Lohn

Ich wache ja oft recht früh auf, ein Relikt aus Kindertagen und seit es das wunderbare Internet gibt, bin ich nicht mehr aufs Lesen in Büchern limitiert, das um diese Zeit doch recht anstrebend sein kann, vor allem, wenn sich die Lesewerte der Brille verändert haben, wie Sie ja ebenfalls wissen (letzter Blogeintrag). Viele Anregungen und Informationen auch für den Blog finde ich hier, aber die morgendliche Lektüre führt auch zu Irritationen und wirft Fragen auf. Und so frage ich mich seit geraumer Zeit, ob ich wohl der einzige Mensch bin, der das Gefühl hat, dass Frau Zschäpe seit gefühlt hundert Jahren der Prozess gemacht wird?

Nun wird es sich wohl auch um einen sehr komplexen Prozessverlauf handeln, da bin ich sicher, sollte aber nicht gerade in einem solchen Fall der berühmte „kurze Prozess“ gemacht werden? Wenn wenig sicher ist in der heutigen Zeit, dann doch, dass der Beruf des Anwalts der einträglichste überhaupt sein muss. Anwälte sind – so meine Erfahrung – nur für jemanden, der sie zum allerersten Mal trifft, Menschen, von denen man sich Hilfe verspricht oder gar Verständnis. Erfahrungsgemäß haben nur die allerwenigsten von ihnen das Berufsethos, das ihnen zugeschrieben wird. Persönlich kenne ich nur einen, der Anwalt mit Leib und Seele ist, ein Advokat gegen Ungerechtigkeit, der – auch zum Leidwesen seiner Familie – nahezu aussichtslose Fälle annimmt, die nichts einbringen außer Gerechtigkeit und von anderen abgelehnt worden sind.

Dieser Mann ist mein Schwiegervater und als ich in die Familie gekommen bin, hatte ich mich kurz gewundert, dass jeder, wirklich jeder ihn kennt und grüßt, er Äpfel, Hühner und Fische bekommt und dem man sein Auto quasi aus der Hand reißt, um es zu waschen oder den Reifendruck zu kontrollieren. Fast jeden hat er in kleineren oder größeren Streitfällen mal verteidigt, fast immer erfolgreich, denn wenn er Ungerechtigkeit wittert, tritt das zu Tage, was ihn mit einem anderen Charakter zu einem der gerissensten Straf- oder Wirtschaftsanwälte gemacht hätte: Schlauheit, Zähigkeit und Wissen. Und wie so oft liegt der Lohn für Menschen, die sich für andere einsetzen nicht im Materiellen, sondern im Gefühl, das Richtige zu tun oder eben genau das, was man tut, zu tun, weil man nicht anders kann.

2 Gedanken zu „Lohn“

  1. So diesen letzten Satz müsste ich mehrfach lesen, um ihn wirken zu lassen oder ihn zu verstehen. Kann man wirklich nicht anders oder will man nur das tun, was richtig erscheint? Ich weiß es nicht und mache mir oft Gedanken, was das wirklich Wichtige und Richtige ist. Ich weiß es nicht! Ich finde es schön, wenn jemand sein Leben so bestimmt lebt, aber ehrlich kann man das glauben, dass jemand nie zweifelt?

  2. Mein Fußballgott kennt sich leider berufsbedingt gut mit Anwälten aus. Es genügt eine kleine Erwähnung und er geht in die Luft. Leider kann ich die diversen Aussagen und Beleidigungen hier nicht wiedergeben, weil ich sonst einen Anwalt bräuchte, um nicht eingesperrt zu werden, es muss genügen, dass ich vor der Ratsuchung bei einem Anwalt warne. Nach den Aussagen nahezu aller mich umgebenden Menschen, sollte man den größtmöglichen Bogen um selbigen Berufsstand machen.

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