Wie man einer Ente die Füße schrubbt

Das ist ganz einfach: Man klemmt sich die Ente mit dem Schnabel nach hinten unter den linken Arm, nimmt ein Mikrofasertuch und rubbelt die Füße einen nach dem anderen ordentlich damit ab. Vorher ist es natürlich ratsam, ihr mit einem starken Gummiband den Schnabel zuzubinden, denn wenn Enten so reinliche Tiere wären, dass sie gerne gründlich geschrubbt werden, hätten sie keine so schmutzigen Füße. Logisch oder? Nun mögen sich langjährige Leser fragen, ob der geneigten Autorin das warme Wetter zu Kopfe steigt. Aber nein, das ist es mitnichten. Es ist die feste Überzeugung, dass in Zeiten voller Sorge, in denen das Gehirn Kreise dreht und das Herz sich vor Sorge verkrampft, Beschäftigung – egal welche und idealerweise egal wie stupide – am besten ist. Ablenkung funktioniert schon bei Kindern. Es ist zwar umstritten, ob es nicht besser ist, sie ihre Gefühle durchleben zu lassen, von wegen einmal durchstandene Angstkurve besiegt die Angst und so, aber manche Angstkurven dauern einfach zu lange als dass man sie unbeschadet durch- oder überleben könnte.

Momentan ist wieder einmal eine solche Phase, in der Ablenkung durch monotone Tätigkeiten wie Terrasse putzen, Unkraut jäten, bügeln oder Sofa schrubben überlebenswichtig ist. Und weil Sofaschrubben offenbar in den Ohren meiner Mutter klingt als würde man einer Ente die Füße sauber machen, kam es zu diesem putzigen Bild. In Zeiten, in denen einem außer dem machtlosen Hinnehmen und Ertragen nicht viel Aktives zu tun bleibt, neigen Menschen zu ganz unterschiedlichen Reaktionen. Wie die sind, hängt vom Charakter und vom Moment ab. Ich schwanke zwischen Ablenkung und Aktionismus. Manchmal gibt es aber eben nichts weiter zu tun als zu warten. Und zu ertragen. Ich habe heute mit meiner Freundin gesprochen, die mir von einer anders gearteten Sorge, nämlich um ihre Tochter erzählt hat. Gleichwohl sie nicht konkret ist wie bei einer Krankheit, muss auch sie den schmalen Grat gehen: Sorge und Angst auf sie übertragen, sie warnen, beschützen und sie dadurch prägen oder nichts tun, sie „sorglos“ weiterleben lassen und sich noch mehr sorgen.

Aber zurück zur Ente: Ein selbst strukturierter Alltag wie der meine fast immer ist, ist fast immer ein Luxus, in solchen Momenten jedoch eine zusätzliche Herausforderung, die wesentlich mehr Disziplin erfordert als um acht Uhr ins Büro zu gehen oder irgendwohin zu fliegen. Jeder Schritt muss geplant sein, jede Aufgabe gesucht und gewählt. Kreatives wie Artikel oder brillante Blogbeiträge schreiben fällt dann besonders schwer und sorgt beim leeren Blick aus dem Fenster dafür, dass die unliebsamen Gedanken sich sofort ihren Platz zurückerobern. Beim Entenfüßeschrubben passiert das nicht so schnell. Zu groß ist der Schmutz, zu zappelig die Ente. Ich hoffe sehr, dass am Ende dieser Phase nicht nur saubere Entenfüße, sondern auch schlanke Beine, gute Werte, saubere Bäuche und scharfe Augen herauskommen. All die Ablenkung soll schließlich auch ihr Gutes haben.