Ode an die blaue Tasche

Was hat man früher nur ohne die blaue Tasche mit den kurzen und langen Henkeln getan? Wie wurde der Alltag bewältigt? Wenn ich in meinen Waschsalon gehe – mit meinen frisch manikürten Händen ein Sakrileg, ich weiß! – stehen oder liegen sie auf den Maschinen und harren auf ihre Ladungen. Robust, haltbar und verzeihend verbringen sie ein mobiles Leben mit ihrem Besitzer. Immer, wenn’s hart auf hart kommt, werden sie herausgezogen.

Hole ich in Rom Holz für den Kamin rein, findet das in der blauen Tasche statt, wenn wir mit Freunden und deren Kindern und dem nicht unerheblichen Spielzeugsammelsurium, das erforderlich war, um sie auch nur halbwegs zufrieden zu stellen, zum Strand aufgebrochen sind, war mindestens eine von ihnen dabei. Will ich in Augsburg die Winterstiefel aus dem Keller holen oder dorthin zurück bringen, schichte ich sie in was? Klar, in die blaue Tasche. Welch ein Geniestreich des Möbelherstellers. Wobei, Möbel stellt er genaugenommen ja gar nicht her, sondern nur die Möglichkeit eines Möbels. Für all die verlebten Stunden mit Imbus-Schlüsseln, zuviel Muttern und zuwenig Schrauben, ist sie eine wahnsinnig praktische und sofort einsatzbereite Entschädigung im Alltag. Manch Einer hat vielleicht sogar beim Kleiderschrankaufbauen resigniert und seine Pullover kurzerhand in einer oder mehreren blauen Taschen verstaut?

Eigentlich erstaunlich, dass sie noch nicht zu einem Synonym für große, praktische Plastiktaschen geworden ist. So wie Tempo für Taschentücher oder Uhu für Flüssigklebstoff. Heute – im Waschsalon – habe ich gelesen, dass Marc Zuckerberg in einigen Regionen der Erde dieser Geniestreich gelungen ist, sein Produkt Facebook mit etwas so Grenzenlosem wie dem Internet gleichzusetzen. Die Entwicklung ist meiner Meinung nach grauenvoll und besorgniserregend. Da wäre es doch netter und vor allem viel harmloser, zu sagen: ich pack das in meinen Ikeaner. Oder so.

One thought on “Ode an die blaue Tasche

  1. Ikeaner, das Korrekturprogramm wollte hihihi Orleander draus machen, ist eine wunderbare Wortneuschöpfung. Ich würde selbige Tasche gerne öfter benutzen, nur ist sie mir dann zu schwer und mir purzeln schlecht gelagerte Dinge gerne raus. Z.B. neu gekaufte Glasvasen, kurz vor Erreichen des rettenden Kofferraumes, Servietten und auch schon ein Lampenschirm. Bin einfach nicht für’s Grobe mehr geeignet, eher für zierliche Pradatäschchen so ganz ohne Stauraum.
    So, jetzt Schluss mit Lustig, muss nochmal auf den Markt, glaube der Fisch reicht nicht für heute Abend! Die uralte Hausfrauenangst!

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