Il rientro, la rentrée

Ein Phänomen, das wir in Deutschland so umfassend und gewaltig gar nicht kennen, ist der Wiedereintritt, der Rientro oder das Rentrée in Italien und Frankreich. Bestimmt gibt es das auch in anderen Ländern, aber da habe ich es noch nicht erlebt (und hoffe auch, dass das so bleibt, ein weitere Land würde ich schwerlich verkraften). Der Rientro findet Ende August, Anfang September, allerspätestens Mitte September zu Schulbeginn statt. Nach drei Monaten Sommerferien macht es Sinn, dem Ereignis einen Namen zu geben. In Deutschland mit den bundesweit unterschiedlichen Ferien findet das emotionale Massenereignis nicht in der Form statt.
Ich habe so ziemlich jedes Mal, wenn ich nach Italien komme, meinen persönlichen Rientro. Irgendwas ist immer kaputt, hat sich während meiner Abwesenheit verselbständigt, ist beleidigt oder bockt einfach so vor sich hin. Sind nie schlimme Sachen, aber immer welche, denen man wieder Aufmerksamkeit widmen muss und so muss mir auch keiner sagen, dass auf der Welt alles aus Energie besteht, auch die „töteste“ Materie. Meine ganzen Materien um mich herum leben und haben Gefühle, sind verstimmt und beleidigt und funktionieren dann halt einfach nicht, bis man sich wieder um sie kümmert.
Dieses Mal war es der Duschdüsenhahn. Er hat leise aber stetig vor sich hingetropft, bis die Duschwanne völlig verkalkt war. Unser guter Massimo war ganz betreten, dass er das nicht bemerkt hat, aber ganz ehrlich, ich wäre noch viel mehr betreten, wenn der Mann, der sich um unsere Pflanzen kümmern soll, wüsste, was in meiner Dusche passiert. Ist schon gut so.
Dann war der Auspuff kaputt, was bei der Straßen- und Finanzlage von Rom kein Wunder ist. So viele Stöße kann nicht mal ein landesübliches Fabrikat aushalten. Auch die italienische Kaffeemaschine hat sich bei der Wartung dazu entschlossen, die Capricciosa zu machen und so ist mein Rientro wie jeder echte Rientro in Italien: etwas ruffelig, aber dennoch schön. Die Luft ist klarer, die Abende schon wieder dunkel und über allem liegt so eine leicht melancholische Neuanfangstimmung. Kann man schwer beschreiben, aber ich erinnere mich im September heute noch an neue Kleider und neue Schulhefte. Das war immer eine ganz besondere Zeit. Bleibt zu hoffen, dass die Kaffeemaschine bald einen glücklichen Rientro hier im Haus haben wird. Filterkaffee in Rom zu kaufen, ist nämlich kein Spaß.

2 thoughts on “Il rientro, la rentrée

  1. Da weiß ich nun auch nicht, soll ich die durch Technik und Umgebung so gequäte und geschundene sehr verehrte Bloggerin bedauern ob dieser Malaisen oder beneiden. Wenn ich zurückkomme, ist auch oftmals etwas nicht mehr so wie ich es in Erinnerung hatte oder hinterlassen habe, mit dem feinen Unterschied, ich komme immer im gleichen grauen, missgestimmten, meist regnerischen Land zurück in meine dennoch geliebte Kleinstadt, die zwar von den Römern gegründet wurde, aber so gar nichs vom römischen Wetter weiß. Schade. Ich komme meistens aus den von der sehr verehrten Bloggerin erwähnten sonnenhellen Orten hierher zurück und, ganz ehrlich, jedesmal nach jedem Urlaub frage ich mich: warum eigentlich! Ich bin gene fort, es ist natürlich anders wenn man die Verantwortung für einen zweiten, in diesem Fall sogar dritten Haushalt hat. Ich als Gast bin beglückt, wenn wir durch diese Städte sausen, um dies oder jenes in Ordnung bringen zu lassen.
    Schlimmer finde ich es, wenn geliebte Partner eine von ihnen nicht empfundene Unordnung hinterlassen und dann nicht verstehen können, dass die Hausfrau grätig wird. Da hinterfrage ich mich dann schon auch, ob die von mir gewählte Anordnung der Gegenstände lebenswichtig ist. Einer meiner Männer hat einmal in unserem Haus, als wir drei Tage ungerwegs waren, die Terrassentüre bis hinten offenstehen lassen. Ich einmal am selben Haus an der Türe den Schlüssel stecken lassen. Jeder Einbrecher rechnet da doch mit einer raffinierten Falle!
    Naja, dessen ungeachtet, auch wir Couchpotatoes und Hausnichtverlassenkönner finden über Nacht defekte Haushaltsgeräte vor, auch wenn wir alleine sind und schwören, dass wir es nicht waren, glauben würde ich das einem Anderen nicht!

  2. Es ist meine feste Überzeugung, dass alles lebt. Und dieses Leben ausnutzt. Kaum verabschiede ich mich nicht wortreich von Pflanzen und Wohnung, schon geht die beleidigte Bockerei lost.

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