Loungebesucher

In einer Lounge am Flughafen – so meint man – sitzen viele wichtige Menschen. Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen und psychotische Züge anzunehmen, möchte ich jedoch erwähnen, dass mir Himmelangst wird, wenn ich mir vorstelle, dass solche Menschen die Geschicke von Europas Wirtschaftsmotor lenken. Da schwabbeln undisziplinierte Speckbäuche in Hängepo-Jeans mit Turnschuhen und Langarmshirts vor einem herum und krähen selbstherrlich in ihre Samsung-Handys, dass dies und jenes nicht mit ihnen abgesprochen war und der Müller sich schon mal schön warm anziehen solle, wenn er ihn am Montag erwische. Aber der hat ja eh ein Problem mit Autorität, das sei ja hinlänglich bekannt, wobei er das Wort „hinlänglich“ nicht verwendet, das hab ich jetzt eingefügt.

Gegenüber thront ein großer, robuster Mittfünfziger das Haar etwas englisch zurückgegelt und seine schmalen quietschblauen Hosen recht kess zwei Mal umgekrempelt, so dass man seine Gallo-Strümpfe sehen kann. Seine Füßchen stecken in angesagten weißen Turnschuhen und natürlich hat er seine Louis-Vuitton-Reisetasche nicht zugemacht, warum auch? Im Privatflieger passiert ja nichts und er ist ja lässig! Zwischendurch schreitet tatsächlich mal ein Mann im dunkelblauen Kaschmirmantel vorbei, der auch vor fünfzig Jahren nicht als Außerirdischer oder Zwölfjähriger interpretiert worden wäre, sondern als das, was er vermutlich ist, ein Mann mit Verantwortung, der sich in seiner Rolle zuhause fühlt und der dem Älterwerden auch Vorteile abgewinnen kann.

Der ungepflegte Langarmshirt-Moppel in seinen Turnschuhen (übrigens alles falsche Marken, ich tippe auf IT-Branche), schlendert provokativ wie ein auf Krawall gebürsteter Wolf durch die Reihen und schaut, ob jemand schaut. Tut niemand. Außer mir und das sieht er nicht, weil ich so wild tippe. Also setzt er sich hin und schaut Comics und Fußball (sic!). Jetzt wird es richtig voll und der Trend festigt sich in Richtung heraushängende Hemden, hochgekrempelte Hosen, Kapuzen-Sweatjacken und Turnschuhe. Bequem sieht all das allemal aus, ab und an streifen mich Geruchswölckchen, entweder Weichspüler (das Leben ist hart genug) oder wenig Zeit für Körperpflege. Mein eigener, der angezogen ist wie ein Mann seines Alters auf Reisen und KEINE Turnschuhe trägt und dessen Hemd in der Hose ist, trommelt zum Aufbruch. Schade. Könnte ewig hier sitzen.

3 thoughts on “Loungebesucher

  1. Das war mir völlig klar, dass unser wunderschöner, super gepflegter und immer so teuflisch gut riechender Hüter der Schwiegermutter und deren Tochter völlig korrekt auch in einen Kurzurlaub aufbrechen würde. Alles andere hätte mich zum Weinen gebracht. Habe ich eigentlich schon mal erwähnt, dass er für mich der Inbegriff des gepflegten, souveränen „Herrschers“ ist? Nein, dann geschieht es hiermit. In seinem Kielwasser durch fremde Gestade zu hasten, und sei es ein Flughafen, immer wissend, es wird alles gut, und jeder Weg ist richtig, macht das Leben erst sinnvoll. Unsere sehr verehrte Bloggerin weiß hoffentlich um das Glück, diesen Mann an ihrer Seite zu haben. Diese anderen Figuren, die hier erwähnt wurden, wollen auffallen, aber so macht das keinen Sinn. Ein Mann sollte auch immer zum Anbeißen sein, (obwohl die Werbung ja speziell für den Herren das Deo mit 48! Stunden Haltbarkeit propagiert), auch wenn die eigene Frau das nicht so gerne sieht, wenn es denn geschieht.

    • Habe es dem Weltherrscher in Teilen (man muss nicht übertreiben) vorgelesen, er schwebt gerade kurz ins Bad und verfällt dann in süße Träume nehme ich an.

  2. Ja der sehr verehrte Mann der lieben Bloggerin weiß sichtlich wie man sich dem Anlass entsprechend kleidet und ich gebe dem Prunkschaf recht , er strahlt eine Souveränität aus und da ist es egal was er an hat. So genug Lob gehudelt (das wollte ich schon immer mal schreiben) dieser Mann hat sich auch die passende Frau ausgesucht und das weiß er hoffentlich zu schätzen.

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