Ich glaube, wir sind nicht mehr erwünscht. Seit Montag hängt ein Schleier über unserem Vormittagsplatz. Zuerst nur auf der einen Hälfte, aber jetzt durchgängig. Dass einem so etwas gefällt? Erstaunlich. Aber wir wundern uns eh oft über die Menschen. Wie sie sich anziehen, was für komische, unbequeme Möbel sie aufstellen. Alles seltsam. Aber ich muss zugeben, so etwas haben Gertrud und ich noch nicht gesehen. Wie bei einer Hochzeit sieht der Balkon aus. Wir können uns gar nirgends mehr hinsetzen und so langsam glaube ich, das war der Sinn der ganzen Aktion. Eigenartig. Dass sie den Balkon auch selbst nicht mehr nutzen kann, scheint die Bewohnerin in Kauf zu nehmen. Was für merkwürdige Menschen. Derweil hätten wir ihr so ein hübsches Nest gebaut und wundersüße kleine Taubenküken bei ihr ausgebrütet. Wer weiß, vielleicht hätten wir auch Freunden diesen Ort empfohlen, vielleicht hätte sie gute Bewertungen im Pigeon-Nesting-Advisor erhalten? Aber so? Ganz sicher nicht. Ein paar Tage versuchen wir es noch, aber dann ziehen wir weiter. Hilft ja nichts.
Also diese Braut hier veranlasst mich zum nachdenken. Sie rafft das Kleid als wollte sie a. ins Boot hüpfen, wo ist dann der Bräutigam, b. befindet sich dort unten eine Toilette wo sind helfende Freundinnen und c. ist sie jetzt schon auf der Flucht? Wo ist dann ein italienischer Halbgott zu dessen Gunst das Kleid gerafft wird? Sehr undurchsichtig. Also diese Geste des Kleid raffens wirft mich fast eineinhalb Jahrzehnte zurück. Ein Kleid locker dreimal soviel wie dieses, die nervöse Ansage, Mama, ich muß mal. Hatte ich zuletzt wirklich erfreut in den späten 60ger Jahren gehört. All dies veranlasste mich nach verschwiegenen, weiblichen Helferinnen Umschau zu halten. Also, wir hatten uns nicht für ein Boot im Hafen entschieden sondern die enge hierfür geplante Örtlichkeit gewählt. Diese wäre aber eigentlich bereits mit einm leicht übergewichtigen Menschen voll gewesen. Also unerschrocken drei Frauen rein, geht schon, Riesenkleid gerafft, maulige Braut (Mama da kann ich nicht wenn ihr dabei seid) mit Wasserliedern und draußen laufenden Wasserhähnen überzeugt! Vollzug!
Zurück zur Braut am Hafen. War es evtl.so heiß daß sie baden wollte. Ach, diese vielen Unbekannten, so ist es halt, wenn man heiratet, weiß man nicht wohin ie Reise geht.