Vor Jahren war ich in einem etwas prätentiösen Geschäft und schnoberte mich so durch die Auslage. Ich glaube, ich habe jemanden begleitet, weil ich alleine tatsächlich niemals dort hingegangen wäre. Ein Kleid hing etwas verloren auf einem Bügel und sah nach nicht viel aus, aber man konnte – war man Profi – das Potenzial erahnen. Weil es eh sehr langweilig war, hab ich es anprobiert und was soll ich Ihnen sagen: ein Traum! Die zunächst reservierte Verkäuferin ließ sich gar zu einem Juchzer, beleidigend überrascht, hinreißen und erklärte mir dann voller Ernst: Tja, es hat halt einfach keinen Bügelcharme.

Wie Recht sie doch hatte mit dieser Feststellung und wie klar wieder einmal mehr wird, dass Shoppen keineswegs eine leichte Angelegenheit ist, sondern eine Lernerfahrung fürs Leben. Denn der mangelnde Bügelcharme begegnet einem immer wieder. Bei Menschen, bei Autos, ja selbst bei Häusern und Wohnungen. Man sieht sie zum ersten Mal und denkt sich: bah, niemals, kann ich nicht leiden -Entschuldigung  muss schnell aufspringen, Karl oder Gertrud oder beide sind angelandet, Mistviecher – und dann entpuppen sie sich als ganz wunderbare Freunde, Fahrzeuge oder Zuhause. Manches braucht offenbar einfach die passende Ergänzung, damit es dann perfekt ist.

Man kann es ja im Bekanntenkreis sehen: da verändern sich Menschen in Partnerschaften so, dass man sie auf einmal noch lieber mag oder aber sie trennen sich von ihren Partnern, kommen mit Neuen zusammen und man erkennt sie nicht wieder. Ich bin ein sehr großer Fan von Wühltischen oder versteckten Ständern mit Salesware, wahrscheinlich, weil ich im Herzen ein Jäger bin, ein Trüffelschwein. Outlets oder große Kaufhäuser verschrecken mich. Wenn alles schon sozusagen tot und ausgebreitet vor mir liegt, wo bleibt dann der Witz, etwas zu suchen und zu finden?  Und schließlich geht es doch im Leben immer irgendwie ums Suchen und Finden.