Immer die Radfahrer

Niemand gibt gerne zu, dass er was gegen aktiven Umweltschutz hat. Aber an dieser Stelle habe ich mich eh schon das ein oder andere Mal als nicht allzugroßer Fan von selbstverliebten Radlern geoutet. Nachdem ich dann vorgestern diese unglaubliche – vermutlich once-in-a-lifetime – Erfahrung mit einem sich entschuldigenden Radfahrer gemacht hatte, war mir natürlich der Wind aus den Segeln genommen und meine Antipathie dümpelte etwas verloren auf hoher See. Bis vorhin. Da durfte ich Zeuge werden, wie zwei Mitarbeiter der Stadt Augsburg einer forschen Bikerin ein Strafmandat verpasst haben, weil sie gegen die Richtung auf dem Bürgersteig entlang geblasen ist.

Knurrig hat sie es hingenommen. Vermutlich ohne weiteren Erfolg. Wie scheußlich eigentlich, dass einem das ein gutes Gefühl gibt. Ist es, weil man erkennt, dass es doch noch Recht und Ordnung gibt? Dass es doch nicht immer spießig ist, die Regeln einzuhalten, dass man – tut man es nicht – zwar saucool ist, aber halt Strafe zahlt? Ich weiß es nicht. Tatsache ist, dass eine Gesellschaft nur ein begrenztes Maß an Regelüberschreitungen aushalten kann. Und zwar jede Form und jede Größe von Gesellschaft. Ein paar Schlauerle und Klassenclowns können immer mitgezogen werden und auch einmalige Nickeligkeiten werden mit verwurschtelt, aber zu viele oder zu häufige Missachtungen haben zwangsläufig Konsequenzen. Sonst schützt die Gesellschaft keinen mehr, auch wenn er schwach ist. Oder Radler.

Ich hatte mit einen Bekannten vor langer Zeit mal ein langes Gespräch über die Sinnlosigkeit des garstigen Regelkorsetts in unserer Gesellschaft und dass es doch weit netter wäre, wenn alle frei und in Liebe ihren spontanen Wünschen und Bedürfnissen nachgebend zusammen lebten. Ich habe ihm ein paar Szenarien ausgemalt, die – alleine in dem Restaurant, in dem wir gegessen haben – im Rahmen des Möglichen lägen, würden wir so leben. Er konnte kein Problem darin erkennen. Als allerdings ein paar Wochen später ein Radler (immer die Radler) seinen Außenspiegel am neuen Auto abgefahren und dann auch noch einfach weitergefahren ist, war er schon ein recht rachsüchtiger Rohrspatz, der eine ausgesprochen detaillierte Beschreibung von Fahrer und Rad bei der Polizei zu Protokoll gegeben hat. Ich habe übrigens auch ein Rad, nicht dass jetzt alle meinen, ich schriebe das, weil ich nicht radeln kann. Von wegen.

2 Gedanken zu „Immer die Radfahrer“

  1. Dass wir alle über die Maßen spießig geworden sind, das wissen wir ja, aber ich bin froh, dass es Regeln gibt, an die man sich halten muss. Gut, man kann sie mal umgehen, etwas ausweiten, aber grundsätzlich gibt einem genau das die Sicherheit, sich in einer Gesellschaft zu bewegen, in der man sicher ist. Und natürlich darf man sich dann auch freuen, wenn einer ein Strafmandat bekommt, weil er was falsch macht.

  2. Leute, die derartige Aussagen machen und sich in ihrer vermeintlichen Lässigkeit suhlen, tun das nach meiner Meinung nur, um selbst auch Carte blanche zu bekommen. Das geht nicht. Gesetze sind dazu da, um eingehalten zu werden. Ich ärgere mich vorwiegend über Zeitgenossen, die alles ignorieren. Ich weiß nicht, wie man mich bezeichnen würde, ich find, das hat nicht mit Engstirnigkeit oder Spießigkeit meinerseits zu tun. Ich finde, wenn alle nur noch machen, was sie wollen, geht das schief das Zusammenleben. Es ist ja ohnehin schon kompliziert genug. Die Kontrollorgane sollten verhundertfacht werden, denn es ist sinnlos, immer neue Gesetze zu erlassen und dann nicht zu kontrollieren.

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