Paris für Touristen

Wenn Paris schon keine heimelige Stadt ist, zumindest für mich nicht, so soll man ihr nicht die unleugbaren Vorteile absprechen. Und die liegen eindeutig im Unterhaltungswert. Und genau die haben wir dieses letzte Wochenende auch genutzt. Zuerst waren wir bei unserem lieben Jean-Phillip, was doch soviel netter klingt als Hans-Phillip, wobei sich mir der Sinn dieser ganzen Hanses vor anderen Namen eh noch niemals erschlossen hat?! Was soll das? Kann man ein Kind nicht einfach Philipp oder Jürgen oder Peter nennen? Muss da immer ein Hans dabei sein? Egal. Anderes Thema. Wir waren also zuerst in dem von mir schon seit Jahren sehnsüchtig beliebäugelten Bistro bei uns um die Ecke, das wirklich und echt noch Resopaltische mit rot-weiß-gewürfelten Papiertüchern hat und eine wunderschöne Bar mit Reling zum Schirmhinhängen, Hundanbinden oder Festhalten. Es gibt Hausmannskost und da der Wein in Fässern oder mit Tankwagen angeliefert (werden muss) wird, kommt er in reichlich verschmutzten (ich rede mir ein, nur von außen) Servierflaschen auf den Tisch, ist aber von wunderbarer Süffigkeit und Qualität. Es ist fast schon heimelig dort.

Die Gerichte sind für meinen Mann und mich zwar ein klassisches Vabanquespiel, da wir uns bei unseren Nachbarn nach so langer Zeit nicht als Banausen gerieren möchten und uns deshalb nicht nachfragen trauen. Zumal uns die sehr zügige und sehr französische Erläuterung der einzelnen Gerichte auch nicht wirklich weiterbringen würde….Manchmal schaffe ich es, heimlich unter dem Tisch zu googeln (am liebsten mit Foto), aber Jean-Philip bleibt auch gerne abwartend stehen und dann wagen wir auch das nicht. Ein Elend. Letztes Mal sind wir deshalb beide auf Nummer sicher gegangen, hätten dann aber einen Rollwagen brauchen können beim Heimkommen. Wir haben nämlich nur die zwei kalorienreichsten Gerichte (Entrecote und Cassoulet) verstanden und logischerweise auch bestellt. Wir mussten nach der Hälfte die Segel streichen, was kommentarlos zur Kenntnis genommen wurde. Wir waren uns unserer Schwäche bewusst und haben uns beim Wein mehr Mühe gegeben. Jedenfalls war dieser erste Abend schon ein guter touristisch-heimeliger Einstieg. Am nächsten Morgen habe ich meinen kunstsinnigen Mann dann sofort nach dem Aufstehen ins Museum gescheucht, was praktischerweise einen Hüpf über die Seine liegt und ganz wunderschön ist. Vor allem habe ich zu meiner großen Freude auch hier ein wunderschönes Restaurant gefunden und ich muss sagen, wenn man in Museen essen kann und auch noch in güldenen Sälen mit bunten Stühlen, dann hält mich nichts mehr und ich möchte gerne täglich ins Museum gehen! Ich sag ja immer, man muss es mir nur schmackhaft machen.

Nach ausführlichen Bummeln diesseits und jenseits der Seine und einem klitzekleinen Mittagessen in meinem derzeitigen Mittagslieblingsrestaurant sind wir dann abends in den „Lido“ gegangen (den mein goldiger Mann gar nicht so richtig kannte – besser so). Das war zunächst eine recht profane Erfahrung, weil wir zwanzig Minuten im Eingang stehen und warten mussten bis wir hineingeführt worden sind. Drinnen hat dann unser Kellner etwas getan, was ich LIEBE. Er hat die Plätze für uns vertauscht und uns an den Rand gesetzt. Das war fast noch viel besser als Zimmertauschen im Hotel. Es kam dann noch ein nettes Paar, das ohne viel Federlesens zwei Flaschen Weißwein inhaliert hat, uns zwar zwei Gläser angeboten hat, aber immerhin. Die Akrobatik war sensationell, das Singen naja, muss halt, aber wie gesagt: die Akrobatik war einfach der Hammer!!! Sonntag dann noch Louvre und ich glaube, ich kann sagen: wir waren an diesem Wochenende Touristen mit Wohnung in Paris. Und das, Ihr Lieben, versöhnt mich total mit dieser riesigen Stadt. Das Einzige, was mich zum Schluss hin verärgert hat und mir in Rom NIEMALS passieren könnte, nicht mal in Augsburg: ich wollte ein Eis (und das möchte ich ungefähr einmal im Jahr) und es war trotz Fahrradrikscha nicht möglich, an eines zu kommen, ohne stundenlanges Anstehen. Mais, c’est la vie, tant pis.