Erstaunliches – so nah

Gesundheitliche Widrigkeiten haben meinen Aufenthalt verlängert, was man nur als pures Glück betrachten kann, denn die Widrigkeiten sind zwar widrig, aber nicht so widrig, als dass man ihnen nicht auch Gutes abgewinnen könnte. Zum Beispiel eine völlig unerwartete Auszeit mit viel Ruhe und Muse zum Schreiben. Wer den Blog schon länger liest, kann sich vielleicht mit mir wundern, wie völlig unverständlich  es für mich sein muss, keinen Hunger, ja nicht einmal Appetit zu haben. Das hatte ich noch nie und ich fürchte, ich bin für all meine flapsigen Sprüche – vor allem am Donnerstag – gestraft worden, als eine Bekannte aus Augsburg mir anlässlich einer Einladung, auf der wir uns getroffen haben, gesagt hat, sie hätte Magen-Darm und könnte nichts essen. Sowas hab ich forsch gekontert, könnte mir nicht passieren, ich kann leider immer essen. Und habe mich neben sie gesetzt. Von wegen. Seit drei Tagen kann ich es nicht. Ärgerlich. Vor allem, wo ich mich in dem Land befinde, dessen Küche ich nach der italienischen am liebsten mag. Egal. Nachdem ich erfolgreich einen Text niedergerungen habe, wollte ich endlich dem steten Tellerklappern nachgehen, das von unten nach oben zu meiner Terrasse geschallt kam. Bestimmt kennt jeder diesen Schweinehund, der überwunden werden muss, wenn es einem eigentlich eins A gut geht dort, wo man ist, man aber weiß, dort draußen wartet die Welt, die Sonne scheint, andere wären froh, wenn sie da wären, los jetzt!

Also bin ich los. Und was soll ich sagen? Die ganze Welt hat auf ein paar Quadratmetern am Hinterausgang meines Hotels auf mich gewartet. Ich meine jetzt nicht, dass internationale Modeketten wie Prada, Bulgari oder Eataly die ganze Welt bedeuten, aber wirklich erwartet hätte ich sie in dieser Hochhaussiedlung nicht. Schon im Gang zu dieser Shoppingmall hat alles geglitzert und geglimmert und ich bin tatsächlich von einem Oh ins Nächste gefallen und habe dann bestürzt bemerkt, dass ich eigentlich eine Burka hätte überwerfen müssen. Ich war viel zu schäbig angezogen. Um mich herum gab es kein Paar Schuhe, keinen Rock, kein Oberteil und schon gleich keine Handtasche, die vorher mehr als einmal getragen worden wäre. Mit meinen zwei Jahre alten Lackballerinas war da kein Staat zu machen. Also habe ich bei Eataly (mich hat es aus alter Gewohnheit eben doch als erstes in ein Lebensmittelgeschäft gezogen) eine kleine Reisezahnpasta für meinen Mann gekauft (für eine Summe, für die ich daheim einen großen Dreierpack kriege und auch kaufe) und bin relativ unverrichteter Dinge wieder zurück ins Hotel gegangen.

Weil ich nun völlig davon überzeugt war, dass hinter all dem noch viel mehr lauert, habe ich dann auf allen Etagen mit Namen gehalten und mir auch dort alles angesehen. Und weil die Leute hier so verwöhnt sind, waren auf allen Etagen auch alle froh, dass jemand mal vorbeischaut und sich interessiert und man ihm was zeigen kann. Sehr betrüblich, dass ich nichts essen mag und auch, dass ein wichtiger Anruf genau in der Sekunde kam, in der ich über den Writers Club aufgeklärt werden sollte. Aber ich habe sozusagen meinen eigenen kleinen mit mir selbst gegründet. Liegt ja auch irgendwie nahe.

2 Gedanken zu „Erstaunliches – so nah“

  1. Bei so schönen edlen Situationen kann ich bedauerlicherweise nicht mitreden und werde es auch zukünftig nicht mehr können. Denn mein Leben ändert sich heute drastisch! Und wenn ich so große Worte niederschreibe, dann meine ich das auch so. Heute bin ich in die Apotheke meines Vertrauens geeilt — bereits hier kann man den Unterschied zu der sehr verehrten Bloggerin – unschwer erkennen und habe dort etwas verschämt auf meinen Ausschnitt und die darin befindlich roten Tupfen, Pickelchen, Male, wasweissichwasnoch gedeutet und um Hilfe gebeten, denn diese roten Dinger jucken granatenmäßig. Man gab mir eine wunderbare, bezahlbare Cortisoncreme! Bereits beim Auftragen war der Juckreiz weg, die Farbe passt sich meiner Haut an und ich bin zufrieden, so in etwas als hätte ich bei mir im fünften Stock einen Pradaladen entdeckt.

    Abr nun zum schrecklichsten Teil dieser an sich harmlosen Geschichte, Die Tüpfelchen kommen von den in Unmengen verzehrten Gummibärle. Heute wird der erste Abend seit sehr langer Zeit ohne Bärle sein. Wie das gehen soll, nur der Himmel weiß es und weint deswegen auch schon wieder seit Stunden. Naja, mein Bewässerungssysthem funktioniert sowieso nicht ganz richtig, dann ist das schon in Odnung.

    1. Das ist aber wirklich eine unglückliche Koinzidenz, da ich gerade heute, als ich mich nochmals in dieses Ungetüm gewagt habe, neben zwei völlig unentdeckten Etagen, die noch viel, viel, viel größer sind, auch noch fröhliche Türken mit Haribotüten gesehen habe. Wollte mich schon aufmachen, aber das schien mir dann doch albern. Wie gut! Gute Besserung von hier aus! Ich musste ja auch erst kürzlich mit einer gesundheitsschädlichen Leidenschaft aufhören, ich kann nachfühlen. Vielleicht Trockenobst? Oder die aus der Apotheke? Die sind aus reinem Saft?

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