Schmelzende Pole? Eine Milliarde Chickenwings!

Seit ich letztens versucht habe, meinen Gefrierschrank in Windeseile abzutauen, ist es mir – ich weiß, dass man darüber keine Scherze macht – wirklich ein Rätsel, wie das ewige Eis, die Pole oder was auch immer, schmelzen kann. Wir müssen uns ja aufführen wie die Irren! Selbst mit Föhn hat es ewig gedauert und über die Energiebilanz möchte ich mir überhaupt keine Gedanken machen. Und während ich so da lag, den Föhn in der Hand, immer überlegend, ob es für mich böse enden könnte, wenn ein Tropfen Schmelzwasser ins Gerät tropft, hatte ich ausreichend Zeit, über Eigenverantwortlichkeit und Massenskrupelosigkeit nachzudenken. Darüber haben wir schon oft gesprochen. Über die Standhaftigkeit, die es braucht, seine Überzeugungen als Einzelner ohne weiterreichende kämpferische Absicht durchzuziehen.

Zieht man in die Welt mit dem festen Ziel, ein Revolutionär zu werden, ein Anführer der Gegenbewegung, trägt einen das Gefühl, Massen zu mobilisieren und einer Gruppe vorzustehen, als Einzelner aber sein Ding durchzuziehen, ungeachtet aller Fakten drumherum, erfordert riesige innere Überzeugung. Denn immer poppt im Hintergrund das Schild hoch: Prima, dass ich die Papierhülle vom Joghurtbecher abziehe und mit Tasche zum Einkaufen gehe, inzwischen gibt es aber über 23.000 Starbucks-Filialen und das ist nur eines von zig Unternehmen, die ihren Geschäftserfolg fast ausschließlich auf Umweltverschmutzung und Ressourcenverschwendung aufbauen. Geht man morgens durch die Straßen, hat mindestens jeder dritte einen Pappbecher in der Hand. Vielleicht mit Biokaffee drin, aber die Verpackung ist sicher nicht bio.

Junge Menschen sprechen vollmundig von Tierschutz und tragen wie ferngesteuert alle dieselben Jacken mit Fellkapuze. Ich bin zwar nicht mehr ganz jung, aber leider auch keine Ausnahme. Allerdings hat sich bei mir ein Schalter umgelegt, als ich in Venedig neben einem Geldautomaten, und zwar so, dass man nicht anders konnte als es zumindest im Peripherblickfeld zu haben, ein Foto der gehäuteten Tiere, die zu Milliarden an Jacken enden, gesehen habe. Schade, dass es sich nicht wenigstens um die Milliarde Tiere handelt, die anlässlich des Superbowls in den USA binnen einer Nacht (sic!) gegessen, zumindest verkauft wurden. Das waren Chickenwings. Da haben die Sportbegeisterten nämlich das Gefühl, etwas Leichtes zu sich zu nehmen. Gefrierschrank ist abgetaut, Kaffee im Porzellanbecher, Weste aus Plüschfell angezogen.

3 Gedanken zu „Schmelzende Pole? Eine Milliarde Chickenwings!“

  1. So ist es recht, einer muss anfangen und die wunderschöne Plüschjacke, die ich kenne, ist sowieso bei weiten cooler als jeder Pelz. Wir haben es doch echt nicht mehr nötig, uns tote Tiere anzuziehen. Gut, ich weiß, ich trage auch diese wunderbar warmen Boots habe aber beschlossen, keine mehr zu kaufen! Muss ganz arg lachen über das Bild im Kopf wie der Eisschrank mit Fön zum schmelzen gebracht wurde.

  2. Um auch einen bescheidenen Beitrag zu den Kaffeebechern zu leisten: heute Morgen im Radio sagte der junge Moderator, dass nur in Deutschland STÜNDLICH 300.000 Kaffeebecher benutzt werden. Und erm der Moderator sich jetzt freue auf einen Kaffee in einer Porzellantasse. Ich kann nichts Schönes dabei finden, einen glühend heißen Becher mit gefährlich wabbelnder brauner Brühe durch die Stadt zu tragen. Ob jemand das cool findet?! Ich nicht, ich finde nach wie vor, wir hatten das Thema schon, dass es ungehörig und unschön ist, auf der Strasse zu essen, zu trinken und zu rauchen. Diese ganzen Auswüchse kommen aus Amerika (ich höre gerade meine Mutter reden) wie die hängenden Hosen, die offenen Turnschuhe, überhaupt, diese ganzen vergammelten Auftritte der sogenannten Prominenz, Fastfood etc. etc…..
    Europa war mal ganz in Ordnung, warum und wann genau und weshalb so schnell dieser Wandel zum Schlechten eingetreten ist, wäre mal interessant zu erforschen. Werde mich mal umsehen im Netz. Wir lesen dann in ca. 10 Jahren wieder voneinander, denn so lange wird es mindestens dauern, bis ich den Strömungen allen gefolgt bin. Bis dann.

    1. Ich fürchte, es hat mit Kaugummis und diesem Teufelszeugs, das man Rock’n Roll nennt, angefangen hat. Dass gerade heute Morgen so ein Beitrag kam, bestätigt meine Theorie, dass immer ähnliche Themen durch die Welt wabern und aufgeschnappt werden. Denn ich weiß in der Tat nicht, wo es bei mir auf einmal hergekommen ist.

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