Die Tauben und ich

Es geschehen Dinge, bei denen glaubt man dann wirklich, dass alles auf der Welt energetisch verbunden ist und rumschwingt und sich berührt und spiegelt und all so ein Zeugs eben. Gestern zum Ende des Yogaunterrichts, nur wenige Stunden nachdem ich über die Ataraxie philosophiert habe und deswegen auch schon erstaunt angeblickt wurde – warum eigentlich? Traut man mir nicht zu, dass ich quasi tagtäglich mit solchen Begrifflichkeiten jongliere? – versüßte unser Yogalehrer die hart erarbeitete Schussmeditation mit einer kurzen Lesung über das „innere Wesen“, das unberührte Selbst. Es sei unbeeinflusst von positiven oder negativen Ereignissen, es sei einfach nur. Bitte, was hab ich am Samstag erst geschrieben? Wahnsinn oder? Wie weit ich davon noch entfernt bin, weiß ich a) seit Samstag Abend, als ich bei Freunden versucht habe, den Beitrag online zu stellen und Probleme mit dem WLAN hatte und b) seit ich dieses Taubenpärchen auf meinem Innenstadtbalkon habe!

Treue Leser konnten bislang durchaus davon ausgehen, dass ich a) ein Tierfreund bin und b) Tiere sogar füttere – auch wenn sie nicht meine sind. Dafür erwarte ich allerdings auch gewisse Gegenleistungen, bzw. Unterlassungen. Ich erwarte absolut, dass man sein schwer zu beseitigendes Geschäft NICHT AUF MEINEM BALKON verrichtet. Und mich nicht auf den Hebel nimmt. Gerne – auch von mir – werden Tauben ja als Boten der Ahnen gesehen. Und in manch nostalgischer Stunde habe ich einzelne Tauben, die sich auf meinen Balkonsims verirrt hatten, auch mit Oma angesprochen und ein paar Worte mit ihnen gewechselt. Nun habe ich sozusagen Oma und Opa als Dauergäste. Nur, dass meine Oma sich im Leben nicht so aufgeführt hätte. Mein Opa, gut, das ist was Anderes. Der hat sich schon mal auf der teuren und revolutionär gelben Auslegware breitbeinig hingestellt, wenn er in einen saftigen Pfirsich gebissen hat. Oma hatte ihm schließlich immer eingebläut, Gustl, jetzt hast Du das Hemd schon wieder versuckelt. Das wollte er vermeiden, nicht bedenkend, dass man einen riesigen Teppich weniger gut in die Waschmaschine bekommt als ein Hemd. Nun ja.

Diese beiden Tauben haben sich also eine Gewohnheit draus gemacht, wenn die Sonne auf den Balkon fällt, anzulanden. Er auf dem Geländer, sie unter dem Tisch (gendermäßig von mir interpretiert). Er erklärt ihr von oben aus die Welt, sie lauscht unter dem Tisch. Beide erleichtern sich ununterbrochen. Man kriegt das Zeug nur noch mit Urinsteinentferner weg und dann ist man irgendwann auch beim Nachbarn drunter, weil das Zeugs die Fugen durchätzt. Ich habe dann von einer Bekannten Aufklebestacheln bekommen. Mein Mann hat sie fachmännisch angebracht. Der Balkon sieht aus wie ein böser Igel. Oder ein Hochsicherheitstrakt. Das hat einen Tag geholfen und dann sind die blöden Tauben, weil sie ja eins A fliegen können, direkt auf dem Balkon angelandet und sitzen seitdem in der hintersten Ecke unter einem Schemel (so dass man sich auch noch wie ein Schwein fühlt, weil man ihnen den Lebensraum madig macht). Dort steht jetzt ein Bewegungsmeldervogel, der zwitschert, wenn sie davor landen. Noch ärgern sie sich darüber, aber lange wird sie das auch nicht stören und so bekomme ich jetzt ein orangenes Gerüst-Plastiknetz. Dann kann ich zwar auch nicht mehr auf den Balkon, aber dadurch trainiere ich meine Ataraxie. Ich versuche einfach, mein inneres Wesen nicht von dieser Pleite berühren zu lassen.

Bebi auf der rechten Spur

Manche Entwicklungen vollziehen sich schleichend und sozusagen auf der rechten Spur. So auch die Küchentalente von unserem Spatzi, dem Bebi eben. In den ersten Wochen, in denen wir ihn als zunächst etwas mysteriösen Lebensgefährten meiner Mama kennen lernen durften, hat er die engere und dann auch weitere Familie mit Neuerungen wie Obstsalat und kleinen Bananen aufgeschreckt. Meine Familie war bis dahin keine obstessende. Wir hatten immer viel zu viel Respekt vor den Leidenschaften unserer Pferde für Äpfel, als dass wir sie selbst gegessen hätten. Ich kann mich erinnern – und daran sieht man, wie oft ich als Jugendliche und auch danach Obst gegessen habe – dass ich meine Mutter scheu gefragt habe, ob ich einen Apfel aus der Schale essen könnte, oder ob die für die Pferde seien. Karotten gab es bei uns im Zentnersack. Aber eben auch nicht für uns. So weit, so gut.

Bebi stürmte also heran mit vielen furchteinflößenden Ideen. Jede Woche kam eine neue hinzu. Immer treu und auf Gesetzesniveau weitergegeben von meiner Mutter. Kein Wunder, er kommt viel herum, ist kontaktfreudig und neugierig und daher erzählen ihm auch viele Menschen, was sie gerade für eine Kur machen, was ihnen bei Rheuma hilft oder wie sie vierzig Kilo in zwei Tagen abgenommen haben. Das alles prasselte nun auf uns Weintrinker, Fleischesser und Pastaverschlinger ein und wir fühlten uns zunehmend unbehaglich. Dass er immer mal wieder den Namen vom „Alfred“, der in seinem Restaurant gegessen hat, eingeworfen hat, verlieh seinen Worten natürlich noch mehr Gewicht. Und als sich durch regelmäßigen morgendlichen Obstsalat meine Arthroseschmerzen eingestellt haben, war auch ich ein Bebi-Huldiger.

Blöd nur, dass dieser inzwischen mit allen möglichen Ausflüchten reagiert, möchte man ihn an den Früchten seiner Ernährungslehre teilhaben lassen. Er mag keinen Obstsalat mehr und weist man ihn darauf hin, dass es doch ursprünglich sein Impuls war, beginnt er sich unbehaglich zu winden und sagt, ich weiß, ich weiß, aber muss man denn immer alles so exzessiv machen? Hier prallen zwei Welten aufeinander: meine träge, aber recht konsequente Familie und der freudig-offene Bebi, der an allem Neuen Spaß hat, zumindest daran, darüber zu sprechen.

Offenbar hat er sich aber genauso viel von uns abgeschaut, wie wir von ihm: inzwischen ist der Bebi, der immerhin einen zweitägigen Gastronomiekurs vorweisen kann (mehr als einer von uns), still und heimlich in die Gourmetecke vorgedrungen. Kein Wochenendtag vergeht, an dem ich nicht mit entzückten Schilderungen der kulinarischen Erzeugnisse aus seiner Hand versorgt werde. Bebi hat sich zum Geheimtipp für Salate, Risottos und Pasta entwickelt und gilt als „man with a mission“ in Küche und Haushalt. Im Moment steht er ganz auf Gemüse. Hoffentlich mag er es auch noch, wenn wir uns dran gewöhnt haben!

Die Bayernbezwinger

Nicht so sehr als Fußballfan, eher als Augsburger freut es mich, dass seit gestern für die ganze Fußballwelt erkennbar wurde: Der FCA und Real Madrid haben einen gemeinsamen Nenner. Sie sind die Bayernbezwinger. Hat Augsburg den Madrilenen mit dem Niederreißen des Unbesiegar-Banns den Weg geebnet? Dass beide Siege Nuller-Siege sind, vereint noch mehr.

Mehr kann ich dazu natürlich nicht sagen, ich verstehe leider nichts von Fußball. Vielleicht ein bisschen was von Sportlichkeit und Kontinuität und dass es sich immer lohnt, alles zu geben.