Es gibt einen Aspekt der Körperpflege, bei dem Frauen es mit Männern nicht aufnehmen können. Niemals können sie so zimperlich und ängstlich und treu sein wie Männer wenn es um ihren Friseur geht. Schließt der Friseur des Vertrauens – meist aus Altersgründen – oder zwingt einen der Beruf zum Umzug, so gleicht das einer Tragödie. Nun ist das kein Thema, über das groß gesprochen wird, aber ich kann Ihnen versichern, das was Sie zu hören bekommen, ist nur die Spitze des Eisberges. Der riesige Rest ist unter einem Meer aus Schweigen begraben. Mit wem sollen sie sich aus austauschen, ohne den Anschein der ignoranten Kernigkeit zu verlieren? Echte Kerle fragen einander ja auch nicht nach Handcreme (obwohl das schon nicht schlecht wäre manchmal).
Und so hat es auch bei mir jahrelang gedauert, bis ich den Ernst der Lage verstanden habe, ja verstehen konnte. Nun bin ich allerdings, was Friseure angeht, von beinahe unerträglicher Gleichgültigkeit und hüpfe sorglos in fast jeden Salon. Sind wir bei einer glamourösen Veranstaltung und mir sitzt die Prasssucht im Nacken, was nicht oft geschieht, gönne ich mir den Luxus und lass mir die Haare beim Friseur waschen und föhnen, weil ich leider auch völlig untalentiert bin, es ordentlich selbst zu tun. Mir ist es dabei völlig egal, wer es macht, nur warten und unfreundlich sein kann ich auf den Tod nicht ausstehen. Oder keine oder verlotterte Zeitschriften. Unter dem Einfluss dieser Wurschtigkeit habe ich die zarten Signale, die mein Mann ausgesendet hat, die längste Zeit nicht verstanden. Bis es eines Tages im Rahmen eines kleinen, für mich völlig unverständlichen Disputes, aus ihm heraus brach: Alle außer seinem Elio sind schlichtweg Stümper. Am schlimmsten die in Augsburg, erträglich noch der Salon Ewald in Salzburg, schwierig der in Paris.
Als Mann hat man seinen Friseur, am besten noch aus der Kindheit, und damit basta. Stirbt der, trägt man das Haar eben lang. Oder geht zu seinem Sohn, den er hoffentlich angelernt hat über die letzten vierzig Jahre. Zaghaftes Nachfragen bei Freundinnen hat geradezu wasserfallartige Informationsfluten ausgelöst. Jede dachte, sie hätte da ein besonders mimosiges Exemplar erwischt. Von wegen. Nicht eine, die nicht schon unter der Friseurfixierung ihres Mannes zu leiden hatte. Der Einzige, der stoisch jedem türkischen Schafscherer eine Chance gibt, ist mein zauberhafter Vater. Aber mal unter uns: bei ihm ist es auch vollkommen egal, wie er danach aussieht. Erstens kann ihn nichts entstellen und zweitens wächst es sich nach spätestens einer Woche wieder raus. Bestimmt kommt meine schändliche Ignoranz daher. Zum Glück gibt es zurzeit ein Projekt, das von Rom aus betreut werden muss und so haben wir wenigstens diese Sorge weniger. Dem Barbiere des Vertrauens, zu dem inzwischen übrigens auch unsere männlichen Gäste pilgern, wird, so haben wir heute beschlossen, ein Rasthäuschen auf der zu bauenden Autobahn gewidmet.
Jetzt ist die fast fertige Antwort hierauf weggeflogen, vorher hat die Tastatur Zicken gemacht wie alles, was ich heute in die Hand genommen habe. Bin unvorstellbar zornig! Dieser Aussage unsrer sehr geehrten Bloggerin muss ich energisch widersprechen. Ich hätte mich um ein Haar (haha daher kommt der Spruch) nicht von meinem Mann getrennt, weil ich mir ein Leben ohne meine Friseurin nicht vorstellen konnte. Sie hat halt 1,7 cm abgeschnitten wenn ich das so wollte, sie hat einfach keine „schmissigen“ Ideen auf meinem Kopf umgesetzt. Nein, sie hat das getan was ich wollte. Trotzdem habe ich diesen Schritt getan. Zum Glück habe ich die vergangenen Jahrzehnte den Kontakt zu meiner Jugendfreundin gehalten und sie hatte die erlösende Antwort.
Dieses Treffen mit dem neuen Friseur fand ich aufregender als so Manches andere. Ich habe gleich durchblicken lassen, dass ich nicht nur friedlich sein kann, dass ich erwarte, dass die Haare so geschnitten werden wie ich es mir vorstelle.
Zehn Jahre haben wir, mein Friseur und ich eine wunderbare Beziehung, wir sehen uns alle sechs Wochen, ich habe seine Scheidung mitgetragen, er meine Krankheiten. Meinem Fußballgott dagegen ist es völlig egal wer wie seine Haare schneidet, die Mädels sollten nur nett sein.