Die Höflichkeit der Könige

Egal, was ich auch anstelle, egal, wie oft ich mich umziehe oder etwas suche, egal, ob wir uns verfahren oder auf dem Weg beschließen, uns scheiden zu lassen, pünktlich sind wir immer. Es ist peinlich und unmodern. Wir schämen uns regelmäßig in Grund und Boden und kennen die Seitenstraßen rund um die Wohnsitze unserer Freunde oder der Restaurants, die wir regelmäßig besuchen inzwischen in- und auswändig. Wir haben die Pünktlichkeit so im Blut wie andere Menschen die Unpünktlichkeit. Und wir haben gelernt, uns dafür zu schämen. Weil wir offenbar nicht genügend Wichtigeres zu tun haben. Wir sind einfach organisiert und nehmen Termine ernst. Saublöd.

Keinem von uns würde in letzter Minute einfallen, dass er noch schnell aufräumen, einkaufen, Gemüse wachen oder Kindern Brote schmieren muss. Wir wissen vorher, ob Benzin im Tank ist, iPhones aufzuladen oder Grizzlybären zu füttern sind. Wir wissen auch oftmals vorab, wo wir uns treffen. Und wir stehen damit ganz, ganz alleine da. Was ist so verlockend daran, sich erst, wenn man eigentlich schon da sein sollte, anzuziehen oder zu überlegen, was man vielleicht anziehen könnte? Was soll das signalisieren? Warum geht man dann überhaupt hin? Warum vereinbart man eine Zeit? Und ist man tatsächlich gezwungen, auf unpünktliche Letzte zu warten? Ist es nun unhöflicher, schon mal anzufangen oder unhöflicher zu spät zu kommen?

Ich habe mir die Regel meiner Oma zueigen gemacht. Ab einer Viertelstunde darf man machen, was man mag. In Zeiten von Handy mag ich meist nicht warten und gehe oder fange an, das Essen zu servieren. Denn ich finde nicht, dass man Ungezogenheit nach dem Prinzip des verlorenen Sohnes auch noch honorieren sollte.  Mein Mann ist da sehr gütig. Aber ich finde es unerträglich, immer und aus Prinzip unpünktlich zu sein. Da gibt es wenig Kompromisse, außer man trifft sich automatisch immer eine halbe Stunde später, aber das ist doch dann auch affig? Haben Zuspätkommer die Regel erst einmal erkannt, kommen sie dann eben eine Stunde später. Denn darum gehts ja letztlich: den herbeigesehnten Auftritt zu haben. Wer einen Auftritt braucht, soll zum Theater gehen und nicht zu Einladungen. Finde ich. Ich muss weg, hab einen Termin.

2 thoughts on “Die Höflichkeit der Könige

  1. Unpünktliche Leute sind die Pest. Diesen Menschen kann man im privaten Kreis nur damit begegnen, dass man sie nie wieder einlädt. Man erspart sich und seinen anderen Gästen viel Diskussion und Wirbel und ungebührliche Aufmerksamkeit für die Zuspätkommer. Ich habe, um nicht ganz blauäugig und emotional zu reagieren, bei Wikipedia nachgeschlagen und allüberall wird dazu vermerkt, dass es mangelnde Wertschätzung dem Gastgeber gegenüber ist. Ich sehe das genauso. Denn meistens sind es keine wichtigen, besonders schönen oder sonstwie bemerkenswerte Menschen. Es gibt ja traurigen Spruch, wer pünktlich ist, wartet immer. Da ist schon was dran. Die sehr verehrte Bloggerin und auch ich, wir wurden zu absoluter Pünktlichkeit erzogen, d.h. im Klartext, ich gehe meiner Familie schon sehr zeitig auf die Nerven mit dem Wunsch, nun doch bitte endlich das Haus zu verlassen. Ich kann nicht anders, lieber parke ich Straßen vorher, lege großes Make-up auf, oder ziehe mich nochmal um im Auto. Ich kann auch nicht aus meiner Haut und liebe meine Freundinnen, die alle gerne lieber zu früh als zu spät kommen.

  2. Ich bin da ganz bei euch. Ich hasse Zuspätkommen. Ich gebe zu, dass ich manchmal denke: ‚du blöde Kuh stehst hier wieder rum und wartest hättest die Zeit ja besser nutzen können‘. Das nächste Mal passiert mir das nicht……..und was ist das nächste Mal? Ich gehe bewusst später los und komm dann in totale Hektik, wenn der Verkehr stärker ist und ich das Gefühl habe, zu spät zu kommen. Das ist eine Frage des Respekts, der Achtung und von Disziplin! Mei und anscheinend ist das heute nicht mehr angesagt und da werde ich einmal mehr zum Spießer – kommt ja nicht mehr drauf an – und sage: der frühe Vogel fängt den Wurm oder wer zu spät kommt straft das Leben usw. usw.

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