Ventilatoren, die sich träge drehen

Ob es auch anderen Menschen beim Anblick von Ventilatoren so geht? Für mich ist der Anblick von sich langsam drehenden Ventilatoren der ultimative Beweis, dass Ferien sind, dass ich mich in exotischer Umgebung befinde und alles gut ist. Ich stelle mir dann vor, ich sei in einem Roman von Somerset Maugham oder einem anderen dieser großartigen Schriftsteller, die den englischen Koloniallebensstil mit all seinen Irrungen, Wirrungen und Menschlichkeiten so grandios beschrieben haben. Zum Glück habe ich auch Ventilatoren und trotz meiner schwäbischen Herkunft lasse ich einen davon inzwischen auch fast den ganzen Tag laufen. Weil es hilft und weil ich es liebe. Er vermittelt mit seinen trägen Bewegungen so ein gleichmäßiges, beruhigendes Feriengefühl und eigentlich auch, dass der nächste Eistee oder Spritz nur einen Fingerzeig entfernt ist. Leider weigert sich mein Mann das einzig passende Kleidungsstück hierfür zu tragen, um es mir zu servieren. Es ist eine wunderhübsche Kombination aus weißen Leinenhosen und einem langärmligen Shirt, die er aber nur an eiskalten Wintertagen als Schlafanzug zu tragen bereit ist. Da nützt der schönste Ventilator nichts. Getränke hole ich mir auch selbst. Ist eben doch kein Roman.

Sowieso wird das gleichmäßige FLapFlapFlap, das sich aus welchen Gründen auch immer, in längeren Abständen zu einem etwas hektischeren FlapFlapFLap hinaufschwingt und so einschläfernd sein kann, gerade durch das Hämmern eines Presslufthammers erschüttert und da muss ich mich an einem Sonntag kurz vor August schon fragen, woher das kommt und vor allem: warum? Sollte jetzt schon der Moment sein, in dem illegal Terrassen verglast, gar umbaut werden? Arme Tagelöhner zu Renovierungsarbeiten gedrängt werden, weil die Nachbarn alle im Urlaub sind und sich an nichts stören können? Wenn die Sonne endgültig weg ist hier hinten, werde ich nachschauen gehen, aber – oh, eben kam mein Mann und war recht verdattert, weil ich hier herumliege, anstatt ihn beim Kaffeemaschinenentkalken (ja, schon wieder!) zu vertreten. Ich habe es schlichtweg vergessen. Von einer auf die andere Sekunde. Vergessen. Sowas. Muss am Ventilator liegen.

Tatsächlich hat unsere Wohnung zwei Seiten und zwar in jeder Hinsicht. Zur Hofseite ist es am Wochenende herrlich still, vom Park hört man ab und an zwar Kinder quietschen und lärmen (man muss sich zumindest in unserem Condominio wahrlich keine Sorgen machen, dass Italien ausstirbt, höchstens ältere Menschen wie ich werden taub, sonst passiert aber nichts weiter Schlimmes!), aber ansonsten ist es still. Auf der anderen Seite hingegen, der, die Vormittags und bis zum Abend im Schatten liegt, geht es zu wie auf dem Stachus. Die Grillen oder Zikaden (Unterschied???) führen sich auf als müssten sie den ganzen Baum umsägen, Nymphensittiche zwitschern sich gefühlvoll etwas vor und sobald auf der Straße ein Auto vorbeifährt, flippen sämtliche Hunde der Nachbarschaft vollkommen aus, weil ja einer der Fahrer hierher kommen könnte. Nähert sich dann noch einer dieser altmodischen Wagen mit Lautsprecher auf dem Dach, der für ein besonders tolles Waschmittel oder weiß der Henker wofür wirbt, flippen sie dergestalt aus, dass man um ihre kleinen Herzen fürchten möchte. Diese andere, aufregende Seite hat aber auch einen großen, großen Vorteil: sie liegt bis zum Spätnachmittag im Schatten und ist somit bestens geeignet, in eben dieser Geräuschkulisse zu dösen, sich den Grund der Geräusche auszumalen, Geschichten dazu zu finden und von drinnen dem FLapFlapFlap des Ventilators zu lauschen. Das werde ich heute tun. Sehr, sehr beruhigend.

Ein Gedanke zu „Ventilatoren, die sich träge drehen“

  1. Sandra featuring Prunkschaf:
    Bei langsam sich drehenden Ventilatoren denke ich immer an eine der letzten Szenen vom großen Gatsby. Dort steht dieser göttlich schöne Mann an einen Pfosten am Pool gelehnt, bei den sanft wehenden Tüllvorhängen….man kennt ja den Film. Ventilatoren machen mir meist Halsweh oder Sorgen. In Rom im Gästezimmer Sorgen. Weil, eines Nachts bin ich aufgewacht und an der Zimmerdecke war plötzlich ein rot blinkender Punkt. Überwachung durch Externe, Geheimdienst, Bombe an die Zimmerdecke montiert, Kamera auf’s Bett gerichtet, ich hab mich nicht getraut, Licht zu machen. In diesen Jahren habe ich oft sehr schlecht geschlafen, das war’s dann für den Rest der Nacht. Morgens zum Kaffee kam dann die Erklärung, blinkt schon immer, mein Schlaf könne so schlecht nicht sein, heißt nur, der Ventilator und die ganze Technik lebe noch. Hm, vielleicht sollte ich mir auch eine blinkende LED Lampe montieren. Habe jetzt auch das ipad dreimal ausschalten müssen, um wenigstens diese Tastatur wieder einzufangen. Also heute……

Kommentare sind geschlossen.