Haute cuisine, haute couture – ein Pamphlet

Wo wir grade so schön dabei sind, können wir auch gleich mal über die französische Küche parlieren. Also. Hierzulande bildet man sich unendlich viel darauf ein. Auf das Ohlàlà und das Chichi und was weiß ich nicht alles. Tatsache ist: Egal wo, egal wann und vor allem: egal zu welchem Preis – es ist hier kein gutes Essen zu bekommen. Vielleicht mal etwas Okayes in einem Bistro, aber nur, wenn es wochenlang gekochter Eintopf ist. Liegt das an den kleinen Küchen und dass Vieles vorgefertigt und aufgewärmt ist? Oder an der Erwartungshaltung der Franzosen? Man kann nur mutmaßen. Aber jeder, der auch nur einmal einen Teller dampfende Pasta mit der schlichtesten aller Tomatensoßen vor sich hatte, kann sich nur ratlos fragen: Woher kommt all die Begeisterung?? Woher der Ruhm?  Außer Fleisch mit Beilage ist nicht viel. Oder ein paar kühle grüne Bohnen adrett übereinander geschlichtet – neben einem Stück Fleisch. Gut, die Eintöpfe wie Coq au vin oder  Boeuf bourguignon sind l e g e n d ä r. Oder Quiche Lorraine. Meinetwegen auch Ratatouille. Aber davon abzuleiten, man sei die weltführende Essnation? Welch freche Anmaßung! Davon abgesehen gibt es die obigen Gerichte fast nirgends.

Das Standardgericht in Paris ist immer noch das ‚Steak frites‘. Die graduellen Unterschiede zwischen Restaurants kann man dann immerhin noch an der Sauce Béarnaise erkennen. Mein Mann hat sich angesichts dieser Zustände zu einem Experten in Sachen Tatar und Burger entwickelt. Ich kann inzwischen recht viel über Omelettes sagen. Was allerdings wirklich gut ist, sind die Fritten, aber darf man Reiseexperten glauben, gibt es die noch viel unvergleichlich besser in Belgien. Was also soll es sein, das die Überzeugung der Franzosen nährt, nicht nur die schönsten Frauen, sondern auch noch die beste Küche zu haben? Der Schokoladenkuchen mit dem flüssigen Kern? Gibt es in jeder Provinzstadt. Ah, jetzt weiß ich es: die Desserts. Ja, hier wird aufgetrumpft. Die Macarons sind in der Tat wahnsinnig gut und auch die kleinen Torten und Creme Brulées. Käse und Baguette sind auch nicht übel. Allerdings muss man Baguette zwei Mal am Tag kaufen, will man es sowohl morgens als auch abends kauen können. Über die Französinnen möchte ich nun nichts sagen, das könnte allzu leicht stutenbissig wirken und wer selten gewaschene Haare und ebensolche Schuhe mag, kommt hier sicherlich auf seine Kosten.

Ach, werden Sie sagen, das arme Ding muss halt mal in ein ordentliches Restaurant gehen und was Anständiges essen. Haben wir schon auch gedacht. Aber mal im Ernst: ebenso wenig wie sich der Chic der Pariserin auf der Straße erschließt, erschließt sich die Güte der französischen Küche im Alltagsleben. Und das finde ich, sollte sie. Denn wenn ein Land, bzw. eine Stadt sich so in die Brust wirft damit, sollten diese Eigenschaften doch auch außerhalb von Couturiers und Gourmettempeln erkennbar sein. N’est-ce pas??? Verärgerte und hungrige Grüße aus Paris.

Karl und Gertrud: Lecker!

Ich habe heute – ohne besonderen Grund – mal im Internet nach Taubenrezepten gestöbert. Herausgekommen sind völlig neue, ja, ich möchte sagen, inspirierende Aspekte der Kulinarik. Zum Beispiel dieser aus der Welt. Da schreibt Volker Hohl: ‚Wenn ich in den mittlerweile feuerrot gefärbten Ahorn vor meinem Fenster schaue und darin die beiden Tauben sitzen sehe, bekomme ich Appetit. Taubenfleisch ist dunkel, aromatisch. Es erinnert eher an Wild als an Huhn und ist weniger fett als Ente. In rustikaleren Zeiten wurde Taube deshalb als Diätkostverschrieben. Und die Zubereitungszeit ist kaum länger als die für ein gutes Steak. Mit einer saftigen Beilage aus einer Polenta aus frischem Mais, gebratenen Feigen und Wirsingblättern erspare ich mir das Kochen einer Soße. Wichtig sind jedoch eine „Bridiernadel“, eine besonders große Nadel zum Nähen mit Küchengarn, die in jedem gut sortierten Küchengeschäft zu bekommen sein sollte und eben Küchengarn.

Von den Tauben werden die Flügel bis auf ein Glied – den Oberarm, wenn man so will – abgeschnitten. Sollte der Hals noch vorhanden sein, wird auch dieser abgeschnitten, ohne allerdings dabei die ihn umgebende Haut zu entfernen. Diese wird zurückgeschoben, um die Wirbel mit einer Küchenschere zu durchtrennen. Mit der Bridiernadel wird die Taube in Form gebunden. Zuerst führt ein Stich durch einen der verbliebenen Oberarme, dann durch die Haut des Halses, die damit auf dem Rücken befestigt wird, dann durch den Flügel der gegenüberliegenden Seite. Jetzt durch beide Oberschenkel der Keulen, dann die Garnenden an einer Flanke der Taube stramm zusammenbinden. Dadurch spannt sich zum einen die Haut auf der Brust und wird beim Braten knuspriger. Zum anderen garen die Tauben gleichmäßiger. Die Vögel von innen und außen mit Salz und Pfeffer würzen und mit den Rosmarinzweigen füllen. In einer Pfanne das Öl erhitzen und die Tauben ringsum anbraten. Unbedingt darauf achten, dass die Haut auf der Brust etwas Farbe bekommt. Mit der Brust nach oben in den Backofen schieben und 18 Minuten braten. Währenddessen immer wieder mit einem Löffel Bratfett darübergießen.‘

Tja, was soll man sagen? Ich starte jetzt mal meine erste Leserumfrage:
a) Rezept ausdrucken und auf den Balkon gackern (das soll natürlich TACKERN heißen, aber bereits der Computer arbeitet für die Tauben) zur Abschreckung
b) Karl und Gertrud schmackhaft zubereiten
c) Weiterhin Steak oder arme Hühnchen essen und mich im Geiste bei meinen Mitbewohnern entschuldigen

P.S.  Eben mit Getöse angelandet. Bin noch unentschlossen, weil recht satt.