Habe heute ein Tandem gesehen. Passiert ja nicht so oft.
Tandemräder. Sie spalten die Menschheit. Mich hat’s auf die Seite der Gegner verschlagen. Ich finde sie irrsinnig, unfassbar lächerlich und in etwa auf derselben Stufe mit Liegendfahrrädern. Wer hier schon länger mit liest, weiß, dass ich nicht immer gänzlich unvoreingenommen bin (eine schlimme Eigenschaft, ich weiß, aber mit zunehmendem Alter steigt der Erfahrungsschatz und der legt sich dann irgendwo gemütlich schnorchelnd ab und schreckt bei gewissen Schlüsselreizen – Tandem – ungefragt hoch). Nun ja, so ist es halt.
Tandemfahrer tragen in meiner Überzeugung gleiche Schöffeljacken und Treckingsandalen, sagen Dinge wie „wir trinken nach sechs Uhr keinen Espresso mehr“ und haben so klappernde, klingelnde Dinger über der Türe hängen, von den Eingangsschildern mit „Hier wohnen Peter, Louise, Merle und Jonathan“ in Keramik mal ganz abgesehen. Auch die Anrufbeantworter sind meist fröhlich von allen besprochen und man hat schon Glück, wenn nicht der Labrador auch noch aufs Band bellt.
Beim Schreiben denkt man ja idealerweise auch nach. Und natürlich interessiert mich mein eigener Gedankengang. Wenn ich schon viele andere nicht verstehe, dann probiere ich es doch mal bei meinem eigenen. Was ist es also? Ich glaube, die Quintessenz der Ablehnung von allem oben genannten ist dieses essig-waschmittel-verwendende nassforsche Zur-Schau-Stellen des glücklichen Gutmenschen. Glücklich in der festen Überzeugung, alles richtig gemacht zu haben und natürlich immer noch zu machen. Nun gibt es bestimmt Tandemfahrer, bei denen der Hintere eine schlimme Muskelschwäche hat und die Füße an die Pedale geschnallt hat – keine Frage. Aber – und ja, ich beiße mich ein bisschen fest – hinter dem Gros wittere ich alles oben Beschriebene. Und ganz ehrlich: ich bin selbst überrascht, welch fixe Meinung in mir zu diesem Thema offenbar sehr lange gelauert hat. Fein, dass es raus ist.
Heute morgen um 3.53 Uhr ausnahmsweise aus dem Bett! Es wundert mich nicht, dass die sehr verehrte Bloggerin derart voreingenommen auf Tandem reagiert. Gehen wir doch mal zurück in das Jahr 196…Ganz zu Beginn meiner Schwangerschaft waren wir, mein frisch angetrauter Mann und ich in einem entzückenden kleinen italienischen Ort an der adriatischen Küste. Dort gab es die drolligsten Fahrräder zu mieten. U. a.auch Tandem. Bis dahin saß ich noch nie auf einem, nein ich hatte auch noch nie eines gesehen. Da ich mich in einem schützenswerten Zustand befand, war ich auch der Meinung es sei die edelste Aufgabe für meinen blutjungen, frisch vermählten Gatten, mich und das zu erwartendende Wesen abends durch das Fussgängergewühl auf dem Tandem zu fahren. Fühlte sich gut an, das Kind, blutjung, ca. neun Wochen alt, begehrte nicht auf. Bis zu dem Moment wo ich verlangte an den Strand gefahren zu werden. Es war vielleicht der erste Fehler, der zweite dann das nicht runternehmen der Beine, als die ganze Sache begann hinter mir wegzurutschen. Ich sage nur Sand! Es endete mit einer leicht schwangeren im Sand unter einem Tandem liegenden jungen, zürnenden Ehefrau und der ersten Ehekrise. Ich kann gut verstehen, dass die sehr verehrte Bloggerin beim Anblick eines Tandem Zustände bekommt.