Würdevolle Meerschweinchen

Frauen oder Mädchen, die gerne Männer sein oder werden wollen, konnte ich noch nie verstehen. Bei jedem Ball gleich aussehen? Bei eigentlich fast jeder Gelegenheit? Kaum eine Mode mitmachen können, ohne als hirnloser Geck zu gelten? Bei Schuhen höchstens zwischen schwarz, braun und – ganz flippig – dunkelblau wählen können? Nein, das ist wahrlich wenig verlockend. Die paar Vorteile, dass man mehr verdient und kürzer bei öffentlichen Toiletten oder auf der Wiesn ansteht, können all die Nachteile sicher nicht wett machen. Und – ich muss es leider so deutlich sagen: ich wollte mich als Mann echt nicht mit Frauen rumschlagen. Ich finde Frauen prima, aber ich bin auch froh, dass die Natur mir mitgegeben hat, sie lediglich als Freundinnen haben zu wollen und nicht als Partner. Nun halte ich mich, wie die meisten Menschen es ja generell tun, für ein Paradebeispiel, dass ein Mann wirklich fast alles in einer Frau finden kann. Ich möchte die einzelnen Rollen und Funktionen hier gar nicht aufführen, aber ebenso wie ich ihn ganz wunderbar finde, gelingt es meinem Mann zum Glück auch, kleine Schrullen liebevoll in mein Gesamtbild zu integrieren.

Immer wieder wird gefragt: was will ein Mann von einer Frau? Wie soll sie sein? Was soll sie mögen? Wirklich nur blond, vollbusig und willig? Vor vielen, vielen Jahren, nach einem kleinen bisschen Wein und mit dieser situativ-typischen Weisheit konnte ich mal fließend auf jene entnervt gestellte Frage antworten: Sie wollen am liebsten eine Frau, die ihnen zu essen gibt wenn sie Hunger haben, lieb ist, wenn gewünscht und einen schlafen lässt, wenn man müde ist. Ich glaube, das kommt weitgehend hin. Wenn sie noch hübsch ist, auch gut. Die schwäbische Erklärung dazu lautet: eine Hübsche isst auch nicht mehr wie eine Hässliche. Klar, wenn sie eine reiche Erbin ist, die ihren Mann im mittleren Management dennoch haltlos bewundern kann, umso besser. Aber ansonsten sind Männer, denke ich, etwas toleranter als Frauen. Die wollen nämlich ordentlich viel. Zurzeit zum Beispiel einen Alpha Softie, was kurz und bündig heißt: draußen ein Wildschwein, drinnen ein Meerschweinchen. Aber bitte ein würdevolles.

Ich frage mich, wie lange Männer das noch mitmachen möchten? Zwar bin ich weit davon entfernt, eine Männerfrau zu sein, schon alleine, weil ich Frauen, die sagen, dass sie sich lieber mit Männern als mit Frauen unterhalten, weil das immer so schön unzickig und direkt ist, nicht mag und sie für sozial inkompetente Nestbeschmutzer halte, die in einer Unterhaltung grundlos Bewunderung suchen und das bei matten Männern leichter geht, aber die ganze Entwicklung mit dem Männerbild nimmt doch inzwischen groteske Züge an. Das ist ähnlich wie in einer Ehe. Ewig lang kann man rumnörgeln, quengeln, stänkern. Der andere hört sich alles immer geduldig an. Bis er es sich eines Tages eben nicht mehr geduldig anhört, genauso ruhig aufsteht und verschwindet. Ich als Mann (und ich wäre bereits mit Mitte zwanzig bei meinen dritten Zähnen angelangt, weil ich ein übler Raufbold gewesen wäre, dem man seine Kommentare eben leider nicht so verziehen hätte wie man es bei einer Frau tut) würde mir das ganze Gfrett nicht antun und schon dreimal nicht gefallen lassen. Weder wäre ich ein Wild- noch ein Meerschwein und schon tausend Mal kein Alpha Softie. Mir wurde beigebracht, dass der- oder diejenige, die Ansprüche stellen, auch im Gegenzug etwas parat haben sollten. Oder es handelt sich schlichtweg um Liebe. Dann ist all dieser Anspruchskram sowieso Makulatur.

P.S. Natürlich ist mir vollkommen klar, dass das abgebildete Tier KEIN Meerschweinchen ist. Dafür eines, wenn nicht gar: mein Lieblingstier.