Ohne Nicola kein Picknick

Das Schönste an einem Samstag alleine in Rom ist das Einkaufen in unserer wilden Straße und dann das Einräumen. Das folgt recht strikten Regeln. Zuerst werden nichtessbare Dinge verräumt. Dann das Obst und dann die Köstlichkeiten von Nicola. Beim Einräumen kann es dann schon passieren, dass die ein oder andere sehr dünn geschnittene Scheibe Schinken probiert werden muss. Vielleicht würde sich ein Stück Pizza bianca dazu ganz gut machen? Womöglich wäre es schade, wenn man nicht gleich probiert, ob die Mozzarella gut ist? Langer Rede, kurzer Sinn. Irgendwann geben wir dann auf und holen Teller, wurschteln alles in Windeseile auf den Tisch (da bin ich Meister) und schwelgen.

Meistens haben wir auch völlig berechtigt Kohldampf. Denn die Jagd kann schon mal eineinhalb Stunden dauern. Wir legen dabei nicht mal einen Kilometer zurück. Immer nur im Zick-Zack zwischen den verschiedenen Geschäften. Heute war ich sehr lange bei De Rossi, dem Mini-Supermarkt meines Vertrauens. Die anderen Händler mögen ihn nicht so sehr, er ist ein bisschen der Streber im Viertel. Preise werden nie abgerundet, weil immer genügend Kleingeld in der Kasse ist. Offenbar weiß man hier, dass Banken auch kleine Münzen bevorraten und ausgeben. Meinen Mann habe ich beim Elder Streetfighter Giulio gelassen. Man muss ehelichen Good-Will nicht überstrapazieren und – zum Glück – ist mein Mann kein Barbourjacken-auf-dem-Markt-Korb-Träger. Er kommt mit, weil er weiß, dass ich nach einer alleinigen Woche froh bin, wenn ich nicht schon wieder alleine losziehen muss. Und, ich vermute, es gefällt ihm auch ein bisschen. Bei Giulio erfährt er bei einem Caffè und vielleicht einem Cornetto alles Wesentliche aus dem Viertel und Giulio erfährt alles Wesentliche aus der Welt. So ist allen gedient.

In der Zeit kann ich meine Trümpfe bei Nicola ausspielen. Ich brauche keine Nummer ziehen, weil ich eine Ausländerin bin, ich bekomme den Schinken so dünn geschnitten, „che si può leggere il giornale“, dass man die Zeitung durch lesen kann und – und das ist das Allerbeste – ich bekomme von allem eine Probierscheibe auf die Hand. Die alten Haudegen-Hausfrauen aus dem Viertel staunen dann nicht schlecht. Wenn ich allerdings höre, wie sie den freundlichen, dompteurgleichen Nicola anfauchen, weil er sie auf der Straße zufällig nicht gegrüßt hatte, oder weil eine Salsiccia nicht den hohen Erwartungen entsprochen hat, so kann man verstehen, dass er sich an meiner sanften Deutschheit labt. Wie schon erwähnt, verstehe ich nicht allzuviel von dem, was er mir erzählt. Einmal, weil ich rechts fast eh nichts höre und weil er halt argen Dialekt spricht. So nicke ich beipflichtend und lächelnd und werde zum wahr gewordenen Männertraum. Wenn das alles erledigt ist, klaube ich meinen Mann wieder auf, vielleicht nehmen wir noch ein Eis mit und dann stürzen wir uns daheim auf die Beute. Danach müssen wir schlafen und dann nimmt das Unheil eines tatenloses Tages seinen Lauf. Wir sind Opfer der Umstände. Oder von Nicola. So ganz ist die Schuldfrage noch nicht geklärt.

3 thoughts on “Ohne Nicola kein Picknick

  1. Mh….habe den Geschmack fast auf der Zunge. Ich hoffe auf diese Tour gehört auch der Bäcker, wo ich die leckersten Ochsenaugen meines Lebens gegessen habe. Oder die Dinger mit der Vanille Füllung, weiß nicht mehr wie sie heißen.

  2. Essen, essen, immer nur essen. Ich weiß jetzt, wie Müttern zumute ist, die Kinder haben die schlecht essen. Mein Fußballgott hat jetzt endlich auch ein Kind, das nicht isst. Er zwingt mich, aber das ist jetzt nicht mein Ding. Bin heute ganz auf dem Nonfoodtripp gewesen. Kosmetik, Haarbürsten, Bodylotion und zum krönenden Abschluss bei den Damen! Den gleichen Pulli in orange den ich schon in blau ärmellos habe und ein Tuch. Ich ein Tuch! Und dann wie die sehr verehrte Bloggerin schreibt, alles in der Küche auspacken, hinriechen, probieren, glücklich sein und zur Belohnung saure Pommes und ein Bitter Lemon und dann Bauchweh. Ich sagte doch ich kann nichts essen!

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