Vorsätze

Was schreibt man am letzten Tag des Jahres? Muss der Beitrag besonders geistreich sein? Noch sehr viel geistreicher als alle Vorherigen? Welche Vorsätze fasst man? Mir bedeutet Silvester nicht besonders viel, ich leide unter seiner Überlegenheit und Endgültigkeit und fürchte mich vor allen ‚Zeichen‘, ob gut oder schlecht.
Wie gut, dass wir – unentschlossen wie wir bislang waren – heute Nachmittag auf einen Tisch im Restaurant mit den Pinguinen warten mussten. Ich bin mir zwar zu 99% sicher, dass der Tisch eh frei war, aber da das Restaurant von ‚echten‘ Italienern mit Stolz geführt wird, das Essen großartig und con passione zubereitet ist, kann man nicht einfach um halb vier nachmittags zu Touristen in Fellstiefeln sagen, klar, kommt vorbei, ist eh noch alles frei. Wir mussten uns ans Procedere halten und eine halbe Stunde harren, vermutlich bis George Clooney und Amal absagen (mein Mann meinte recht zauberhaft, nein, nein, andersrum, das Restaurant musste den beiden recht charmant absagen), damit wir den Tisch bekommen. So oder so, in der Zwischenzeit haben wir einen Tee auf dem schönen Campo Santo Stefano in der Spätnachmittagssonne genommen.
Es gab einen Keks dazu und zum Espresso von meinem Mann ein Schälchen Sahne und ein Baiser. Das Tablett stand noch nicht ganz auf dem Tisch, da kam ein Spatz daher und wollte mir den Keks rauben. Da hat er natürlich die Rechnung ohne mich gemacht, meine Kekse verteile immer noch ich. In der Zwischenzeit hat sich der Spatz auf den Becher mit Sahne gestürzt. Gerade noch konnte ich das Baiser daraus retten, dann war nichts mehr zu machen. Schnabel rein und los. Wir saßen zwanzig Zentimeter entfernt und sind hundert Mal größer als so ein Spatz. Das war ihm schnurzpiepegal. Er ist sogar reingetappt vor lauter Gier und Freude. Und weil ich an sich keine besonderen Vorsätze habe, das mit dem Spagat letztes Jahr ist kläglich gescheitert, das Jahr war zu kurz oder meine Beine zu lang, habe ich mir gedacht: das ist doch ein Zeichen. Ich bin manchmal nämlich nicht so sehr mutig und traue mich nicht oft, mir das zu nehmen, was ich möchte. Wenn ein so kleiner Spatz das kann, sollte es mir doch auch gelingen.
Einen guten Rutsch wünsche ich Euch, meine lieben treuen Begleiter, viel Optimismus, Glück und Gesundheit. Und als einzige Lehre aus dem letzten Jahr: Niemals aufgeben und immer den Moment genießen! Wie der Spatz mit dem Sahneschnabel.

2 Gedanken zu „Vorsätze“

  1. Herzlichen Dank für die guten Wünsche die ich an dieser Stelle gerne erwidere. Ich habe mir vorgenommen, nie mehr so lange zu warten, bis vier Beiträge aufgelaufen sind, d.h. ich muss heute am ersten Tag des neuen, noch jungfräulichen Jahres in die Gänge kommen. Das Wetter war den ganzen Tag über grau bis dunkelgrau und um die Null Grad. Folglich habe ich, um nicht einzurosten, die Spülmaschine angeworfen, dann wieder ausgeräumt, dann die Maschine fast auseinandergebaut, um alle Filter gründlich zu reinigen, dann Kerzenstummel ausgetauscht, Terminkalender gegeneinander abgestimmt, innerlich beklagt, es interessiert ja eh niemanden, dass ich eigentlich nichts anzuziehen habe für den kommenden Samstag, dann bin ich hochgegangen, um für meine missgünstige Freundin Hazel den Schneestand zu fotografieren, sie meint tatsächlich, dass in München mehr Schnee liegt, dann habe ich alle angerufen, die mich nicht angerufen haben und ein gutes Neues Jahr gewünscht, dann Obstsalat gemacht und Brot aufgetaut, Tatar zu höllenscharfen Pflanzerl gewandelt, zwischendurch immer wieder Försterchristel geschaut und meinen Fußballgott davon abgehalten, Skispringen zu schauen, Mails beantwortet, ein Sudoku versemmelt, die scharfen Gummibärle aufgemacht und in eine kleine Ration eingeteilt und zum leichten Weizen gegessen. Passt vielleicht doch nicht ganz zusammen, dann Bedienanleitung vom Weihnachtsgeschenk zwar gelesen, mehrmals, aber nicht verstanden und jetzt bin ich mit Weihnachtsgeschenk, Gummibärle, Weihnachtsbuch, Handy und Tablett ins Bett gegangen, um sofort den gestrigen Beitrag zu beantworten. Prost Neujahr!

    1. Oh mei! Ich dachte, wir hätten heute viel erlebt, Bericht kommt morgen, da heute Reisetag war. Aber was so ein Prunkschaf den Tag über schafft, wenn das das ganze Jahr in dem Tempo weitergehen wird, der Fußballgott dauert mich jetzt schon!

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