Parallelwelten

Am Samstag mussten wir in eine Einkaufspassage, eine Einkaufsgalerie. Das ist ja an sich am Wochenende, nachdem das neue iPhone erschienen ist, Höchststrafe. Interessant wurde es allerdings, als mein Mann ein Geschäft mit vielen eigenartigen Gestalten im Schaufenster entdeckt hat und wir aus Neugier hinein sind. Es ist ein Geschäft der Parallelwelten. Dort gibt es Gestalten, von denen ich noch niemals in meinem Leben gehört oder gelesen habe. Nicht, dass das ein Maßstab wäre. Aber man fühlt sich schon recht doof, wenn man fachkundigen Fragen wie „hat sie das in Teil 1 oder 2 getragen?“ in Bezug auf ein scheußliches Kuttenkostüm hört. In diesem Geschäft wurden Accessoires zu Filmen und Serien verkauft. Star Wars kenn ich, verstehe ich alles, die Zauberstäbe von allen Hogwarts-Bewohnern sind für mich auch überhaupt kein Problem (dass man dafür Unsummen ausgibt allerdings schon eher, aber wenn einer da drin wüsste, dass ich mehr als zwei Paar schwarze Schuhe habe, ginge es Demjenigen bestimmt genau so), aber World of Warcraft Frostmourne Larp Schwerter??
Egal, meiner Erfahrung nach lohnt es sich, ab und zu in Parallelwelten zu tauchen, Menschen nicht nur in ihrer Funktion, sondern als Personen wahrzunehmen. Das geht natürlich nicht immer, aber es ist fast immer spannend. Ob es nun eine weise Reinigungsdame oder ein fröhlicher Zugkontrolleur ist. Oder man geht einfach auf die Wiesn.
Dort findet zurzeit die größte und andauerndste Parallelwelt in Deutschland statt. Alles in Tracht, alles auf Feiern gebürschtlt, alles Prosit. Schon bei den ersten Schritten aus der U-Bahn umhüllt einen der Mandel- und Popcorngeruch, erwartungsfrohe Gesichter, kichernde junge Frauen, die auf Freundinnen oder Begleiter warten, junge Männer, die die Finger in die Hosenträger gesteckt haben und natürlich viele, viele Ordnungshüter – jetzt auch aus Italien, damit sie für uns transalpinen Lieblingsfreunde hilfreich sein können. Die Wiesn saugt jeden in ihre eigene Welt und spuckt ihn nach ein paar Stunden wieder aus. Ermattet und in jeder Hinsicht berauscht.
Ich muss aufhören, die Wiesn wartet.

One thought on “Parallelwelten

  1. Meine liebe, sehr verehrte Bloggerin, die einzige Empfindung die ich beim Lesen dieses Beitrages hatte, war NEID. Wie gerne würde ich mir diese Paralellwelt Wiesn anschauen. Ich darf garnicht dran denken, dass mir das vorenthalten wird. Das ist ein wirklich grausames Schicksal. Ein völlig unverdientes, denn ich bin immer, ohne Krüge auf anderen Menschen zu zerschmettern, oder gar falsch und unpraktisch angezogen dort gewesen, ich habe immer soviel getrunken, wie es gerade noch schicklich war und ich auf eigenen Beinen die Wiesn verlassen konnte, habe nie Raufereien angezettelt, keine Krüge mitgehen lassen, viel zu umständlich und schwer zu tragen, habe, wenn gefordert, gesungen, gejubelt, getobt und vor ganz vielen Jahren auch noch geflirtet. Stunden auf schwankenden Bänken verbracht und gesungen bis ich endlich zuhause ruhiggestellt ins Bett sank. Das ist vorbei? Ich will es nicht! Die oide Wiesn und ich, das würde passen. Schaumer mal nächstes Jahr. Prost ihr Wiesngänger.

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