Mordkommission Istanbul in Paris

Wen Du mit Wohltaten nicht an Dich binden kannst, den lasse gehen. So weise sprach unser aller Erol Sander am Sonntag (und ein paar anderen Tagen zuvor) in der Opera Garnier in Paris. Als wir am Valentinstag spontan die Karten gebucht hatten, war uns nicht klar, dass
1. es sich bei der Entführung aus dem Serailm eines der ältesten Singspiele handeln würde, aus denen erst später eine Oper wurde
2. eine der Hauptrollen eine reine Sprechrolle sein würde und zwar im echten Sprechsinn und nicht in dem modulierten Sprechrollenmodus, den Opern so gerne mit sich bringen.
3. diese jene Hauptsprechrolle des Paschas von Erol Sander gespielt werden würde.

Ich muss zugeben, ich war erst mal recht ungläubig, zu sehr ist er bei mir – schändlicherweise – auf Istanbuler Mordermittler, romantisch leidender Sonntagsabenddarsteller und vielleicht noch Winnetou abonniert. Warum eigentlich? Weil er gut ausschaut? Weil er prima leiden kann in seinen Rollen? Ich weiß es auch nicht, aber es war ein großartiger Opern-Nachmittag. Die Franzosen nennen es zwar Matinée, wenn sie um halb drei in die Oper gehen, bei uns in Augsburg heißt das dann halt Nachmittagsvorstellung. Die gesamte Oper war selbstredend auf Deutsch und die armen Amerikaner oder Japaner oder eben all die Ausländer, die die Pariser Oper am Laufen halten mit ihren überaus stolzen Preisen mussten – so hätte meine Oma gesagt – mit dem Ofenrohr ins Gebirge schauen. Denn wohl gab es Unter (Über)titel, aber da wir in Frankreich sind, waren sie natürlich einsprachig auf Französisch. Ist schon ein überhebliches Volk in seinem Vive-la-France-Wahn.

Das hat uns dann allerdings mit unseren Sitznachbarn in engeren Kontakt gebracht. Was bei der Enge der Sitze und der Tatsache, dass Mittelplatzsitzer immer zuletzt kommen, sowieso nicht ausbleibt. Man wollte wissen, ob es denn ein gutes Deutsch sei und das konnten wir bejahen und ob man denn die Akteuere kenne? Auch das konnten wir stolz wie Bolle bejahen. Der Coup zum Schluss war eine Eule, die unter Schuhu-Gurren auf dem ausgestreckten Arm des Paschas gelandet ist – es braucht echt nicht viel, um uns zu begeistern. Das Publikum hat stürmisch, rhythmisch und ausdauernd geklatscht und irgendwie scheint es doch eine Art von distanzierter Hassliebe zwischen den Nationen zu geben. Immerhin sorgen sie gemeinsam ja auch für den Frieden in der Welt – ob durch Wohltaten oder gute Wort, ist dann ja auch egal.

3 Gedanken zu „Mordkommission Istanbul in Paris“

  1. Ja, das ist der Unterschied. Wir hier im Rheinland Lebenden treffen nur auf lustig verkleidete Fleisch-und Wurstfachverkäuferinnen oder was die Höhe war, im Wald auf eine Dame mit rotem Federschmuck auf dem Kopf vom Ölberg kommend. Ich bin nur kopfschüttelnd weiter gegangen und habe mir meinen Teil gedacht. Ich finde ja, um aufs Thema zurück zu kommen, dass der Erol Sander wirklich sehr gut aussieht ich aber leider die Filme mit ihm nicht gerne anschaue. Ich glaub es liegt daran, dass er weiß, wie gut er aussieht und dadurch immer etwas arrogant wirkt. Dass der aber in Paris im Theater Auftritt und die liebe Bloggerin durch Zufall auch noch dort hin geht, na also das ist doch Wahnsinn.

  2. Das klingt alles so wunderschön verlockend, denn bei Oper habe ich immer schwere bis anstrengende Musik, unverständliche Texte und Lieder vor Ohren und in meinen Gedanken. Aber diese entzückende Geschichte in Paris deutsch zu sehen und hören war sicher ein großer Genuss. Insbesondere, wenn man weiß, dass dies eigentlich die erste wirklich deutsche Oper war, von Mozart geschrieben, im Auftrag eines Kaisers und von Beginn an geliebt vom Publikum.

    Das mit den Untertiteln, die tatsächlich oben, über den Vorhangschienen laufen, ist für Leute wie mich, die vor lauter Konzentration – weil ich nie verstehe, was jetzt wirklich los ist – garnichts mehr mitkriegen. Erstmals habe ich das in Salzburg bei der Zauberflöte erfahren dürfen und mich etwas entspannt und voll Genuss der Musik gelauscht, denn alles andere, also die Inszenierung damals fand ich scheußlich.

    Und ich muss sagen, die Zeit, also Matinee ist grandios. Man kann dann wunderbar anschließend dinieren gehen und über den hoffentlich gehabten Kunstgenuß plaudern. Am Abend nach einem schnellen Essen mit vollem Bauch ins Theater, wo ich doch immer so früh müde bin, das ist die Pest. Ich bin also jetzt für Frankreich und seine deutschen Opern in einer Nachmittagsvorstellung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert