofferrollen

  1. Ich möchte die sehr verehrte Bloggerin doch bitten, auch zukünftig auf das Abschlabbern von Klapptischchen zu verzichten, denn in ihrer Jugend wurde keine derartige Schmutzbremse in den Darm gelegt. Auch ohne Information wusste ich schon immer, dass Dreck nichts auf meinem Kind zu suchen hat. Ich find auch barfuß laufende Menschen in unseren Städten sehr grenzwertig, denn diese sehen meist nicht so aus, als würden sie ihre Füsse anschließend dann in Sagrotan einweichen und schrubben. Zu der hüstelnden Dame kann ich nur sagen, hier befinde ich mich im Zentrum dieser Kranken. U.a. Und diese armen Menschen müssen dann auch noch rauchen. Das ist grausam!

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